"Wien - Die ProTour fordert ihre Opfer. Nur sechs von acht ÖRV-Profis könnten in der nächsten Saison übrig bleiben.
Wer noch keinen neuen Vertrag hat, muss bangen oder rechtzeitig drauf schauen, dass er vielleicht doch einen bekommt.
Wichtige Voraussetzung: Top-Ergebnisse! Sport1 gibt den Überblick über die aktuelle Vertragssituation der acht in der ProTour engagierten Österreicher.
(Wieviele ÖRV-Profis werden in der nächsten Saison dabei sein? Kommt Gerhard Trampusch hinzu? Diskutieren sie im Forum)
Bernhard Eisel
Der Steirer blickt einer gesicherten Zukunft entgegen. Jung, aufstrebend und erfolgreich, zählt er wohl zu den heißesten Aktien am internationalen Radsport-Markt. Sein italienischer Manager, der nebenbei Topstars wie Alessandro Petacchi oder Robbie McEwen betreut, kann sich über mangelnde Nachfrage nicht beklagen. Doch nur vom Geld lässt er sich nicht beeindrucken. Denn das Umfeld muss passen. Die Kollegen, die Teamführung und die Position innerhalb der Mannschaft. Eisels Vertrag bei La Francaise de Jeux endet ja erst mit nächster Saison, und die Probleme mit seinem australischen Sprint-Kollegen Baden Cooke sind nach den vergangenen Erfolgen in Wirklichkeit aus dem Weg geräumt. Der 24-Jährige verspürt keinen Druck. Im Falle eines Wechsels müsste er zudem aus dem bestehenden Vertrag gekauft werden, um Probleme zu vermeiden, die gegebenenfalls unausweichlich wären. Aber ist es anderswo besser? Bei Cofidis etwa, das angefragt hat, steht mit Stuart O'Grady erneut ein australischer Sprinter im Weg, bei anderen Teams das fehlende Geld. Warum also unnötig Feinde schaffen?
Georg Totschnig
Für den Zillertaler hat sich auch nach seinen großen Erfolgen in diesem Jahr nicht viel verändert. Sein Vertrag beim deutschen Gerolsteiner-Team endet mit der nächsten Saison, in der er noch einmal angreifen und seinen Traum vom Podestplatz bei der Tour de France verwirklichen will. Danach ist die Karriere des 35-Jährigen zu Ende. So traurig es ist. Zwar hält er sich die Option auf eine Verlängerung offen, dass er sie einlöst, scheint mehr als unwahrscheinlich. Familienmensch Totschnig hat bereits andere Pläne. Andere Ziele, die er verfolgen will. Das Leben nach dem Radsport ist für den Routinier keine Bedrohung, viel mehr eine Herausforderung, die er annehmen und mit der selben Konsequenz verfolgen wird, wie seine sportlichen Erfolge. Nur eine seiner beruflichen Visionen ist die Leitung eines österreichischen Profirennstalls, eines Teams, das zumindest unter heimischer Patronanz steht und die Radsport-Begeisterung hier zu Lande prolongieren soll. Auch das könnte uns nur gut und recht sein.
Peter Wrolich
Der 31-Jährige entledigte sich schon während der Saison möglicher Vertragssorgen. Wrolich verlängerte sein Engagement bei Gerolsteiner um zwei Jahre bis Ende der Saison 2007. Dort wo er begonnen hat, wird der Kärntner seine Laufbahn vielleicht auch irgendwann einmal beenden. Oder auch nicht, aber es würde nicht überraschen. Es selbst zeigte sich erleichtert über den Abschluss und seine gesicherte Position innerhalb der Mannschaft. Was nicht schwer war, weiß Teammanager Hans Michael Holczer doch nur zu gut, was er an "Paco" Wrolich hat. Ein begnadeter Edelhelfer, ein Fahrer mit Talent und Instinkt, der im richtigen Moment am richtigen Ort ist, aber auch selbst in die Entscheidung eingreifen kann. Wrolich trägt viel zur guten Stimmung im Gerolsteiner-Team bei, ist Motivator und Freund und deshalb auch Totschnigs wichtigster Wegbegleiter. So oder so bleibt zu hoffen, dass er uns und dem Radsport noch viele Saisonen erhalten bleibt. Nicht nur der guten Stimmung wegen.
Bernhard Kohl
Mit seinem Wechsel zum renommierten T-Mobile-Team gelang dem 23-jährigen Wolkersdorfer im vergangenen Herbst der ganz große Coup. Der Vertrag beim deutschen Telekom-Riesen läuft noch bis Ende 2006. Spätestens dann will sich Kohl für höhere Aufgaben empfohlen haben. Aber schon mit seiner ersten Vollprofi-Saison kann er durchaus zufrieden sein. Viele Renneinsätze, gute Ansätze, aber auch gute Resultate, wie zum Beispiel der elfte Gesamtrang bei der Dänemark-Rundfahrt. Die Teamleitung ist zufrieden, weil er die angestammte Helferrolle im souverän ausfüllt. Das Vertrauen steigt. Mit der Vuelta bestritt Kohl - nicht nur Belohnung, auch Bestätigung - gleich im ersten Jahr eine dreiwöchige Landes-Rundfahrt. Wichtige Erfahrung, die ihm schon in der nächsten Saison zu Gute kommen soll, wenn er sich beim Giro d'Italia versucht. Es wäre ein weiterer Meilenstein in der jungen Karriere des Niederösterreichers, der nicht zu Unrecht als potenzieller Nachfolger des erfolgreichen Georg Totschnig gehandelt wird.
Rene Haselbacher
Der dritte Österreicher im Gerolsteiner-Bunde. Der Burgenländer ist den Deutschen noch bis Ende 2006 verbunden. Seinerseits stünde eine Verlängerung des Vertrages auch darüber hinaus nichts im Wege. Haselbacher fühlt sich wohl. Daran konnte der Eklat im Vorfeld der Tour de France, für die er nicht nominiert wurde, nichts ändern. Insgesamt durchlebte der Burgenländer eine eher durchwachsene Saison mit mehr Tiefen als Höhen. Schlüsselbeinbruch vor Saisonbeginn, Stürze und emotionale Rückschläge - wie den Verlust seines Sprintkapitäns Danilo Hondo. Probleme, an denen er lange Zeit zu knabbern hatte. Erst in der zweiten Saisonhälfte lief es besser, das Trendbarometer zeigte wieder unverkennbar nach oben. Der 27-Jährige fuhr gewohnt aggressiv, war immer wieder in Spitzengruppen zu finden - nur für einen Sieg hat es bis dato noch nicht gereicht. Aber noch ist die Saison nicht zu Ende. Und wer Rene Haselbacher kennt, weiß, dass Aufgeben für ihn niemals in Frage kommt.
Peter Luttenberger
Der steirische Routinier ist noch unentschlossen. Soll er die einseitige Option auf Vertragsverlängerung beim dänischen CSC-Team einlösen? Mit 34 Jahren ist Luttenberger wie Totschnig nicht mehr der Jüngste. Die Auswahl hält sich somit in engen Grenzen. Wechsel oder Karriereende, für das er längst vorgesorgt hätte? Jüngstes Produkt des Steirers ist sein eigener Wein. Im Internet verkauft, wirkt der Rebensaft, als "Wein der Sieger" angepriesen, allerdings ein bisschen anachronistisch. Denn die Zeit der großen Erfolge scheint vorbei. Aber es wäre nicht Peter Luttenberger, hätte er nicht wieder ein Ass im Ärmel. Vorerst lässt er die Saison in Ruhe ausklingen. Dass er schnell Radfahren kann, steht ja außer Zweifel, das hat er auch in dieser Saison ein ums andere Mal bewiesen. Dass er die Motivation für eine weitere Saison findet, muss er erst beweisen. Die Weichen für einen geordneten Rückzug aus dem aktiven Radsport sind längst gestellt.
Gerrit Glomser
Der Staatsmeistertitel 2005 war des Salzburgers Saisonhighlight. Davor und danach gab es nicht viel, den vierten Etappenplatz bei der Tour de France abgesehen, dem die unerwartete Aufgabe am nächsten Tag folgte. Glomser hat also wenig Argumente für gut dotierte neue Verträge. Seine Liaison mit dem italienischen Team Lampre-Caffita ist ein Auslaufmodell. Mit Saisonende steht der 30-Jährige wieder einmal auf der Straße. Was dann? Wirft Manager Tony Rominger den Rettungsanker? Bei Lampre überwiegen eher die Divergenzen, es sieht düster aus. Der Fahrer-Markt ist überlastet, und wird durch die Auflösung des Fassa Bortolo-Teams kaum entschärft. Für Gerrit Glomser wird es auf der ProTour in jedem Fall eng. Das darf, ohne zu übertrieben, behauptet werden und stand schon vor dem Start zur Vuelta fest. Der Salzburger selbst, erklärte nicht unrichtig, dass er in Spanien um - nicht weniger als - einen neuen Vertrag, und somit um seine Zukunft fahren würde.
Andreas Matzbacher
Teamkollege von Gerrit Glomser bei Lampre-Caffita. Matzbachers Schicksal ist ähnlich, wenn auch behauptet wird, dass sein Standing bei der Klubführung besser sei. Als Jungprofi zu den Italienern gestoßen, endet der Vertrag des 24-Jährigen in diesem Jahr. Seine Zukunft ist ungewiss. Gute Ergebnisse hielten seltenen Renneinsätzen die Waage. Die Chance, die ihm bei Lampre-Caffita geboten wurde, wusste Matzbacher nur bedingt zu seinem Vorteil zu nutzen. Deshalb hängt seine ProTour-Zukunft am berühmten seidenen Faden. Matzbacher darf noch hoffen, auf eine zweite Chance und bessere Leistungen. Wenn ProTour, dann bei Lampre-Caffita. Andere Teams zeigten bislang nämlich kein Interesse. Zuletzt bestritt Matzbacher gemeinsam mit Gerrit Glomser die Vuelta. Für beide war es die letzte Chance auf Bewährung, und die letzte Chance, sich für höhere Aufgaben auch in Zukunft zu empfehlen.
Michael Fruhmann " ( sport1.at)
Man beachte die Zeilen über den Kapitän.
"Wein der Sieger"
campos und SAV Jan stürmen gleich ihre Stammaldi.