Freaks and Geeks (1999)
Eine großartige Serie, die ich für die beste Produktion halte, an der Judd Apatow je mitgewirkt hat. Leider hat es damals nur für eine Staffel und insgesamt 18 Episoden gereicht.
Die Story spielt zu Begin der 80er Jahre und dreht sich um die Musterschülerin Lindsay Weir, die sich gelangweilt von der Oberflächlichkeit ihres schulischen Umfelds und der spießigen Moral des Elternhauses einen neuen Freundeskreis sucht - die Freaks. Coole Typen zwar, aber auch freiwillige Außenseiter an ihrer Highschool. Noten oder gar Anwesenheit sind für sie nebensächlich. Daneben gibt es noch die Geeks, einer davon ist Lindsays 14jähriger Bruder. Sie gehören zu der Sorte unfreiwilliger Außenseiter, die Sport hassen und sich stundenlang über Comics oder aktuelle Kinofilme mit Bill Murray unterhalten können. Meist bestehen die Episoden also aus zwei nebeneinander existierenden Storylines, die sich aber immer mal wieder überschneiden.
Was ist nun so toll daran? Also erstmal gelingt der Show ein phantastischer Mix aus Coming-of-age Drama und Highschool Komödie. Unglaublich wie harmonisch diese beiden Elemente kombiniert werden. Der Humor ist zumeist reichlich trocken und passend zum desillusionierten Weltbild der Freaks oft sarkastisch. Phantastisch hier vor allem Seth Rogen, der in der ersten Staffelhälfte zwar irgendwie verloren wirkt, im Prinzip nur One Liner raushaut und gelangweilt dreinschaut, später aber auch eigene Geschichten bekommt und sich weiterentwickelt. Überhaupt ist es untypisch, aber auch phantastisch, dass sich im Laufe der Serie die Figuren tatsächlich verändern, sich die ganze Gruppendynamik dem Geschehen anpasst. Vor allem auf der Seite des Freaks (3 Kerle, 2 Mädels) zu beobachten. Den Cast kann man als eine Art "Was war bevor sie berühmt wurden...?" betrachten. Neben Seth Rogen, der eher Nebendarsteller ist, spielen Jason Segel und James Franco die
teenage dirtbags. Mit dem von Segel dargestellten Nick hatte ich allerdings die meisten Probleme. Als leidenschaftlicher Kiffer und Drummer ist mir die Figur manchmal fast schon zu apathisch und naiv angelegt.
Die Freundschaft der drei Geeks untereinander wirkt dagegen einfacher, natürlich nicht ohne das ein oder andere Problemchen, aber am Ende einer Folge ist dann doch meist alles wieder gut. Wie gesagt, nur was das Verhältnis innerhalb der kleinen Gruppe angeht. In dem Alter und angesichts der Tatsache, dass sie zwangsweise zusammenhalten müssen aber glaubhaft. Alle anderen Probleme, ob mit den Eltern, den tyrannischen Mitschülern oder gar Mädchen lassen sich dagegen nicht so einfach innerhalb einer Episode lösen. Diese drei Figuren sind auf ihre Art gleichermaßen großartig, so ein tragikomischer Charakter wie Bill (Martin Starr) wird es wohl nie mehr im Zentrum einer TV Serie geben. Neal Schweiber ist dagegen die meiste Zeit einfach nur witzig und vielleicht mein Favorit. Bei den Geeks habe ich auch nie daran gedacht, dass hier drei Schauspieler in ihren Rollen miteinander interagieren, so natürlich wirken diese Kids, die sich wohl tatsächlich einfach nur selber spielen.
Die einzelnen Folgen sind in sich abgeschlossen, bieten keine Cliffhanger oder so, lösen aber bei Weitem nicht alle aufkommenden Konflikte auf. Dadurch fühlt sich die Show unglaublich realistisch an. Viele der auftretenden Nebenfiguren, die natürlich nur durch 1-2 Charakterelemente gekennzeichnet sind, kommen einem aus der eigenen Schulzeit so bekannt vor. Selbst in den traurigeren Momenten, und davon gibt es eine Menge, hat man oft ein Lächeln auf den Lippen. Einfach weil das Gezeigte so wahr ist, dabei die Erinnerung anregt und gleichzeitig warmherzig ausformuliert wird.
Dazu habe ich mich in so unglaublich vielen Momenten in der Protagonistin wiederfinden können. Ok, sie ist natürlich viel smarter, aber ansonsten... wow.
Die Geschichten selbst bieten exakt was man von diesem Genre erwartet und vielleicht schon in und auswendig kennt. Doch nie wurden sie so gut erzählt. Zumindest wenn man mit der zurückhaltenden Art was anfangen kann. Die erste Party während die Eltern außer Haus sind und die natürlich aus dem Ruder läuft, die erste Liebe und Trennung, Eltern verbieten Sachen (Konzert von The Who, mit bestimmten Leuten rumhängen), usw usw. Wie gesagt, alles dabei was zum Erwachsenwerden gehört. Auch wenn das Drehbuch äußerst sensibel mit den Figuren umgeht und sich die Regie angenehm zurückhält hat man nie das Gefühl, dass die Storys zu trocken oder gar langweilig erzählt werden.
Und wie oft habe ich mir während einer Folge gewünscht, auf welche Art man dieses oder jenes auflösen sollte, was man noch erzählen könnte und welche Dinge auch mal ungezeigt bleiben sollten, und dann bringt die Show exakt das, was ich mir vorgestellt habe. Die Folgen sind 45 Minuten lang und die Schlussviertelstunde ist dann einfach jedes Mal so verdammt grandios. Berührend, witzig, melancholisch, süß - alles gleichzeitig. Die Macher, die hier ihre eigenen Erfahrungen verarbeiten, spielen natürlich auch viel mit nostalgischen Momenten. Zwar würde meine eigene Show ein Jahrzehnt später spielen, aber die Gefühle sind zeitlos. All die 80er Requisiten und jugendkulturellen Anspielungen werden nie nur als Mittel zum Zweck gezeigt. Nach dem Motto "hey, wir befinden uns im Jahr 1980 und da trugen die Leute witzige Sweatshirts, hörten Discomucke mit ihrem Plattenspieler und spielten völlig verstaubte Videogames auf ihrem Atari." Nein, es fügt sich alles völlig natürlich und glaubwürdig ein.
Möglicherweise bin ich grade im genau richtigen Alter für diese Serie - die Schulzeit wirkt schon so weit weg, die meisten Erinnerungen sind aber noch nicht völlig verblasst. Ich könnte noch ewig weiterschreiben, am liebsten über jede einzelne Folge, eine Schwache gibt es sowieso nicht, aber am besten fange ich jetzt einfach mit der Serie nochmal von vorne an.
Wer mit dem Thema was anfangen kann und die Show noch nicht kennt: anschauen, anschauen, anschauen!
Ich persönlich konnte mir vielleicht noch nie so lebhaft vorstellen Teil eines Serienuniversums zu sein. Freaks and Geeks erwärmt und bricht einem das Herz.
DVD Trailer