TraveCortex
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Die Meinung von @TraveCortex würde mich interessieren. Sind deine (hohen) Erwartungen erfüllt worden?
Also für mich hat es von der ersten bis zur letzten Sekunde komplett gut gepasst und habe mich so gut unterhalten gefühlt wie schon ewig nicht mehr bei einer Serie. Ich war da aber auch nicht schwer zufriedenzustellen, weil ich das ganze Universum so cool finde, daher hätte es viele Möglichkeiten gegeben, dass es für mich funktioniert hätte. Für mich ist das locker 10/10 und ich habe mich voll drin gefühlt. In meinem Beitrag werden auch Spoiler auftauchen (also Serienspoiler, keine Spoiler die in den Büchern vorkommen), das nur schon so.
Aber ich will das Ganze mal etwas objektiver oder kritischer betrachten, deswegen hier mal ein paar Gedanken dazu, auch wenn es natürlich noch viel mehr zu sagen gibt. Ich habe noch keine Reviews gelesen, nur das was hier im Thread steht. Ich habe die Bücher gelesen und die 3 Games gezockt (+ paar Stunden Online-Gwint ) - die Staffel habe ich 1x mit einem guten Kumpel, der nur Witcher 3 gezockt hat und 1x mit Freundin geschaut, die überhaupt nichts wusste. Für beide hat die Serie funktioniert, wenn auch aus jeweils anderen Gründen.
Positiv ist mMn zu sehen, dass man merkt, dass sich mit dem Stoff beschäftigt wurde und das auch für Buchleser einiges neu war, da es eine Art Prequel zu den Büchern ist und wohl dann die Handlung der Bücher aufnehmen wird. Die Darstellung der Welt ist auch sehr gelungen. Die Figuren sind mMn so, wie sie sein sollten und auch die Beziehungen zueinander. Rittersporn hat meine Freundin auch genervt, nur ist er halt genau das - eine Nervensäge. Und das ist auch in den Büchern der Fall. Wenn man ihn also rein bringt, dann muss man es so wie in der Serie machen und das ist ein Hit or Miss-Charakter. Ich persönlich finde ihn großartig und ein wunderbarer Kontrast zur eher dunklen Welt, viele werden ihn aber auch einfach furchtbar finden.
Gefallen hat mir auch, dass Geralts Job als Hexer und die damit verbundene Monsterjagd nicht zu kurz kam - die Politik und der Rest ist auch sehr wichtig, aber das wurde mMn alles gut gemacht. Die Settings haben mir persönlich ganz gut gefallen, die Musik fand ich auch passend und sehr gut. Wichtig finde ich auch, dass man sich nicht davor scheut, viel auf Magie zu setzen - das gehört einfach dazu und wer das nicht mag, für den kann das alles nicht so richtig klappen, denke ich.
Nun mal zu ein paar negativen Sachen: Es geht nicht, dass so wenig erklärt wird. Die Bücher erklären übrigens auch vieles nicht und lassen viel Deutungsspielraum, aber das ist auch da schon nicht immer einfach. Wer manches schon kennt, für den ist es cool, dass wenig Screentime durch Erklärungen verschwendet wird, aber so geht das nicht.
Die Serie deutet so extrem viel an und erklärt dann einfach nix. Die Sphärenkonjunktion wird in einem Halbsatz genannt und dann nie wieder (als Esterad Yen davon erzählt, dass die Elfen ursprünglich den Kontinent beherrscht haben). Dann lieber weglassen und später aufgreifen, denn das kommt eh nochmal wieder. Die Hauptcharaktere werden auch nicht genug eingeführt oder durch andere beschrieben. Das zieht sich aber auch bei den Nebencharakteren durch, zum Beispiel wird über Tissaia de Vries wenig gesagt, dafür hat sie aber immerhin Screentime. Aber warum erklärt man nicht, warum die Magier genau an den Höfen der Könige sind um sie zu beraten und was das mit dem Kapitel (diese "Magierzusammenkunft") genau zutun hat - es bleibt alles im Dunkeln, hierr hätten Infos geholfen. Um auch die Zusammenhänge etwas deutlicher zu machen. Oder auch als Ciri im Brokilon (dem Wald) ist - das ist ein sehr wichtiger Ort, kommt aber fast 0 rüber. Auch bei der Magierschule Aretusa ist das alles sehr spärlich. Oder Geralts Mutationen, das ist ja nun wirklich nicht unwichtig. Auch so kleinere Sachen, z.B. die Dimeritiumfesseln bei Mäussack (der durch den Doppler getötet wurde). Und das sind alles nur ein paar Beispiele.
Ich bin jemand, der während Serien sehr wenig dazwischen quatscht, aber ich habe mich sowohl bei meiner Freundin als auch bei meinem Kumpel öfters veranlasst gesehen, eine kurze Erklärung einzustreuen (was ich eigentlich nur im Notfall mache), weil fragende Gesichter zurückblieben und die Serie die Erklärungen unterlassen hat und das darf nicht sein. Ich will übrigens auch nicht behaupten, dass ich alles verstanden oder gecheckt habe oder dass ich alles über das Universum weiß - überhaupt nicht.
Das bringt mich zu einem weiteren Kritikpunkt: Die Handlung wirkte zu unübersichtlich. Ich habe erst beim 2. Mal schauen knapp verstanden, was da in Folge 3 mit der Striege los war bzw. wie das alles zusammengepasst hat. Und: Ein Zeitsprung oder unterschiedliche Zeitlinien müssen deutlicher gemacht werden. Es kann nicht sein, dass Yennefer mal eben beiläufig in der Kutsche erwähnt, dass sie 3 Jahrzehnte am Hof gedient hat und das war es. Auch die unterschiedliche Zeitlinie von Geralt und Ciri...kann man ja machen, aber stellt es doch etwas deutlicher heraus. Und das muss man im Blick behalten, denn sowohl Geralt als auch alle Magier*innen altern optisch nicht - Geralt weil er halt Hexer ist und die Magier weil Illusionszauber die "ewige Jugend" aufrechterhalten. Das Problem der Verwirrung wird also bleiben, wenn man das nicht besser macht.
Das CGI war sehr abenteuerlich, was mir aber gar nicht gefallen hat, ist, dass die Elfen so unglaublich riesige Ohren haben - ist vielleicht nur eine Kleinigkeit, aber das sieht leider etwas lächerlich aus, weil die ganze Geschichte um die Elfen sehr ernst ist und diese auch anmutig und elegant wirken sollten.
Am Ende habe ich noch einen ganz persönlichen Kritikpunkt. Den Cast finde ich bisher gut (da würde ich mich auch als tolerant einschätzen), aber ich habe ein Problem mit einer Besetzung und das ist die Figur des Magiers Vilgefortz, der bisher nur in den letzten 2 Folgen vorkam. Mal davon abgesehen, dass es einer meiner absoluten Lieblingscharaktere ist, wird er noch sehr wichtig werden und der Schauspieler bringt nicht die Präsenz, die ich mir da erhofft hatte. Überhaupt nicht.
Die Serie kann sich von hier an noch in ganz viele Richtungen bewegen. Da es eine Fülle von Charakteren gibt, die noch gar keine Rolle gespielt haben, aber auch wichtig sind, wird es noch viele Möglichkeiten geben. Aber es muss sich definitiv mehr Mühe bei den Erklärungen gegeben werden. Sonst wird man weiter die Leute abschrecken, die noch nicht viel damit zutun haben und es kann nicht sein, dass man als Voraussetzung die Bücher gelesen oder die Games gezockt haben muss, finde ich.
Ich persönlich bin aber heiß auf alles was da noch kommen wird.
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