Okay, das wird voraussichtlich der letzte Beitrag meinerseits zu diesem Thema. Hier wird beinahe so getan, als wären Vereine wie der AC Mailand, FC Barcelona, Manchester United etc. von Natur aus attraktiver, ebenso die Ligen. Das ganze ist aber eine Entwicklung, die viele Faktoren beinhaltet.
a) Einwohnerzahlen: Die Stadt Madrid hat rund 3,3 Millionen Einwohner. Das Land Kroatien hat zusammengenommen rund 4,5 Millionen. Mehr Einwohner bedeutet mehr potenzielle Fans und Zuschauer, was automatisch mehr Einnahmen bedeutet. Zwar kann Zagreb was die Einwohnerzahl betrifft noch einigermassen mit Städten wie Mailand oder Barcelona mithalten, aber die restlichen kroatischen Städte sind da viel zu klein.
b) Ehemalige Staaten: Die Sowjetunion bestand aus 15 heutigen Staaten. Jugoslawien aus 7. In der UdSSR waren vorallem die russischen und ukrainischen Vereine erfolgreich, in Jugoslawien die kroatischen und serbischen. Als diese Staaten zerfielen, enstand ein Haufen neuer Staaten, deren Vereine vorher nie oder kaum auf der europäischen Fussballlandkarte existierten. Okay, einige der Sowjetstaaten liegen in Asien, aber dennoch, die meisten spielen in Europa mit.
Durch den Zerfall der Staaten verloren die Grossclubs auch an Konkurrenz. Kiew war in der Ukraine Alleinunterhalter, bevor Retortenklub Donezk aus dem Boden schoss. In Kroatien und Serbien mussten die Grossklubs aus Zagreb, Belgrad und Split plötzlich gegen Vereine antreten, die zur Zeit Jugoslawiens höchstens 3. Liga gespielt hätten. Die Konkurrenz war ja auf zig neue Staaten verteilt. Das wirkte sich auch auf die heimischen Zuschauerzahlen aus, trotz Fankultur. Wer will Roter Stern Belgrad gegen Cukaricki Belgrad sehen?
c) Der Kommunismus: Vor dem Zerfall dieser Staaten herrschte dort ein völlig anderes politisches System, welches nicht immer förderlich war für den Sport, da man nur Amateure kannte, Spieler weder aus dem Ausland eingekauft wurden, noch Leistungsträger das Land verlassen durften. Das führte dazu, dass Spieler wie Puskas in den Westen flüchteten und dortige Vereine verstärkten (bei ihm war soviel ich weiss die Niederschlagung des Ungarnaufstands der Grund). Ausserdem wurden oft Spielausgänge von Behörden beeinflusst, auch Spielertransfers innerhalb des Landes etc. Das war alles nicht sehr förderlich für die Entwicklung des Sports in des Ostblockstaaten. Die Vereine im Westen konnten sich besser entwickeln. Trotzdem konnten die CSSR und die UdSSR Europameistertitel einfahren. Und auch die Vereine waren nicht so schlecht, wie sie hier hingestellt werden. Slovan Bratislava, Magdeburg, Tiflis und Kiew sogar zweimal, konnten den Pokal der Pokalsieger holen, Dinamo Zagreb und Ferencvaros Budapest den Uefa- bzw. Messepokal, standen dazu beide noch je einmal im Finale und wie bereits erwähnt holten RS Belgrad und Steaua Bukarest noch den Landesmeisterpokal.
Aber die Vereine im Westen konnten sich besser entwicklen, vor allem auch wirtschaftlich. Es ist kein Zufall, dass nach der Wiedervereinigung Deutschlands Vereine wie Leverkusen und andere sich im Osten eindecken konnten. Sie hatten schlichtweg viel mehr Kohle.
d) Der Bürgerkrieg in Jugoslawien: Hier wurde sehr viel der Infrastruktur der einzelnen Länder zerstört, auch sportliche. Zahlreiche Sportplätze in Sarajevo wurden in Massengräber verwandelt. Viele Talente wanderten aus, wurden Invalide durch Kriegsverletzungen oder kamen sogar um. Man hatte Rückstand auf den Westen und wurde durch den Krieg noch weiter zurückgeworfen.
Kurzum, aus wirtschaftlichen, politischen, demo- und geographischen Gründen hatten Ostblockvereine schon mal einen Rückstand auf den Westen. Aber das wäre an und für sich nicht so ein Problem gewesen, wenn nicht all die Reformen gekommen wären. Die Ostblockstaaten konnten Mitte der 90er einigermassen mithalten. Hajduk Split war in der Saison 94/95, während der Krieg in Kroatien noch tobte, in der CL vertreten und überstand sogar die Gruppenphase, um dann gegen den späteren Sieger Ajax auszuscheiden. Ok, damals war in der CL nur der Meister vertreten. Aber als man sie in der Saison 97/98 auf zwei Vereine für die grossen Nationen aufstockte, scheiterte Dinamo in der Nachspielzeit der Verlängerung knapp am englischen Zweiten Newcastle, schied später im Uefacup ebenfalls knapp gegen Atletico Madrid aus. In der Folgesaison 98/99 war Dinamo dabei und nicht mal so schlecht. Als Gruppenzweiter ausgeschieden. Die Saison darauf, 99/2000, war die erste nach dem neuen, jetzigen Reglement. Und Dinamo war dabei! Und Maribor aus Slowenien auch. Dazu war mit Rijeka in dieser Saison ein zweiter kroatischer Verein in der Quali. Und das sind nur die Vereine aus dem ehem. Jugoslawien. Teams wie Sparta Prag, Spartak Moskau, Steaua Bukarest, Widzel Lodz etc. waren in dieser Zeit auch öfter dabei. Zugegeben, man war nur dabei, nicht speziell erfolgreich. Aber man konnte, obwohl schon zahlreiche Leistungsträger im Westen spielten, einigermassen mithalten. Kam nicht so selten vor, dass ein Osteuropäer einen Westeuropäer aus dem Turnier wirft. Paradebeispiel sind die Kiewer. Damals regelmässig dabei und sehr erfolgreich. 97/98 Gruppensieger vor Newcastle, Barca und Eindhoven. Barca in Kiew 3-0 weggehauen. Im Noucamp gleich 4-0 weggepustet, damit jeder weiss, wer besser ist, trotz aller Geschichte und Fans und blabla von Barca. 98/99 mit Real den Titelverteidiger rausgehauen, den Bayern im Halbfinale (!) Kopfschmerzen bereitet. In der folgenden Saison in der Zwischenrunde punktgleich mit Real als Dritter hinter ihnen und Bayern knapp ausgeschieden. Aber nach und nach begann der Zerfall der Ostklubs. Gründe:
e) Fall des eisernen Vorhangs und Bosman Urteil:
Die Spieler durften nun in den Westen wechseln und nach Bosman auch ablösefrei bei Auslaufen des Vertrags. Viele sind wegen dem Krieg auf dem Balkan schon gegangen, die westlichen Vereine waren aber auch, wie bereits erwähnt, wirtschaftlich lukrativer. Jeder wollte mehr Kohle und ein besseres Leben. Ist nur menschlich. So begann der Exodus der osteuropäischen Leistungsträger.
f) Ausländerregelungen: Die 3 Ausländer pro Verein Regel wurde gelockert. EU-Ausländer waren nun keine mehr und ist man nicht EU-Ausländer, reicht der Pass eines EU-Staates um keiner mehr zu sein, auch wenn man für eine südamerikanische Nationalelf spielt. Die Vereine konnten nun viel mehr Spieler aus dem Ausland holen.
g) Exodus weniger talentierter Spieler: Es war und ist auch für Spieler, die nicht die Klasse für Bayern, Real, oder Arsenal haben lukrativer im Westen zu spielen, auch wenn es eine kleinere Liga sein sollte. Viele Osteuropäer wechselten nach Österreich oder in die 2. Bundesliga oder in noch tiefere Ligen. Die Vereine in diesen Ligen konnten zwar im Zweifelsfall nicht unbedingt mehr zahlen als die Klubs in der Heimat, aber das Geld kam immerhin pünktlich und regelmässig und der Lebensstandard war in diesen Ländern grösser, als im Osten, wo man ganze Landesinfrastrukturen neu entstehen lassen musste. Man war und ist lieber ein Spieler mit einen durchschnittlichen Arbeiterlohn in der zweiten Österreichischen Liga, als ein "Working-poor-Fussballer" in der ersten kroatischen. Dadurch, dass immer mehr Spieler ins Ausland gingen, sank das Niveau der heimischen Ligen stetig.
h) Die neue CL-Quali: Wer will sich schon mit einem Landesmeister durch 3 CL-Quali Runden bemühen um am Ende in der ersten auszuscheiden und nicht mal im Uefacup zu sein, wenn man in anderen Ligen als 4. schon in die CL spazieren kann und als 5. oder 6. immer noch in den Uefacup kommt?
Dadurch entsteht eine Teufelsspirale. Das grosse Geld liegt in der CL. Ohne passendes Spielermaterial aber keine CL --> weniger Einnahmen-->mehr Spieler die ins Ausland gehen --> nicht mal mehr gut genug für Uefacup --> noch weniger Einnahmen --> noch schwerer Spielerabgänge zu ersetzen und Vereinsstrukturen wie Jugendarbeit zu verbessern --> immer schlechter im internationalen Vergleich --> immer weniger Kohle --> schlechtere, billigere Spieler --> schlechterer Fussball --> weniger Zuschauer, Fans, Eintrittskarten, Fanartikelverkäufe --> noch weniger Kohle...
Und dieser Teufelskreis betrifft nicht nur osteuropäische Vereine. Man betrachte Teams wie Nottingham Forrest--> 2 Mal Landesmeisterpokalsieger!!, Leeds United, Borussia Dortmund, Newcastle United (haben alle internationale Titel gesammelt), wä. Der BVB war auf die Einnahmen der CL angewiesen, ebenso Leeds, da man die Spielergehälter finanzieren musste. Als der sportliche Erfolg verpasst wurde, wurde es auch mit den Finanzen schwieriger. Dortmund konnte sich einigermassen fangen, spielen ja ganz gut mit. Leeds wurde vom CL-Halbfinalisten zum Drittligisten. Mit Lizensproblemem, Punktabzügen und allem. Es ist also nicht so, dass man als Team aus einer der grossen Ligen sicher ist vor so einem Horrorszenario. Man muss sehr gut wirtschaften, oder eben zur Not einen Investor haben. Denn jeder der jetzigen CL-Abo-Teilnehmer könnte in finazielle Schwierigkeiten geraten, wenn die CL öfter verpasst wird.
Hätte Leeds einen Abramowitsch gehabt, der den finanziellen Absturz auffangen könnte, wären sie womöglich heute noch in der Premier League. Und daher stimmt es eben nur bedingt, dass die grossen Vereine nur gut wirtschaften. Aston hat einen Investor, Liverpool hat seine Amis, City den Scheich, Chelsea den Abramowitsch. Arsenal hat soviel ich weiss keinen, bei Tottenham und Everton wüsste ich es nicht, ManU hat Glazer, wobei das wohl der Investor ist, der bei weitem mehr Schaden als Nutzen gebracht hat. Natürlich ist England für diese Investoren attraktiver, aus all den oben genannten Gründen und die Osteuropäischen Ligen eher unattraktiv, deshalb nicht unwahrscheinlich, dass mal irgendein Milliardär Nottingham beispielsweise wieder aufpeppelt. Aber man muss mal sehen, wie es jetzt in Russland und der Ukraine aussieht. Irgendwelche dubiosen Neureichen (ich will hier nichts behaupten, aber man hört so einiges über viele des russischen Milliardäre, hab auch schon gelesen, dass Abramowitsch und der Besitzer von Donezk Dreck am Stecken haben, weiss es aber nicht genau). Aber jedenfalls werden die russischen Vereine und die ukrainischen plötzlich wieder konkurrenzfähiger. Donezk war zur Zeit der UdSSR niemand. Jetzt ist man dabei Kiew den Rang in der heimischen Liga abzulaufen. Hat den Uefacup geholt, Zenit und ZSKA Moskau auch.
Man muss Geld haben, um Geld machen zu können. Sowohl um gute Spieler einkaufen zu können, als auch junge Spieler aufbauen zu können. Um wieder nach England zu sehen, City wird ja gerade auch mit finanzieller Gewalt ins internationale Geschäft gepusht, wo es dann noch mehr Geld gibt. Ohne den Scheich wärs schweriger gewesen.
Als nichtosteuropäische Gegenbeispiele sollen die Niederlande und Portugal dienen. Die verschwinden immer mehr von der Bildfläche. Ajax, Benfica, Feyenoord, PSV, Porto, Sporting, alles Traditionsvereine mit grosser Geschichte und allem, vor allem Ajax. Sie fallen international immer weiter zurück. Holland hatte lang 3 Teams in der CL, Portugal später auch, und jetzt, 9. und 10. in der 5-Jahreswertung. Überholt von oben genannten Russen, Ukrainern und Rumänen (wobei ich die als Eintagsfliege betrachte). Porto spielt zwar noch immer gut mit für seine Möglichkeiten, wir haben hier mal darüber geredet wie gut die wirtschaften, aber man gehört doch eher weniger zur absoluten Spitze Europas. Von der ehemaligen Fussballmacht Ajax ganz zu schweigen. Dafür kommen die Russen immer mehr.
Ebenfalls zu erwähnen sind verschiedene Faktoren wie unterschiedliche Lizenzierungsverfahren (man möge mich korrigieren, aber ich habe in Erinnerung, dass es in Spanien lockerer ist und ich irgendwo gelesen habe, dass Real damals mit seinen Schulden in Deutschland grössere Probleme bekommen hätte, aber habe das nur schwammig in Erinnerung), die mittlerweile aufgehobene vorteilhafte Besteuerung von Fussballprofis in Spanien, oder die zentrale Vermarktung der Vereine in England und die andere Handhabung in der 50+1 Regelung, die einigen Ligen auch Vorteile im Vergleich mit anderen grossen Ligen bringt.
Also, hier bitte nicht so tun, als wären die Bosse der tollen Grossvereine alle so Wirtschaftsgenies, oder die Vereine selbst von Natur aus alle so geil und die Investoren hätten nichts mit dem Erfolg zu tun. Klar wirtschaften diese Vereine auch gut, aber man hat auch viele Vorteile, die nicht sportlicher Natur sind und auch nicht direkt mit der Wirtschaft eines Vereins zu tun haben. Hingegen müssen die Osteuropäischen Vereine ein halbes Jahrhundert Isolation verdauen und allgemein mangelnde Strukturen in den jeweiligen Staaten, die sich auch auf den Fussball auswirken.
Dazu kommt, dass die aktuelle Form der CL nicht nur die ostueropäischen, sondern auch viele westeuropäische Ligen kille, wie die bereits erwähnten Holland, Portugal, aber auch Schottland, Belgien oder die Skandinaven (man betrachte Rosenborg vor 10 Jahren und jetzt, nachdem die CL zig mal verpasst wurde). Ausserdem auch viele Vereine in den grossen Ligen, auch Vereine mit Tradition (dass ich das noch mal sage). Die Spreu trennt sich immer mehr vom Weizen und wir haben nur noch ganz wenige Topteams. Das gefällt mir einfach nicht. Dazu kommt die emotionale Komponente, die ich bereits erwähnt habe. Ändern können werde ich es nicht und wohl auch sonst kaum jemand. Die Probleme der kleineren Ligen und Vereine liegen nicht nur im Fussball, sondern in mehreren Faktoren. Da müsste schon einiges passieren, damit man da einen anderen Weg einschlagen könnte.
Die Realität sieht so aus, meine Idealvorstellung ist eine andere. Ich hätte gerne CL-Abende mit Dinamo, wo ich voll mitfiebern könnte, wie früher. Beim Ausgleich von Newcastle in oben genannter CL-Quali Begegnung war ich gerade 10 Jahre alt und habe Rotz und Wasser geheult als das Tor fiel. Mann war ich dort traurig. Aber irgendwie...macht so was den Fussball doch auch aus. Wo ist die Spannung, wenn ich weiss, dass mein Verein ohnehin ohne Chance ist? Und ich finde es schade, dass mehr als ein halber Kontinent so Momente kaum noch erleben wird. Dabei würde es so viele Vereine mit Tradition und Geschichte und tollen Fans und auch Erfolgen in den kleineren Ligen, aber die Erfolge werden sich wohl nie wiederholen. Und das ist etwas was ich sehr schade finde. Wie gesagt, dass ist meine Sicht der Dinge, ich verstehe es, wenn man es anders sieht und kann auch nachvollziehen wieso der Fussball heute so ist wie er ist, also versucht mir nicht Dinge zu erklären, die ich selbst hier schon x mal geschrieben habe. Womit ich auch Mühe habe sind so Bemerkungen im Stil von "Vereine in England und Deutschland uns Spanien waren, sind und werden immer geiler sein als in Kroatien". 1. gibt es dafür Gründe, die sind das nicht von Natur aus und 2. was soll der Mist? ich bin Kroate und werde mich doch wohl für die kroatischen Vereine einsetzen dürfen.
So, frei nach Trappatoni, habe hier fertig. Habe alles gesagt und werde nicht mehr auf dieses Thema eingehen. Gute Nacht Leute