Wie gesagt: Die Frage nach dem nächsten Gegner ist doch eine Alibi-Diskussion. Man kann das Schwergewicht nicht deutlicher dominieren als es Klitschko derzeit tut: Er hat einen amtierenden Weltmeister vernichtend geschlagen, er hat zwei legitime Top-10-Contender gnadenlos beherrscht.
Was will er mehr? Was möchte er noch beweisen?
Gegen Kevin Johnson oder Eddie Chambers antreten? Ich bitte euch. Beide bewegen sich in etwa auf Arreola-Niveau, mit unterschiedlich gelagerten Stärken, aber ebenso sichtbaren, noch nicht behobenen Unzulänglichkeiten.
Solis ist unerfahren und out of shape. Wäre zum jetzigen Zeitpunkt seiner Karriere nicht nur ein Mismatch, sondern eine gewaltige Dummheit.
Povetkin bereitet sich mit Atlas in geheimer Mission auf die ultimative boxerische Vernichtung der Klitschkos vor; der hat Wladimir zuerst auf der Streichliste. Danach kommt vielleicht das "Briiieeederchen" in einem groß inszenierten Rache-Event. Aber ich glaube nicht an Atlas und auch nicht an seine Predictions...
Quezada - wer ist Quezada!? Keine Herausforderung, kein Geld.
Boytsov ist ein Hype. Der wird von Klitschko seziert und abgeschossen. Außerdem müsste sich Sdunek für den Kampf teilen. Funzt nicht, Klaupe würde auch nicht mitmachen. Nachdem man den Boytsov bislang so behutsam aufgebaut hat, lässt man das Kartenhaus nicht gleich wieder von Vitali niedertrampeln. Derzeit ist man ja auf jeden Schwergewichtler angewiesen.
Selbiges gilt für Dimitrenko. Der wurde bereits von Chambers vorgeführt und von diversen Journeymen auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. Sdunek würde das auch nicht wollen, schließlich möchte Dimi noch eine Karriere als Notar starten.
Bleiben Valuev, Maskaev und Haye. WBC-Maskottchen Maskaev wurde bereits von Peter vorzeitig geschlagen, und der wiederum von Klitschko vernichtet.
Haye und Valuev kämpfen bald gegeneinander. Der Verlierer ist uninteressant. Gewinnt Haye, haben wir das Problem, daß Haye Mitte/Ende 2010 wohl lieber gegen Wladimir vereinen würde als mit Vitali in den Ring zu steigen; außerdem ist man im Klitschko-Lager auf den Hayemaker nicht so gut zu sprechen - verständlicherweise.
Bliebe am Ende nur noch Valuev als mittelfristige Lösung, aber realistisch klingt das für mich nicht, da ich von einem Haye-Sieg ausgehe.
Sonstige Optionen: Adamek nach einem Sieg über Golota, Golota nach einem Sieg über Adamek, aber beides alles andere als befriedigende Lösungen (Kategorie: Quezada). Von Toney ganz zu schweigen, der ist Boxgeschichte.
Ruiz ist beschäftigt, Austin wurde bereits von Wladimir abgeschossen. Gegen Timo Hoffmann könnte er eine Scharte auswetzen, oder er "bestraft" Krasniqi für dessen Leistung als RTL-Experte ("Er hat die rechten Hämmer voll reingebracht"). Bliebe noch ein Mitleidsfight für Thompson - aber halt, der hat schon gegen Wladislaus verloren.
Unter diesen Exoten taugt am ehesten noch der Tuaman, sofern dieser Cameron überzeugend schlägt. In die Rankings kriegt man ihn bestimmt "irgendwie" gedrückt, und über mangelnde Nachfrage müsste man sich auch keine Gedanken machen. Es rennen weltweit genug Nostalgiker rum, die auf die "Wiederkehr des 90er-Jahre-Messias warten, der den Klitschkos mal ordentlich den Arsch versohlt". Sportlich wäre das natürlich eine sinnfreie Ansetzung.
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Macht unter'm Strich: Keine zufriedenstellende Option für Klitschko. Er sollte abtreten, und dem Schwergewicht Raum für eine neue Ausrichtung geben, anstatt aufstrebende Prospects zu vermöbeln. Altlasten wie Maskaev und Briggs sind so gut wie raus, Langweiler wie Ibragimov und Austin sehr weit weg; stattdessen gibt es wieder ein paar junge, hungrige, unterhaltsame Leute, die sich um den freien Titel balgen würden.
Und auf Wladi wartet der Hayemaker. ("Trust me, don't run...")