Solange jedoch der denkbare Verdacht im Raume steht, dass bestimmte Boxer, die gegen einen der Brüder verloren haben, nun aus Marketing-Gründen nicht gegen den anderen Bruder antreten dürfen - solange müssen sich die beiden Ukrainer auch diesen Stiefel anziehen. Es gibt abseits der alten Karteileichen immer noch reizvolle Paarungen (etwa Vitali - Chambers, oder Wladimir - Arreola, Vitali - Thompson, Vitali - Chagaev und dergleichen mehr), die man forcieren könnte. Es ist also nur die halbe Wahrheit, dass bessere Kämpfe nicht zustande kommen, weil sich Haye, Valuev und Povetkin aus dem Staub machen.
Ja, aber Du hast da schöne Beispiele gebracht, die verdeutlichen dass zwar die Sichtweise nachvollziehbar, aus meiner Sicht sogar völlig richtig ist, es aber letztlich wieder auf den Einzelfall ankommt. Arreola kann z.B. Chisora nicht ersetzen, da er längerfristig verletzt ist. Es wäre eine interessante Ansetzung, bei der es zwar kaum Zweifel am Sieger gibt, aber immerhin ein paar Unsicherheitsmomente. Ob er wirklich würdiger als Chisora ist, ist eine, der individuellen Betrachtung geschuldete Entscheidung. Mehr Niederlagen zuletzt nichts nennenswertes gewonnen, dafür Punch und Erfahrung, gegenüber unerfahren aber ungeschlagen ohne große Siege. Ich hätte mich für Arreola entschieden, wenn er nicht verletzt gewesen wäre. Thompson konnte Briggs nicht ersetzen, da er noch nicht wieder vollständig genesen ist, er ist aber eine Option für die Nach-Solis-Zeit, sofern Vitali dann noch den Titel hat. Chagaev wäre würdiger als Briggs gewesen ohne wirklich gefährlicher zu sein, trotzdem klar die bessere Gegnerwahl aufgrund geboxter Gegner, aber der Mann ist Pflichtherausforderer von Haye und tritt schon aus diesem Grund jetzt nicht gegen Vitali an, ebensowenig wie es Solis derzeit gegen Wladimir machen würde. Das hat natürlich auch etwas mit Geld und festgeschriebenen Börsenverteilungsverhältnissen in Pflichtverteidigungen zu tun. Man könnte genauso gut noch Adamek nennen, der einen Titelkampf verdient hat, der auch im Gegnerpool mit Briggs war, der aber derzeit noch nicht will, sondern erst nächstes Jahr den Kampf möchte. Über Povetkin gegen Vitali müssen wir
zum jetzigen Zeitpunkt wohl nicht diskutieren. Über Gomez-Wladimir doch wohl auch nicht, oder? Hätte Vitali Chambers ein Angebot machen sollen, einem Boxer der gerade erst aus einer desaströsen Niederlage kommt?
Worauf ich hinaus will: Ja, es gibt abseits von Haye, Valuev und Povetkin noch Gegner die geboxt werden können. Es ist aber eine ganz andere Frage, die m.E. häufig unter den Tisch fällt, ob ein solcher Kampf dann in der konkreten Situation auch gerade zustande kommen kann oder überhaupt angemessener ist als z.B. der Kampf gegen Chisora oder Briggs. Das einfache in den Raum werfen entsprechender Namen, verbunden mit der Forderung, dass seien die Gegner, die es zu boxen gilt, reicht als ernstzunehmende Begründung für die Kritik an den Klitschkos m.E. nicht aus.
Ich persönlich hätte gerne Thompson-Vitali statt Briggs-Vitali gesehen. Ich würde auch gerne Wladimir-Arreola oder Wladimir-Adamek oder Wladimir-Solis sehen, aber dass sind Kämpfe die aus Gründen, die nicht an Wladimir oder Vitali liegen,
zu dem Zeitpunkt gar nicht gehen. Wieviel höherwertige Alternativen (d.h. Boxer, die tatsächlich auch verfügbar sind für den Termin) hätte es konkret im Einzelfall gegeben?
Gut, Adamek hat schon verkündet gegen Wladimir für einen 50/50-Split antreten zu wollen. Wenn Boxen kein Geschäft wäre, könnte Wladimir auf so etwas eingehen. Ansonsten stellt das übliche Geflogenheiten etwas auf den Kopf.