Die Serie ist radikal aus der Ich-Perspektive einer Londoner Frau in ihren frühen 30ern erzählt.
Phoebe Waller-Bridge (Autorin und Produzentin von Killing Eve, Darstellerin in Broadchurch) spielt die Hauptrolle, schreibt die Drehbücher und produziert. Dieser Dreiklang tut der Serie sehr gut, denn Waller-Bridge schont sich nicht. Die vierte Wand wird sehr häufig durchbrochen und das funktioniert hervorragend. In dieser Hinsicht erinnert mich Fleabag an die großartige US-Serie You. Beiden Serien hilft das auch enorm beim Pacing.
Waller-Bridge spielt eine intelligente und ultra schlagfertige Frau, die allerdings wegen ihrer, nennen wir es mal oberflächlich chaotischen Ader finanzielle und soziale Probleme hat. Sie hat einige Pakete mit sich herumzutragen, was sich besonders in ihrem Sexleben zeigt. Sie ist im Prinzip beziehungsunfähig, schafft es aber immer wieder, Männer so zu manipulieren, dass sie dann doch das bekommt, was sie will. Ihr sexuelles Verlangen ist nahe an der Sexsucht. Sie konsumiert regelmäßig Pornos. In einer Szene (ist kein Spoiler) befriedigt sie sich während einer Rede zur Außenpolitik von Obama - während ihr Freund neben ihr liegt.
Fleabag ist eine Dramedy im besten Sinne. Sehr authentisch, schockierend ehrlich, traurig, bewegend. Aber auch immer wieder mit richtig guten Gags. Chapeau für das Timing. Von den Simpsons abgesehen musste ich in letzter Zeit selten so intensiv lachen.
Die größte Stärke der Serie ist aber mMn die durch und durch weibliche Perspektive, aus der heraus die Handlung erzählt wird. Das ist wahnsinnig erfrischend, weil man das einfach kaum so zu sehen bekommt. Also ich habe das in dieser Form zuvor noch nicht gesehen.