Nun gut. Diese Unterhaltungskomponente hat das BVerfG ja eindeutig in einem Urteil bestätigt. Das BVErfG hat aber nix darüber gesagt, dass man das ausschließlich anbieten müsste. Aber dahinter verschanzen sich die ÖR nur zu gerne. Ich fand es übrigens mutig, dass eine Doktorandin, die beim ÖR arbeitet und darüber promoviert hat, dieses vor kurzem auch so in ihrer Diss geschrieben hat.
Das sind Urteile gewesen, die inzwischen mehr als 20 Jahre alt sind, und es war schon immer die Hauptaussage, dass an die Privatsender nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden müssen wie an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, also dass der private Rundfunk nicht verpflichtet wird, ein komplett ausgewogenes Programm anzubieten, und dass deswegen die Ö-R das weiter bewerkstelligen müssen. Das heißt für mich unterm Strich: Unterhaltung ist so natürlich in ARD und ZDF erlaubt, aber nicht wichtiger als Information und Bildung (sprich: Das, was wir sonst eher als Kultur bezeichnen, selbst wenn Unterhaltung sich auch mit Kultur überschneiden kann). Wie gesagt sind diese Urteile zwischen den Mittachtzigern und frühen Neunzigern gefällt worden, als man festlegen musste, unter welchen Voraussetzungen Privatsender zugelassen werden können. Damals gab es ARD, ZDF und meistens nur lokal ein bis zwei dritte Programme (ARTE wurde dann 1992 gegründet, 3SAT war vorerst Satellitenprogramm und dann erst nach und nach in manche Kabel eingespeist worden, und die Digitalkanäle sind ja erst wenige Jahre alt). Da war dann auch klar, dass man sich nicht extrem spezialisieren konnte, wenn man ein Vollprogramm anbieten wollte.
Heute hat man aber viel mehr Möglichkeiten, die von der Mehrheit der Bevölkerung auch jetzt schon oder in allernächster Zukunft zu empfangen sein werden, und statt hier jetzt eben aufzuteilen und für jedes Interesse quasi zu jeder Uhrzeit etwas anzubieten, sieht das relativ mies verteilt aus. Ich habe gerade mal in die TV-Übersicht geguckt:
Soap (Das Erste), Kochsendung (ZDF), Wissenschaftssendung (WDR, SWR, BR Alpha), Doku/Magazine/Heimatreportagen (NDR, MDR, BR, RBB, ZDFinfo, ARTE, 3SAT, PHOENIX, Einsfest), Show (HR), Kindersendung (Kika), olle US-Serie (ZDFneo), Nachrichten (Tagesschau24), Medienmagazin (Einsplus), Wiederholung der ollen "Hitparade" (ZDF Kultur), und das war's dann.
Man kann sich natürlich einen schlimmeren Mix vorstellen, aber ausgerechnet auf den zwei Hauptkanälen zeigt man Murks (und ZDFneo sowie ZDFKultur sind wie schon mal erwähnt schlichtweg nur lachhaft), und manche Gebiete scheinen für meinen jetzt schnellen und vielleicht oberflächlichen Blick gar nicht abgedeckt (vor allem Sport). Ob das genau so gedacht war, als man damals die Urteile zum Vollprogramm und zur Unterhaltung fällte? Sowas wie Soaps am Nachmittag hat man wahrscheinlich damals gar nicht berücksichtigt.
Gab bestimmt Hyperventilation bei den ÖR-Verantwortlichen. Gerade bei ARD und ZDF sind die Kernzeiten (~12-20 Uhr) eine komplette Frechheit, was das Fernsehprogramm angeht. Ich akzeptiere es auch nicht, dass der ZDF-Mann dann sagt, dass die durchschnittliche Zuschauerin in der Regel weiblich, 60 und Hauptschulabsolventin ist. Das rechtfertigt gerade nicht, dass dann ausschließlich für die Programm gemacht wird und alle anderen sich den Wecker stellen müssen, um eine für sie akzeptable Sendung zu sehen.
Die kämpfen wohl einfach immer noch um Pfründe, die man sich mit Quoten sichern kann. Anders kann ich mir nicht erklären, warum die beiden Hauptsender einen so hartnäckig auf Quote ausgerichteten Kampf mit den Privaten führen.