Wenn ich ehrlich sein soll, interessieren mich diese Fragen, wer war der beste aller Zeiten eher mäßig. Die Zeiten sind einfach zu unterschiedlich, und es ist ja eh klar, dass das hier wieder in eine Schumi-Diskussion ausartet.
Um das mal an einem Beispiel zu zeigen: als Jaun Manuel Fangio 1948 erstmals auf europäischen Rennstrecken auftauchte, war er 37 Jahre alt. Er hatte schon eine lange Karriere bei südamerikanischen Straßenrennen hinter sich, die meistens mit getunten amerikanischen Straßenautos bestritten wurden, und Fangio hatte seine Autos meistens selber präpariert. Alle die Fangio noch einigermaßen erlebt haben, sagen, dass er in seiner Ära allen Gegnern an technischem Wissen, Erfahrung, charakterlicher Stärke meilenweit überlegen war. Er war ein Fahrer, der im Rennen selten schneller fuhr, als er es unbedingt brauchte (was übrigens trotzdem nicht bedeutet, dass er absolut fehlerfrei war) und meistens einen Pfeil mehr im Köcher hatte. Aber es war auch eine Zeit, in der die meisten Fahrer bei weitem nicht so ausgebildet waren wie heute. Viele Fahrer wussten über die Technik fast gar nichts. Dagegen wissen heute schon 18-jährige Formel 3-Fahrer eine ganze Menge. In den heutigen Rennen passiert viel weniger Unvorhergesehenes als damals, aber das technische Niveau der Beteiligten ist ein völlig anderes.
Umgekehrt glaube ich nicht, dass heute noch im Alter von Fangio – der seinen letzten Titel mit 46 Jahren gewann - in der Formel 1 überhaupt noch vorne mitfahren könnte. Die Autos sind heute unvergleichlich schneller und irgendwann lassen die Reflexe doch ein wenig nach. Es sind eben völlig andere Zeiten.
Aber wenn die Frage schon gestellt wird, dann werfe ich mal provozierend zwei Namen in die Runde.
Der erste ist Rudolf Caracciola. Klar, ich weiß dass es in seienr Zeit noch keineFormel 1-Weltmeisterschaft gab, trotzdem war es eine große Motorsport-Ära. Und immerhin gab es ab 1935 schon eine Europa-Meisterschaft (mit etwas eigenartigem Wertungssystem), die Caracciola 3 Mal gewonnen hat: 1935, 1937 und 1938. Dabei war er zu dieser Zeit schon eher am Ende seiner Karriere und im Grunde ein Schwerbehinderter. Caracciola war in den späten 20er und den gesamten 30ern die gleiche Art von Fahrer, wie später Fangio, Stewart und Prost. Ein Fahrer der die Rennen mit dem Kopf gewinnt. Zweifellos einer der ganz, ganz großen Fahrer.
Der zweite Name, den ich in Erinnerung bringen möchte, ist Jean-Piere Wimille. Schon einfach deswegen, weil er von allen großen Fahrern einer unbekanntesten ist. Wimille war im Alfa-Werksteam der ganz herausragende Fahrer der unmittelbaren Nachkriegszeit, vorallem der Jahre 47-48. Er hatte auch schon vor dem Krieg große Erfolge (z.B. 2 Siege bei den 24 h von LeMans), aber im Grand Prix-Sport konnte man die ganz großen Rennen ab 1934 eigentlich nur in deutschen Autos gewinnen – und als Franzose war es etwas schwierig, dort angestellt zu werden... Wimille war übrigens auch dabei, Prototypen eines eigenen
Personenwagens herzustellen. 1949 kam er bei einem ungeklärten Trainingsunfall in Argentinien ums Leben, vermutlich weil er Zuschauern auswich, die auf die Strecke liefen. Vermutlich wäre er einer der Hauptanwärter auf die spätere Formel 1-Weltmeisterschaft gewesen.
Wie gesagt, nur zwei Namen, es wären viele weitere zu nennen. Die Motorsportgeschichte hat nicht erst 1950 begonnen.
@hanffro
Ja Vic Elford sticht natürlich heraus, weil er sowohl im Rally- als auch im Rundstreckensport erfolgreich war, was in dieser Form eigentlich einmalig ist. Dafür gehörte wohl auch eine gewisse Abenteurer-Attitüde mit der Elford an die Sache herangegangen ist. In gewisser Weise hat er es auch damit bezahlt, dass er zwar schöne Einzelerfolge gehabt hat, aber wenige Titel gewonnen hat, ich glaube nur eine Rallye-Europameisterschaft. Bei allem Respekt denke ich mal, dass einige andere Fahrer dieses Talent auch gehabt hätten, aber nicht die Veranlassung oder vielleicht auch den Mut gehabt haben, in so unterschiedlichen Disziplinen anzutreten. Vom Fahrerischen könnten sicher die Topp-Rallyefahrer auch erstklassige Rundstreckenfahrer sein und umgekehrt. Einzelne Beispiele zeigen das auch. Aber natürlich Elfords Karriere etwas Einmaliges. Nach der Fahrerkarriere war er mal für kurze Zeit Teammanager beim ATS-Formel 1-Team. Irgendwie hat er in dieser zweiten Karriere dann nicht richtig Fuß gefasst. Eigenartige Figur.
Wenn man von vielseitigen Fahrern spricht, darf auf gar keinen Fall Mario Andretti fehlen, der schon in den 60ern 3 mal USAC-Meister war (das war der Vorgänger der CART-Serie). Dazu sollte man wissen, dass die ChampCar-Meisterschaft in den 60er Jahren noch etwas anders aussah. Zur Meisterschaft zählten Ovalrennen, Straßenrundkurse, das Pikes Peak-Bergrennen (!) und... Dirt Track -Races. Das ist kein Witz!! Dirt Track-Rennen hatten in Amerika eine Riesen-Tradition, weil die ersten Autorennen dort auf Pferderennbahnen ausgetragen wurden! Daher auch die Tradition der Ovalrennen. (Aber natürlich wurden nicht alle Rennen mit den gleichen Autos ausgetragen). Tja, da liest sich die Meisterschaftsbilanz von Mario Andretti schon recht eindrucksvoll: USAC-Meister 1965, 66 und 69. Formel 1-WM 1978. Nochmals CART-Meister 1984 und seinen letzten CART-Lauf gewann er 1993 im Alter von 53 Jahren....
Und BTW: natürlich gehört auch Michael Schumacher zu den ganz Großen. Auch wenn das hier einige nicht wahrhaben wollen.