Ich setze mal einen kleinen drauf - heute 60km am Stück gewandert
Gibt südlich von Leipzig ein großes Wanderevent, wo ich vor zwei Jahren schon mal 50km gewandert bin. Heute dann eben 60km, Start war 04:30 Uhr im stockfinsteren Tagebauland. Mit Stirnlampe bei gediegenen 4 Grad erstmal auf eine Schutthalde hoch, dann wieder runter (und fast vom Maistrekker überfahren) und so langsam kam der Morgen in Sicht. Bis Mittag aber nur Nebelsuppe, innerhalb von 5 Minuten dann aber strahlender Sonnenschein. Bei km 46 absoluter Tiefpunkt gehabt und mich mal kurz an den Wegesrand gesetzt und gemeint, dass nix mehr geht. Schmerzen waren soweit okay, aber ich war völlig im Arsch. Bin auch leicht geschwankt. Tippe mal auf Hungerast. Da ich im Nirgendwo war, auch keine große Möglichkeit mit Taxi, etc. nach Hause zu kommen. Also Arschbacken zusammengekniffen und die letzten 14km dank Motivationshilfe der Wanderpartnerin noch dran gehangen. Wurde dann auch wieder schnell dunkel und somit im Finsteren gestartet und angekommen. Gesamtlaufzeit inkl. Pausen 15:18h, reine Laufzeit ca. 12h (5km/h über die Distanz passt). Eben eine riesige Blase an der Ferse aufgemacht, die mich die letzten km quälte. Ist aber direkt besser. Muss aber sagen, das war meine maximale Distanz. Gibt einige, die laufen da 100km am Stück, aber das ist echt zu wild.
Jetzt geht es erstmal 12h pennen
Echt stark. Aber 50 km ist dann bestimmt irgendwann kein Spaß mehr, sondern nur noch Quälerei.
Die Latscherei (durch die schöne Natur) soll doch einen angenehmen Effekt haben.
Grenzerfahrungen der Sorte "inneren Schweinehund überwinden" zwar durchaus inbegriffen, jedoch kein Muss.
Und nicht immer bilden die Kilometer ein Grenzkriterium, sondern das ist abhängig vom körperlichen Zustand der Wandergruppe, dem Gelände und dem Wetter.
Mir wären 50 km viel zu viel. Das ist demotivierend zu Beginn, zur Mitte und im letzten Viertel, wenn man sich bewusst wird, wieviel davon noch weggelatscht werden muss.
Mit zunehmendem Alter stellen sich manche Gebrechen ein, auf die Rücksicht genommen werden muss. Meine Wandergruppe (jetzt 3 - früher 4) hat mittlerweile Rücken, Herz und Knie (einfach oder mehrfach): da wäre Wandersteig-Etappenwandern ein fragwürdiges Vergnügen.
Vor einigen Jahren war das noch okay und super (auch als Grenzerfahrung) und körperlich machbar.
Das waren immer Etappen zwischen ca. 30 km (inclusive Verlaufen
) und ca. 15 km und Gepäcktransport von Startherberge zur Zielherberge, 1 Woche oder nur 3-5 Tage. Das mit dem Gepäcktransport ist wichtig, so kann man sich auf einen Wanderrucksack mit Tagesproviant beschränken, um sich spätnachmittags / frühabends im neuen Hotel / in der alten Dorfkaschemme zu reinigen und in frische Klamotten aus dem Koffer zu schlüpfen.
Die leichtesten / härtesten Etappen waren jedenfalls nicht zwingend die mit den geringsten oder meisten Kilometer Strecke.
Die kürzeste Wandersteig-Etappe aus dieser Zeit war gleichzeitig die Härteste. Wir hatten ein verkürztes Angebot für den Soonwaldsteig gebucht, um nach 3-5 Tagen mit der Bahn wieder zu unseren im Startort befindlichen Fahrzeugen zurück zu kommen.
In diesem Arrangement waren die Etappen anders aufgeteilt und die 3. Etappe (glaube ich) hatte nur 8-10 Kilometer, statt der üblichen 15-20 km, die man pro Tag wegzulatschen hatte, um abends gemütlich zusammen zu essen, viel zu trinken und dummes Zeug zu reden.
An jenem Tag war im Hunsrück Sauwetter, fieser Dauerregen und Nebel und der Weg führte durch das Simmerbachtal zur Ruine Koppenstein und jede Menge Meter Abstieg und Aufstieg bis dahin. Vom tiefsten Punkt Simmerbach ging es so steil bergan, dass wir und nicht mehr aufrichten konnten, weil selbst das reduzierte Gewicht des Tagesrucksacks uns in den Abgrund Simmerbach gezogen hätte.
Der Weg diffus und im Nebel kaum zu identizifieren über glitschige Moosfelsen mit Null Haftung. Jeder Fehltritt hätte Bänderiss, 200 Meter Absturz oder Meniskusgrätsche bedeuten können, aber wir kamen unbeschadet hoch und dann wartete oben am Koppenstein nur ein düsterer Turm und sonst nichts. Wie gerne hätten wir uns dort ein Ausflugslokal oder ein Café gewünscht.
Anschließend drohte noch ein Abstieg in die Zwischenherberge (Beilstein glaube ich) in Nebel, Matsch und Gltsch und da haben wir lieber im nächsten Hotel angerufen und uns von dort abholen lassen. Das war bei dem Wetter einfach zu gefährlich und ein richtiger Stress.
Auf irgendeiner Etappe des Lahnsteigs musste ich mal passen. Mein in Relation zu den etwa gleichaltrigen Wanderkumpels größter Vorbehalt sind meine irreparabel knorpelgeschädigten Knie, die gerade abwärts immer besonders leiden. Einmal hatte ich meine Beschwerden so kompensiert, dass ich am nächsten Tag mit Fuß- und Achillesschmerzen nach 4 km aufgeben musste. Mühsam wieder zur vorherigen Basis mit Bahnanschluss zurückgehinkt und etwa 3 Stunden auf eine Bimmelbahn zum nächsten Etappenort gewartet. In der Zwischenzeit hatten meine Kumpels Tempo-Rekorde aufgestellt. Die hätten sie mit mir jedoch auch nie erreichen können. Ich war an diesem Tag ein Fall für "lasst mich im Graben liegen und gebt mir den Gnadenschuss, aber mit mir hat es keinen Sinn mehr".