O-scoring Vitali Klitschko vs Christobal Arreola


Roberts

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Vitali hat eine starke Leistung gegen einen jederzeit absolut überforderten Gegner gezeigt. Es war ein weiterer Kampf einer der Klitschko-Brüder, bei denen es weiterhin leicht fällt, den Kampfverlauf zu prognostizieren, da sie alles was ihnen vor die Fäuste gesetzt wird bis zum abwinken dominieren. Dabei ist der Leistungsunterschied so groß, dass beide es sich erlauben können Schwächen zu haben, ohne das die Gegner daraus Kapital schlagen können.

Arreola hatte im Kampf einen Plan A - worin auch immer der bestanden haben mag. Vielleicht darin,
- Vitali mit Schlägen zum Körper die Luft zu nehmen. Treffer konnte er über die Runden durchaus verbuchen, insgesamt aber viel zu wenig.
- Druck machen und am Mann zu explodieren, seine gefürchteten Kombinationen abzuladen. Arreola war immer der Mann im Vorwärtsgang. Leider hat das Vitali überhaupt nicht unter Druck gesetzt. Vitali boxte hervorragend effizient im Rückwärtsgang.
- Treffer durch eine gute Doppeldeckung zu verhindern. Das ist nun völlig schief gegangen. Vitali hat aus Distanz und Halbdistanz immer wieder durch die löchrige Doppeldeckung getroffen. Der Jab fand häufig sein Ziel. Gerade Vitalis Linke hat immer wieder eine zerstörerische Wirkung hinterlassen. Ein Zermürbungssieg par excellence.
- sich auf die guten Nehmerfähigkeiten zu verlassen und Vitali sich müde schlagen zu lassen. Optisch machte es auf mich den Eindruck, als würde Vitali in den mittleren Runden deutlich einen Gang zurückschalten, in den Runden 8 und 9 schien mir seine Workrate deutlich einzubrechen - Die Zahlen stützen das allerdings nicht wirklich.

Arreola, der auch in der Niederlage sympathisch blieb, sprach im Interview nach dem Kampf von der unglaublichen Beinarbeit Vitalis und davon, dass Vitali auf alles was er versuchte, immer eine noch bessere Antwort gehabt hat.

Es bleibt schon eigentümlich, dass ein sich so scheinbar ungelenk bewegender Boxer bar jeder Geschmeidigkeit in Wirklichkeit einen so hoch effizienten Bewegungsstil hat, der es ihm erlaubt viele Treffer zu vermeiden, ihnen die Wucht zu nehmen und selber wieder mal aus allen unlehrbuchmäßigen Lagen selber Treffer anzubringen und völlig ohne Deckung zu boxen. Vielleicht liegt Vitalis eher niedrige KO-Quote gegen namhafte Gegner auch gerade darin begründet, weil er auch bewegungstechnisch und stilistisch eher seltener dazu in der Lage ist, sein volles Gewicht hinter die Schläge zu bringen. Trotzdem ist die Schlaghärte noch so groß, dass er zunächst den Gegner damit demoralisiert und ihn dann damit fast chirugisch zerlegt. Arreolas Wille hätte ihn wohl auch noch bis zum Ende des Kampfes getragen, gesund war es schon einige Runden vor dem Abbruch nicht mehr.

In der nicht neuen Erkenntnis dieses Kampfabends mag eine große Langeweile liegen, sie Vitali anzulasten und gar auf seinen Rücktritt zum jetzigen Zeitpunkt zu setzen, damit die Boxer der weit entfernten zweiten Reihe die Titel in attraktiveren, weil ausgeglicheneren Kämpfen unter einander ausboxen, halte ich für geradezu absurd. Es bleibt daher dabei:

Solange der gesamte mal mehr, mal minder ambitionierte und talentierte Schwergewichtsnachwuchs schon daran scheitert, nicht nur boxerisch sondern auch körperlich (von strategisch ganz zu schweigen) den Klitschkos ebenbürtig zu sein, werden sie auch mit nachlassenden boxerischen Möglichkeiten das Schwergewicht über Jahre dominieren. Die ohnehin wenigen Reihen der Hoffnungsträger lichten sie weiter. Als nächstes wird wohl ein ebenso unprofessionell vorbereiteter Kevin Johnson zerlegt.

Wer kommt dann noch?

- Eddie Chambers macht den Eindruck, endlich begriffen zu haben, dass körperliche Fitness eine Voraussetzung für die Konkurrenzfähigkeit ist. Hoffentlich kein Strohfeuer. Von allen anderen Parametern her, wird er es schwer haben.

- Povetkin und seine Entourage haben frühzeitig in einem Akt der Selbsterkenntnis merken müssen, dass es für keinen der Klitschkos so reicht.

- David Haye erscheint vielen als Prototyp eines ernsthaften Herausforderers: fit, schnell und beweglich. Leider hat er diese Qualitäten in peinlichen Akten in letzter Zeit nur außerhalb des Rings mit seiner Klappe unter Beweis gestellt und erinnerte mich dabei ein wenig an den ebenfalls sehr fiten, schnellen und beweglichen Herbie Hide, der vor dem Vitali-Kampf auch nur mit markigen Sprüchen aufgefallen ist. Im Ring gab es dann ein Debakel. Haye scheint da etwas cleverer zu sein. Er trat gar nicht erst an.

- Denis Boytsov, Francesco Pianeta, Chazz Witherspoon, Odlanier Solis, Alexander Ustinov und Malik Scott haben bisher noch keinen Anlass gegeben, an irgendeine Chance zu glauben.

Trotzdem: Das alles ist nicht der Fehler der Klitschkos. Solange beide soviel besser als der Rest sind, haben sie ein Recht dort zu stehen, wo sie sich befinden und sollten, solange wie sie diese Position halten können, ihre Kämpfe bestreiten. Die Fehler, die zur Langeweile führen, liegen bei den Anderen.

Roberts
 

Emperor

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@ Roberts

:thumb: :thumb: :thumb:

Eine wirklich gute und nüchterne Analyse des Kampfes, ohne Fangesänge oder Haterrufe. Wirklich gut.
Zu Vitalis Zukunft ist meine Meinung, dass jetzt ein sehr guter Zeitpunkt für einen Rücktritt wäre. Vitali hat alles erreicht und ein erfolgreicher Sportler kann durchaus auch mal auf seinem sportlichen Höhepunkt aufhören. Damit hätte Vitali manch anderen Boxern und Sportlern im allgemeinen einiges voraus.

So, wo sind bitte die Leute hin, welche sagten dass der Kampf in den ersten 3-4 Runden vorbei ist?

Hier bin ich :) . Ich hab schon mit einer solchen Überlegenheit Vitalis gerechnet, jedoch nicht damit, dass Arreola so unglaublich zäh ist. Der Kerl hat entgegen meiner Vermutungen ein ausgezeichnetes Kinn und ein riesiges Herz. Hoffentlich hat ihn diese Niederlage mental nicht gebrochen, ich würde ihn gerne mal gegen einen Haye oder einen Wladimir sehen.

Für mich ist er schon ein ATG und Face-to-Face sehe ich in der Boxgeschichte sehr wenige HWs die ihn besiegen würden.

Das sehe ich genau so. Um eines auch mal ganz deutlich zu machen. Für mich ist Vitali der klar bessere Klitschko und in meinen Augen ist Wladimir kein ATG und wird auch keiner mehr werden ;) .
 

Totto

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Mich hat Arreola positiv überrascht.

Nicht nur mir seinem Kampfgeist und Kinn. Seine Beinarbeit, Deckung und Kondition waren deutlich besser als ich erwartet hatte. Gefallen haben mir auch seine schnellen Hände, manche guten Jabs und Körpertreffer und die recht guten Konter. Ich würde Ihn so direkt hinter den Klitschkos auf Rand 3 im HW-Ranking einordnen.

Trotzdem hatte er nur eine Lucky-Punch-Chance. Vitali wurde ja kaum getroffen, dank seiner hervorragenden Beinarbeit (welcher große, schlagstarke HW hat so eine Beinarbeit?!?) und dank seiner überragenden Übersicht. Er hat einfach jederzeit die Kontrolle gehabt. Ich sehe auf absehbare Zeit niemanden, der Ihn schlägt. Auch rückblickend tue ich mich sehr schwer. Ein Prime Holyfield oder Tyson vielleicht, aber auch die würde ich nicht als klare Favoriten sehen. Der einzige, den ich im direkten Vergleich etwas stärker einschätze, ist Lennox Lewis.
 

The-Real-Deal

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Haye hat selbst zugegeben, dass er ein schwaches Kinn hat und sich deshalb nicht über die Ranglisten zu einem Title-Shot hochkämpfen will. Der Mann kann sicherlich für einige spektakuläre Kämpfe im Schwergewicht sorgen und sogar Weltmeister werden. Als "Zukunftshoffnung" im Sinne einer längeren Regentschaft im HW und damit als Nachfolger der Klitschkos sehe ich ihn allerdings nicht. Aber im derzeit so schwach besetzten Schwergewicht klammert man sich ja wirklich an jeden Strohhalm.

Nein ich klammere mich nicht an jeden kleinen Strohalm.
Ich sehe selbst das dass HW im Moment nicht sehr gut besetzt ist.

Deshalb schrieb ich ja auch: Nur David Haye und davon das Haye ein großer wird bin ich überzeugt!

@Totto: Ich fand Vitali auch sehr gut gegen Arreola. Aber Holy oder Tyson in Ihren besten Tagen sind dann doch über Ihn einzuordnen.
Für Heute ist Vitali im Moment das Mass aller Dinge aber Ihn als fast unschlagbaren HW der letzten Jahre einzuordnen ist doch übertrieben finde ich.

The-Real-Deal :wavey:
 

Schlonski

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Guter Beitrag von Roberts.

Vitali macht den Eindruck, dass die vier Jahre Pause ihm weit mehr genützt als geschadet haben. Der Kampf gegen Arreola war schon nahe an der Perfektion.

Super Beinarbeit.
 

Emperor

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Könntest Du das mal begründen?

Klar ;):

Also, meiner Definition nach ist ein ATG ein Boxer, den man (ähnlich wie Tony Jaa schon schrieb) mit jedem Weltmeister aus der Epoche in einen Ring stellen könnte. Vitali hätte meines Erachtens nach auch gegen Legenden wie Tyson, Ali, Holyfield, Lewis und co. realistische Chancen auf einen Sieg.
Wladimir hat an Titeln auf dem Papier natürlich mehr erreicht, dennoch würde ich ihn gegen genannte Boxer als Außenseiter sehen. Er ist genau dann gut, wenn er seinen Gegnern körperlich überlegen ist und seinen Stiefel durchboxen kann. Würde ihm dies auch gegen Lewis, Ali oder Holyfield gelingen. Ich glaube nicht.

Jeder der Lust hat, kann dieses Thema gerne per PN mit mir aufgreifen, hier geht es ja eigentlich um Vitali und Arreola ;) .
 

tcschmidt

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Glück oder ?

mir ist im Kampf aufgefallen, dass Vitali sich den Schlägen seines Gegner oft durch "einfaches" Ausweichen entzogen hat. Da fanden auch in Situationen, wo man meinte, dass Vitali aufgrund der Distanz da den kürzeren ziehen würde, ordentliche Schwinger vom Arreola sein Ziel nicht, da Vitali mit dem Kopf rechtzeitg weg war. Der gute ist 38 und hat solche Reflexe, oder ist das einfach nur Glück.. :licht:

Jedenfalls eine taktische Meisterleistung vom Vitalen und beileibe kein unattraktiver Kampf, der da geboten wurde. Mir hats gut gefallen.

Da ich den Kampf am Sonntag vormittag in der Wiederholung gesehen hatte.. vorher gab es im Hause Radio, TV, Videotext und Internetverbot :D hätte ich aber kurz vor dem Kampf, als die beiden Moderatoren da was von "Es kam alles ganz anders" faselten.. bald einen Herzkasper bekommen und wäre denen mit dem n.. A. ins Gesicht gesprungen.. wenn die Scheibe nicht dazwischen gewesen wäre :wall: Deppen..
 

Competition

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Für mich hat Vitali eine enorm starke Leistung abgeliefert gegen einen Gegner, den ich schon vorher mochte / als stark einschätzte, der mich aber sogar noch positiv überrascht hat!

Vitali ist wie sein Bruder darauf bedacht, keine Treffer zu kassieren, doch mindestens ebenso sehr ist sein Ziel, eigene Treffer zu setzen. Dies gestaltet er dann äußerst variabel: Jabs, Haken, Geraden, Körpertreffer und dies alles mit beiden Fäusten. Alleine aus diesem Grunde ist er ein kompletterer Boxer als Wladimir und vor allem "aufregender". Sobald der Gegner auch nur eine Schwäche zeigt, einen Schritt zurückgeht, einen Schwinger vorbei schlägt, schaltet er aus der Defensive in einen kalten Killermodus. Seine Beinarbeit, die alles erst möglich macht, ist dabei nicht "schön", aber ein Paradebeispiel für Effizienz.

Arreola hat es wirklich versucht und trotz mangelnder Anzahl an eigenen Treffern konnte er durchaus Druck erzeugen und Vitali dadurch zu hohem Schlagoutput und viel Bewegung zwingen. Ein linker Haken in der vierten Runde saß perfekt und hätte so manchen Gegner gefällt. Aber letztendlich war er chancenlos. Dennoch Respekt an Arreola und Daumen hoch für Vitali :thumb:.

Gruß, Competition
 

Drago

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Der gute ist 38 und hat solche Reflexe, oder ist das einfach nur Glück.. :licht:

Sorry, aber Arreolas Schläge sind wirklich nicht so schnell als dass man Vitalis Reflexe daran ausmachen kann. Auf ner Skala von 0-10 haben Arreolas Punches in Sachen Speed maximal ne 6-7.

Wär genau so als wenn ich im Tennis sagen würde: "Boah, returniert der gut", dabei hat der Gegner nur nen knapp über Durchschitt Aufschlag.

Aber Vitalis Gesamtleistung war auf selbiger Skala ne 9-10.
 

Kimbo Slice

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Mein Statement

Als ich mir den Kampf angeschaut habe, war ich extrem beeindruckt von der Beinarbeit Vitalis. Dieser Kampf gehört in jedes Lehrvideo, einfach große Klasse.

Zum Thema Vitali in Rücktritt:
Es stimmt schon, dass es leider so ist, dass Vitali zu einer Zeit dominiert, wo im HW die Gegnerschaft wenig Qualität aufweist. Ist Vitali ein Alltime-Great? Nach der Dominanz zu urteilen: ja. Doch man wird immer wieder bei heißen Diskussionen unter Boxfans das Argument bringen können, dass Vitali keine großen Fighter besiegt hat. Jeder große Fighter hat Legenden im Kampfrekord. Vitali hat meiner Meinung nach nur eine Legende, und das war Lennox Lewis, und den Fight hat er verloren. Dieser Fight kratzt an Vitalis Legacy und das weiß Vitali nur zu gut; nicht umsonst versucht er diesen Kampf als Sieg zu bezeichnen.
Wenn Vitali wirklich mit den großen Champs genannt werden will, dann kann er das nur schaffen, wenn er noch einige Jährchen kämpft und die Ära noch ca. 3-4 Jahre dominiert.
Man kann das ungefähr damit vergleichen:
Einige Könige sind berühmt für ihre Schlachten, und einige sind berühmt dafür, dass sie eine sehr lange Zeit regiert haben. Vitali wird man wohl in der Boxgeschichte in Erinnerung behalten, wenn er sehr langen weiterhin dominiert. Und wieso sollte er das auch nicht? Vitali bekommt in seinen Kämpfen extrem wenige Treffer. Gesundheitlich ist also bisher wohl kein großes Problem. Wieso sollte er aufhören, wenn er mit jedem Fight Millionen macht, ohne ernsthaft in Gefahr zu kommen und das Boxen ihm offensichtlich Spaß macht?
Ich dachte erst, dass er aufhören sollte, aber nach Überlegung würde er damit "leichtverdientes" Geld aus dem Fenster schmeißen.

Ich sehe zur Zeit weit und breit niemanden, der Vitali gefährlich werden könnte; würde mir aber einen Fight gegen Valuev jedoch sehr gerne anschauen.

Hier ist übrigens ein interessantes Statement von HBOs Lampley, der indirekt viele Herausforderer der Klitschkos kritisiert:
http://www.youtube.com/watch?v=xMInQ1P6au0
 

xEr

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Man kann das ungefähr damit vergleichen:
Einige Könige sind berühmt für ihre Schlachten, und einige sind berühmt dafür, dass sie eine sehr lange Zeit regiert haben. Vitali wird man wohl in der Boxgeschichte in Erinnerung behalten, wenn er sehr langen weiterhin dominiert.



Wenn käme Wladimir dafür eher in Frage. Der hat seinen Titel schon zigmal verteidigt, zwei mal vereinigt (chagaev zähle ich dazu), seine letzten 11 Kämpfe gewonnen und ist mit 33 noch im besten Alter. Der kann, wenn er will, noch locker 3-4 Jahren alles dominieren.

Vitalis Stärke ist nicht sein Rekord oder die Länge seiner Dominanz, sondern die Art und Weise wie er kämpft. Gegen fast jeden ATG hätte er wohl gute Chancen, auch wenn er leider nie richtig die Möglichkeit bekommen hat, das unter Beweis zu stellen.
Außerdem haftet an ihm immernoch ein bischen der Mythos des "Unbesiegbaren" an (auch wenn die Hater das natürlich anders sehen). Er war einfach nie am Boden, lag nie nach Punkten hinten und konnte nur durch Verletzungen gestoppt werden..dazu seine hocheffektive Zermürbertaktik.
Ich finde Vitali kann ruhig noch ein paar Kämpfe machen, so lange er körperlich gut in Form bleibt und nicht zu sehr abbaut. Gar nicht mal unbedingt wegen der Lagency, sondern einfach weil ihm Boxen momentan viel Spass zu machen scheint und er noch ein paar gute Kämpfe im Tank hat.
 

Roberts

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Vitali hätte meines Erachtens nach auch gegen Legenden wie Tyson, Ali, Holyfield, Lewis und co. realistische Chancen auf einen Sieg.
Wladimir hat an Titeln auf dem Papier natürlich mehr erreicht, dennoch würde ich ihn gegen genannte Boxer als Außenseiter sehen. Er ist genau dann gut, wenn er seinen Gegnern körperlich überlegen ist und seinen Stiefel durchboxen kann. Würde ihm dies auch gegen Lewis, Ali oder Holyfield gelingen. Ich glaube nicht.

Danke für die Begründung. Ich denke, es sprengt nicht den Rahmen dieses Threads, weil sich ein Vergleich der beiden Brüder geradezu aufdrängt. Mit der ATG-Bezeichnung bin ich noch etwas vorsichtig. Insgesamt sehe ich es so, wie Competition es treffend beschrieben hat:

Vitali ist wie sein Bruder darauf bedacht, keine Treffer zu kassieren, doch mindestens ebenso sehr ist sein Ziel, eigene Treffer zu setzen. Dies gestaltet er dann äußerst variabel: Jabs, Haken, Geraden, Körpertreffer und dies alles mit beiden Fäusten. Alleine aus diesem Grunde ist er ein kompletterer Boxer als Wladimir und vor allem "aufregender". Sobald der Gegner auch nur eine Schwäche zeigt, einen Schritt zurückgeht, einen Schwinger vorbei schlägt, schaltet er aus der Defensive in einen kalten Killermodus. Seine Beinarbeit, die alles erst möglich macht, ist dabei nicht "schön", aber ein Paradebeispiel für Effizienz.

Insgesamt ist der Niveau-Unterschied zwischen beiden Klitschkos nicht so groß, dass man beide m.E. nicht in einem Atemzug nennen könnte. Trotzdem, obwohl für mich bei Vitali durchaus Spuren des Alterungsprozesses zu erkennen sind (nicht mehr ganz so explosiv, scheinbar in den hinteren Runden etwas nachlassend), ist er seit seinem Comeback als Boxer noch kompletter und variabler geworden. Wie oft hat er Arreola gestern seine Version eines Aufwärtshakens reingezimmert? Ein Schlag, von dem man früher zu recht sagte, dass er bei den Klitschkos im Kampf nie stattfinden würde. Wie gut war Vitali im Rückwärtsgang, etwas wovon vor nicht so langer Zeit gesagt wurde, dass das zu seinen Schwächen gehören würde, was er gar nicht könnte.

Die Wahrheit ist für mich folgende: Vitali war als Zermürber schon immer effizient, seine Meidbewegungen schon immer top. Hinzugekommen ist aber eben auch noch eine Weltklasse-Beinarbeit, die die seines Bruders m.E. noch in den Schatten stellt und ein noch erweitertes Schlagrepertoire. Ich erinnere mich noch an die Kämpfe gegen Vaughn Bean und Larry Donald, in denen mit fürchterlich schlechter Beinarbeit breitbeinig durch den Ring getapst ist.

Wladimir hätte gestern Arreola m.E. genauso dominiert, wie es Vitali getan hat. Arreola wäre "zerjabt" worden und hätte sich ebenfalls, allerdings nur gelegentlich, die Linke und Rechte eingefangen. Wladimir hätte den ebenso dominanten Sieg mit deutlich sparsameren Mitteln erboxt.

Die Tatsache, dass Vitali wesentlich unorthodoxer agiert als der lehrbuchmäßigere und geschmeidigere Wladimir führt m.E. häufig zu der irrigen Annahme, Wladimir sei der komplettere Boxer. Der Kampf gestern hat spätestens gezeigt, dass das nicht richtig ist, wie Competition aus meiner Sicht völlig richtig schrieb.

Vitali ist daher für mich seit gestern erst recht die aktuelle Nr. 1 - ob es gegen die früheren Größen reichen würde, bleibt eine zulässige und eine immer berechtigtere Spekulation. Die Argumente pro Vitali haben seit dem Kampf gegen Arreola an Gewicht gewonnen, was nicht so sehr am anerkennenswert tapferen und bemühten Gegner liegt, sondern an den Möglichkeiten, die Vitali gestern offenbart hat.

Der gestrige Vitali hätte gegen den Past-Prime-Lewis wohl anders geboxt und noch besser ausgesehen. Tyson, Holyfield, Bowe & Lewis zu ihren besten Zeiten waren aber ganz andere Kaliber.

Das ich Vitali mal soviel Klasse zuschreiben würde (und eigentlich auf seine spezifische hocheffiziente Weise auch Wladimir) hätte ich zu Franz`schen Zeiten nie gedacht, mit dem ich zwar selten bei der Wortwahl, häufig inhaltlich einer Meinung war, was die Beiden betraf. Vitalis Entwicklung ist beeindruckend.

Roberts
 

The-Real-Deal

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Wenn käme Wladimir dafür eher in Frage. Der hat seinen Titel schon zigmal verteidigt, zwei mal vereinigt (chagaev zähle ich dazu), seine letzten 11 Kämpfe gewonnen und ist mit 33 noch im besten Alter. Der kann, wenn er will, noch locker 3-4 Jahren alles dominieren.

Vitalis Stärke ist nicht sein Rekord oder die Länge seiner Dominanz, sondern die Art und Weise wie er kämpft. Gegen fast jeden ATG hätte er wohl gute Chancen, auch wenn er leider nie richtig die Möglichkeit bekommen hat, das unter Beweis zu stellen.
Außerdem haftet an ihm immernoch ein bischen der Mythos des "Unbesiegbaren" an (auch wenn die Hater das natürlich anders sehen). Er war einfach nie am Boden, lag nie nach Punkten hinten und konnte nur durch Verletzungen gestoppt werden..dazu seine hocheffektive Zermürbertaktik.
Ich finde Vitali kann ruhig noch ein paar Kämpfe machen, so lange er körperlich gut in Forum bleibt und nicht zu sehr abbaut. Gar nicht mal unbedingt wegen der Lagency, sondern einfach weil ihm Boxen momentan viel Spass zu machen scheint und er noch ein paar gute Kämpfe im Tank hat.

Wieder Zustimmung.
Ausser (Ich bin kein Klitschko Hater) das er nie verloren hat.
Verletzungen zählen eben auch dazu.
Wäre ja das selbe als wenn ein Sifahrer sagen würde: Ohne den Sturz hätte ich gewonnen.

Ich finde aber auch Vitali sollte noch ein paar Fights machen.
Wichtig ist dabei nur das er nicht über seinen Zenit hinaus weitermachen sollte - aber ich denke die Gefahr besteht ohnehin noch nicht.

Zum Thema langjähriger Champion und Holy und Tyson hätten nur ein paar Schlachten geschlagen: Wer ist den der einzige 4 malige HW Champ??
Das ist jetzt nicht gegen Vitali aber ihn mit diesen Leuten zu vergleichen finde ich nicht okay.
Nicht das Vitali vielleicht nicht mithalten könnte sondern einfach weil Holy oder Tyson doch andere Kaliber als Gegner hatten, aber dafür kann Vitali ja nichts.
Der einzige Gegner Vitalis der für mich die Klasse eines Holy oder Tyson hatte war LL.

Klar Heute würde Vitali jeden HW (Ausser Haye für den ich Chancen sehe) klar besiegen aber Ihn als besten HW der letzten Jahrzehnte hinzustellen ist doch übertrieben.

Und wie gesagt ich bin KEIN Klitschko Hater und sehe Vitali sehr gerne Boxen.

The-Real-Deal :wavey:
 

Tiger6

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Soso, du findest also Klammern "großartig" und "spektakulär", :D. Na ja, manche glauben sogar noch, daß der Klapperstorch die Kinder bringt oder die Erde eine Scheibe ist.

Das bezog sich natürlich auf seinen Boxstil insgesamt. Ich fand nur deinen Versuch Vitali hier in die Klammeraffenecke zu schieben ziemlich daneben.
 

IronO

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Wow was für ein Kampf er hat Arreola einfach demontiert genau wie sein Bruder das mit Chagev getan hat. Die beiden sind einfach mit Abstand die besten im Schwergewicht und gehören sicherlich auch zu den besten aller Zeiten, ich bin kein Fan und sogar gegen Wladimirs Kampfstil aber das muss man einfach anerkennen. Ich denke aber das die beiden es nicht mehr solange machen werden und dann Leute wie Arreola, Chambers, Haye die neue Generation darstellen wo jeder jeden Schlagen kann. Hat eigentlich jemand den Kampf von Jonathan Banks gesehen laut Boxrec konnte er nur über MD Decision Gewinnen???
 

buta

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Was spricht gegen die ATG-isierung Wladimirs?

Könntest Du das mal begründen?

Roberts

Abgesehen von der auf Leichtsinnigkeit fußenden Niederlage gegen Puritty: Wladimir hat gegen zwei der drei besten Gegner seiner Karriere - Sanders und Brewster - vorzeitig verloren. Er ließ die erste Scharte von seinem Bruder auswetzen; den zweiten Makel bereinigte er in einem sportlich gesehen überflüssigen Fight gegen den fast-invalide gewordenen Rekonvaleszenten Brewster. Das ist ein Minuspunkt.

Alle anderen Gegner - außer Rahman - waren zum jeweiligen Zeitpunkt des Kampfes legitime Top-15-Kandidaten in einer Schwächephase der Gewichtsklasse, Ibragimov und Chagaev dafür zwei eklatant schwächelnde Weltmeister, die in den Kämpfen zuvor schon durch schlechte Leistungen aufgefallen und dann zu Recht entthront worden sind. Die Tatsachen, daß die ganz großen Namen im Rekord fehlen, und Wladimir gegen die besten Gegner seiner Karriere KO gegangen ist, verhindern mMn den Status eines ATG schon jetzt.

Vitali hingegen dominiert in seiner aktiven Phase genauso wie sein Bruder, hat aber dafür mit Lewis einen ATG geboxt und damit den letzten "großen Schwergewichtskampf" geliefert (etwas, das Wladimir trotz diverser Vereinigungen nie gelungen ist), Sanders geschlagen und sich gegen Kundschaft erfolgreich aus der Affäre gezogen, die der Wladimirs in nichts nachsteht. Hinzu kommt der Sachverhalt, daß er in seiner Karriere nur von Verletzungen gestoppt worden ist, niemals aus dem Kampf heraus selber verloren - und alle Siege abzüglich des Hoffmann-Kampfes vorzeitig eingefahren hat. Obwohl ich von Sanders nicht soviel halte wie andere hier, glaube ich, daß man am Hobby-Golfer durchaus ein Rangverhältnis der beiden Klitschkos zueinander ablesen kann.

Die dringende Frage ist für mich: Bekommt jemand des Status eines ATG, weil er eine Gewichtsklasse über Jahre hinweg dominieren konnte, ganz gleich, wie sich diese zusammensetzt - oder bekommt er den Status, weil er in seiner Karriere die eigenen Grenzen und die Grenzen des Sports durch herausragende Leistungen erweitert hat?

Vitalis Defensivverhalten gegen Arreola ist - von wenigen Momenten abgesehen - auf eine kalte, sterile wie geniale Art und Weise "meisterhaft" gewesen. Dieser Leistung - der Höhepunkt seit seinem Comeback - haftet etwas "klassisches" an; das klingt jetzt ungewollt pathetisch (und stark nach einem Kategorienfehler), aber in mir kam paradoxerweise (paradox: weil ich die Brüder eigentlich nicht sonderlich mag) das Gefühl hoch, daß Vitali in einer ganz anderen Liga boxt, als es seine Gegner tun oder gegenwärtig überhaupt könnten. Diesen Eindruck gewinne ich bei Wladimir nicht, trotz aller Klassenunterschiede, die da in seinen Kämpfen teilweise offenbar werden. Ich halte Wladimir für einen guten Boxer; allerdings für einen, der seine Schwächen unter Steward nur überzeugend kaschieren, aber nicht gänzlich abstellen konnte. Ich glaube nach wie vor an die "Blueprint", mit der man ihn besiegen kann.

In meinen Augen reicht Dominanz nicht aus, um den dominierenden Boxer vor dem Hintergrund einer stark kriselnden Gewichtsklasse mit dem ATG-Begriff zu würdigen. Das ist nichts, was man lose im Mund führen sollte. Wladimir hat die entscheidenden Kämpfe seiner Karriere verloren. Das heißt nicht, daß er sich danach nicht weiterentwickelt hätte - im Gegenteil, er ist stärker geworden und hat gelernt. Aber seine Gegnerschaft lässt Reputationsgewinne kaum zu. Das ist freilich nicht seine Schuld, aber es zeichnet einen ATG mitunter aus, daß er die entscheidenden Kämpfe seiner Karriere gewinnen und die großen Siege einholen konnte - und sei es nur darüber, daß man die Scharten wieder auswetzt, die man sich zugezogen hat. So wie Lewis oder Ali, um mal zwei ATGs zu nennen.
 

KhaosaiGalaxy

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Also von Kämpfen gegen solche Leute wie Arreola, Gomez (übrigens immer noch der beste von diesen drei Gegnern) und Peter auf einen möglichen ATG-Status zu schließen, ist doch etwas zu weit hergeholt, sorry. Seltsam ist auch, daß Arreola jetzt auf einmal ein so tolles Kinn haben soll. :skepsis: Vorher, als ein gewisser Travis Walker(!!) ihn in Bedrängnis und am Boden hatte, war man da ganz anderer Meinung. Aber jetzt, wo er gegen VK mal zehn Runden durchgehalten hat, MUSS er natürlich gut sein und wird hier über den grünen Klee gelobt. Merkwürdig, wie sich oftmals der Wind dreht.
 

Totto

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Ich würde nicht so weit gehen, VK als besten HW der letzten Jahrzehnte zu bezeichnen. Dazu müsste er noch einiges beweisen. Aber Ihn als ATG einzustufen, hätte ich keine Bedenken. In diese Liste gehören für mich ohnehin 20-30 HWs (es ist natürlich Geschmackssache wo man die Grenze zieht).

Zu Vitalis verbesserter Beinarbeit: Ich vermute, dass sein Punch darunter gelitten hat, weil er selten einen wirklich festen Stand hatte oder direkt aus der Rückwärtsbewegung geschlagen hat. Aber es zeigt, dass Vitali WIRKLICH mehrere Pläne hat und alles andere als ein-dimensional boxt. Für diese Gewichtsklasse wirklich beeindruckend! In Bezug auf Meidbewegungen und Beinarbeit ist der PBF-Vergleich so nicht gänzlich unberechtigt.
 

The-Real-Deal

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Also von Kämpfen gegen solche Leute wie Arreola, Gomez (übrigens immer noch der beste von diesen drei Gegnern) und Peter auf einen möglichen ATG-Status zu schließen, ist doch etwas zu weit hergeholt, sorry. Seltsam ist auch, daß Arreola jetzt auf einmal ein so tolles Kinn haben soll. :skepsis: Vorher, als ein gewisser Travis Walker(!!) ihn in Bedrängnis und am Boden hatte, war man da ganz anderer Meinung. Aber jetzt, wo er gegen VK mal zehn Runden durchgehalten hat, MUSS er natürlich gut sein und wird hier über den grünen Klee gelobt. Merkwürdig, wie sich oftmals der Wind dreht.

Ja das finde ich irgendwie auch.
Ich zb Habe Arreola nicht unter den Top 5-6 des HW und hatte Ihn dort auch vor den Vitali Fight nicht.

Ich meinte immer er könnte es vielleicht dorthin schaffen aber im Moment und auch vor dem Kampf war er in meiner zumindest in meiner Liste nicht unter den Top 5-6 Leuten...

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