Hier gab es ja einige eher schlechte Beurteilungen, mir persönlich hat
American Gods aber ausnehmend gut gefallen. Bin da zugegeben spät dran, aber nunja ... Habe das Buch auch nie gelesen, daher für mich nicht relevant bei der Bewertung. Die gerade zu Beginn oft gezwungen ästhetisch wirkende und zur bloßen Schockwirkung eingesetzten Gewaltexzesse würde ich dabei auch kritisch bewerten, im Laufe der Staffel wurde das ganze imo aber zum einen deutlich dezenter und zum anderen deutlich zielgerichteter eingesetzt. Klar wird durchgehen extrem über Symbolik gearbeitet, aber das ist nunmal irgendwo auch der Punkt bei einer Show/Story mit den Schwerpunkten ... Dass die Staffel keinen großen Drive bezüglich Storytelling hat und mehr wie ein langgezogener Prolog wirkt, kann ich dazu auch nachvollziehen. Aber gestört hat mich das nicht im Geringsten.
Die Dialoge und die Interaktion unter den Figuren drängen sich im Laufe der Staffel immer mehr in den Vordergrund, dazu schafft es die Serie auch in den stillen Szenen immer eindringlicher zu werden. Ein absolutes Highlight dabei für mich die Szene zwischen der gealterten Essie MacGowan und Sweeney. Wie da in 3 Minuten die ganze Crux der "Kulturtransplantation" auf den Punkt gebracht wird ... Ich mein, gibt Filme die sich da 3 Stunden mit abmühen ...
Sweeney als Charakter generell faszinierend und die Entscheidung dem Charakter so eine Folge zu widmen (immer gebunden an Laura/Essie, aber dennoch) ist völlig gelungen. Was soll es, dass man dann etwas länger auf "Action" warten muss ? Durch diese Szenen wird dem Zuschauer transparent gemacht, dass irgendetwas objektiv extrem im argen liegt, wenn jemand wie Sweeney so eine miserable Entwicklung durchmacht. Jeder kann/konnte sich neu erfinden in den USA, auf der anderen Seite aber auch: Jeder muss/musste sich neu erfinden und manchmal ist die entstehende Version nicht unbedingt erstrebenswert.
Auch die Entscheidung, die junge Essie durch Emily Browning spielen zu lassen und damit eine Parallele herzustellen gefiel mir sehr, ohne jetzt zu wissen ob das jetzt das Buch "übersetzt" oder darüber hinaus geht ... Und Himmel, der Übergang vom Schließen des Buches zur Kamerafahrt zum irischen Leuchtturm ...
Es ist übrigens typisch, dass in 90% der Recaps/Reviews (die ich gelesen habe), die Reihenfolge der letzten Szenen vertauscht wird: Erst wird der Flashback mit Essie/Sweeney beschrieben, dann die Szene mit Sweeney/Laura in der Gegenwart. Dabei ist das kraftvolle der Szene ja, dass es eben nichts mit Laura zu tun hat (die Motivation zur Rettung liefert ja sein Flashback zur Nacht des Unfalls bereits !!). Sweeney tut etwas Gutes, dann kommt die kraftvolle Szene wie zur Bekräftigung.
Ok, das war jetzt mehr zu einer Folge und dann auch noch einer Folge ohne die beiden eigentlichen Hauptprotagonisten. Da mag man jetzt gerne was hinein interpretieren
Generell ist die Staffel aber letztlich in weiten Teilen ja tatsächlich eher eine Anthologie mit lose verknüpften Teilen denn eine durchgehende Story. Kein Ahnung wie das im Buch gelöst ist, hier erscheint es mir aber sehr gelungen als Loslösung vom Format der "Er/Sie" Erzählung des Romans (auch wenn ichs nicht gelesen habe, so viel habe ich mir sagen lassen
). Vermute, dass Shadow in Staffel 2 stärker betont wird.