Als alter Age of Empires-Veteran der bislang null Ahnung über dieses von euch hier besprochene Spiel hatte stellt sich die Frage, ob das nicht auch mal wieder was für mich wäre unterm Weihnachtsbaum... klingt aber verdammt komplex was ihr hier so beschreibt.
Ich spiele auch seit ein oder zwei Wochen und habe mir als Renaissance-Symphatisant Florenz ausgesucht, um das Spiel kennenzulernen. Mit dem Grenre bin ich nicht sehr vertraut. In meiner Jugend hatte ich mal irgendein Anno gespielt (und noch früher auch AoE) und jedes einzelne Total War gesuchtet, bis es irgendwann dort mit Fantasy Settings anfing. Aber dort war die Weltkarten-Kampagne ja eher meist etwas enttäuschend unter den Möglichkeiten geblieben und nicht sehr anspruchsvoll, dafür waren die zu schlagenden Schlachten immer sehr unterhaltsam. Also ich bin wirklich nicht sehr vertraut mit dieser Art Spiel.
Es ist dadurch natürlich ein absoluter Überladungsschock zu Beginn. Und gleichzeitig wusste ich sofort, dass ich mir bald Tadel meiner Frau einhandeln werde, weil ich nicht mehr vom PC wegkommen werde. Trotz des großen Umfangs ist eigentlich alles sehr intuitiv gehalten. Erst einmal das Meiste auf automatische Verwaltung gestellt bis auf Bauen, Diplomatie, Kabinett und mittlerweile überlasse ich nur noch die Wahl der Produktionsmethoden der KI. Das Spiel hat ein starkes Sandkasten-Feeling, was mich sehr in seinem Bann zieht - es ist überraschend immersiv, obwohl ich meine Soldaten nicht selbst auf dem Schlachtfeld befehligen kann und obwohl das Geschehen mir etwas zu sehr zu stagnieren scheint? In Norditalien geht's zwar ganz gut ab (alle auf Verona, Mailand sehr umtriebig), England-Frankreich sieht trotz französischer Überlegenheit kurz nach dem Schisma immer noch fast unverändert aus, Frankreich konnte in Aragonien etwas expandieren. In dem Flickenteppich Deutschlands sehe ich sowieso nicht durch. Ansonsten begrenzt sich gerade noch alles darauf, dass die Großen die Kleinen fressen durch Eroberung oder Schaffung von Vassallen / Annektion.
Dadurch spielt es sich bislang auch für mich relativ entspannt. Ich hatte irgendwann einmal das Verbessern von Beziehungen pausiert und es mit dem Kriegsgrund schaffen probiert, was mir gleichden Zugang nach Pisa ermöglicht hat. Ein paar kleinere Nachbarn taten mir dann relativ schnell den Gefallen, sich gegen mich zusammen zu tun, so dass mir große Teile der Toskana schnell gehörten. Ich hatte den Eindruck, dass man schnell Aggressionen auf sich zieht, wenn man selbst aggressiv handelt. So habe ich die restliche Pest-Zeit lieber wieder auf militärische Expansion verzichtet. Mit starkem Fokus auf Alphabetisierung, Nähe, Arte Maggioris und natürlich ordentlich Schulden aufnehmen ging es zunächst gut voran.
[Wie lange dauert eigentlich so eine verdammte Eingliederung?!?? Das Konzept habe ich auch zuerst nicht so wirklich verstanden aufgrund des wenig informativen Tooltips. Entdeckt hatte ich diese Funktionsweise auch erst, als die Nachricht aufpoppte, dass irgendwas eingegliedert wurde. Komischerweise entdeckte ich später über den entsprechenden Kartenmodus, dass die Eingliederung noch gar nicht abgeschlossen wurde. Sind Kerne und Eingliederung etwas anderes und ich habe diese in einem Topf geworfen?]
Doch dann wollte ich unbedingt die Welt-Handelsherrschaft an mich reißen mit einem eigenen Markt in Pisa und die Margen, die ich erzielen konnte, waren deutlich geringer als über Venedig, vermutlich aufgrund des Marktzugriffs in der Ferne oder der berüchtigtn maritimen Präsenz oder wie das heißt. Ist natürlich schwer zu beheben, wenn man noch gar keine Seeleute zur Verfügung hat. Sehr viel schlimmer war dann aber die Nahrungsmittelknappheit auf dem Markt mit Preisen, die auf 0,11 oder 0,12 hochgeschossen sind, was dann natürlich auch viel der Handelskapazität gefressen zu haben scheint. Ich habe dann einige Regionen über Diplomatie bevorzugt in meine Märkte locken können, v.a. Bayern hat da viel vom Defizit wieder ausgleichen können, und mich etwas auf die RG konzentriert (Wolle zählt ja als Lebensmittel?!?), wobei ich auch entdeckt habe, dass das ja echt lukrativ sein kann, sowie ein paar Obstgärten. Mindestens eine der Maßnahmen hat auch etwas bewirkt, so dass die Preise wieder auf 0,01 runter sind und jetzt sieht der Markt schon viel besser aus, außer dass ich nicht an Gold in Pest und Prag komme, was die besten Margen geben würde.
Jedenfalls erlebe ich einen echten Boom, seit ich wieder auf RG und Bürger umgestiegen bin. Durch Zufall habe ich entdeckt, dass ich beim HRE den Aufstieg zum Herzogtum durchführen kann, was mir prompt erlaubt hat, die restlichen toskanischen Provinzen rein durch Diplomatie zu Vasallen zu machen. Ich warte dann einfach mal ab, ob es mit annektieren dann besser läuft. Alles in allem denke ich, dem echten Florenz bereits voraus zu sein. Kurios ist, dass einer meiner regelmäßig gewählten Konsule (eigentlich Gonfaloniere?) auch in Bologna und ein weiterer (witzigerweise dessen Sohn) in Macerata zum Konsul gewählt wurde und somit Personalunion durch Wahl besteht. Anfangs konnte ich beide noch als Generäle oder Admiräle bei mir einsetzen, aber nun scheine ich die Charaktere (und die Personalunion) an die anderen Fraktionen verloren zu haben, nachdem sie jeweils bei mir nicht mehr Konsul sind.
Es künsteln auch schon fleißig fünf mehr oder weniger talentierte Künstler in meinem Herrschaftsgebiet vor sich her (obwohl ich nur drei Künstler haben kann?!?), ich bin gespannt, was aus diesem Teil des Spieles so wird. Tauchen dann irgendwann Botticelli und Michelangelo bei mir auf? Langfristig würde ich natürlich auch an der Entdeckung der neuen Welt teilnehmen wollen, wenn das mit meinem Hafen möglich ist (wie erweitert man überhaupt seine Marinereichweite?) und Florenz versuchen, auch nach dem Aussterben der Medici relevant zu halten.
Sollte ich die Toskana gründen oder irgendwann Italien anvisieren? Ich spiele auch relativ dezentral. Muss ich irgendwann in Richtung Absolutismus gehen, um nicht überrollt zu werden? Es ist jetzt schon relativ einschüchternd, was da so für große Armeen zu beobachten sind und ich bin froh, dass man sich ganz gut mit Diplomatie Freunde halten kann, auch wenn bei mir nun John Hawkwood mit seiner Compagnia Biamca in den Dienst getreten ist. Der Kirchenstaat mit dem natürlich einzig wahren Papst steht auch im Bündnis mit mir und ich Frage mich, ob das der Grund für den anhaltenden Frieden in meinem Land ist.
Das allernervigste am Spiel ist der Handel: Den muss man eigentlich manuell machen, weil die KI überhaupt nicht schaut, ob sie bei den Im- und Exporten mit hohem Gewinn überhaupt an die Ware kommt oder ob das bischen, was verfügbar ist, woanders hingeht. Ich will eigentlich gar nicht wissen, was da insgesamt auf dem Weltmarkt verloren geht, weil Handelskapazitäten ins Leere gehen. Aber das manuelle Handeln ist auch sehr nervig. Es gibt Phasen, da muss man jeden Monat irgend einen Handel austauschen, weil sich das Marktgleichgewicht stark verändert hat oder ähnliches und das ist dann irgendwie immer eher mehr stupides Geklicke als belohnende Spielmechanik.