Sean Combs: The Reckoning
Nachdem ich mich in Sachen Hip Hop beim Doku-Film 'Haftbefehl' weitergebildet hatte, erweitere ich nun mein Spektrum mit Sean Combs.
Vorweg: Ich finde die Serie super - gerade für jemanden wie mich, der von dem Genre keine Ahnung hat, war es extrem informativ und verdammt gut aufgebaut. Chronologisch wird die Entstehung von Bad Boy Records und der Kunstfigur P. Diddy erzählt. Viele Wegbegleiter kommen zu Wort, das Doku-Material wird hervorragend eingebunden.
Der Clou: Als erzählerische Klammer fungieren offenbar geleakte Aufnahmen, die Sean Combs selbst kurz vor seiner Verhaftung in Auftrag gegeben hat und die ihn in all seiner monströsen Intimität im Austausch mit seinen Anwälten und seinem Image-Team zeigen.
Ironie der Geschichte: Eigentlich wollte Diddy mit gekonnten Schnitten des Materials sein Image positiv zurecht rücken, aber da nun auch nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Teile gezeigt werden, erreicht er das Gegenteil.
Aus mehreren Gründen gefällt mir die Doku wesentlich besser als 'Haftbefehl'.
- Insgesamt scheint mir das Sujet des amerikanischen Hip Hop mit den Vertretern Tupac und Notorious B.I.G. eine viel größere popkulturelle Relevanz zu haben.
- Der Aufbau und die Darstellung sind einfach besser gemacht.
- Haftbefehl war mir zu monothematisch mit dieser Beschränkung auf Koks und die Auswirkungen. Habe ich genug von selbst gesehen und fand das sehr limitierend.
Ehrlich gesagt hatte ich von Sean Combs erst im Zusammenhang mit den Prozessen gehört. Da wunderte ich mich noch über den Aufschrei, dass er doch tatsächlich Prostituierte über Landesgrenzen hinweg transportiert hätte.
Aber was in dieser Doku für eine absolut toxische, gewalttätige und niederträchtige Person gezeichnet wird - wow, das hätte ich in dieser Form nicht für möglich gehalten. Durchgehend widerwärtig!
Da sagen auch einfach zu viele Zeugen und Weggefährten aus, als dass dies alles erfunden sein könnte. Das Video-Material, wie er seine Lebensgefährtin Cassie Ventura niederschlägt, tritt und dann über den Flur schleift - kaum auszuhalten.