Du musst dir eben einfach mal anschauen, wann diese Aussagen getroffen wurden. Solche Aussagen kamen lediglich direkt während der Entscheidung und vielleicht noch eine halbe Stunde danach im Eifer des Gefechts und in der Enttäuschung über die zuletzt verlorene Goldmedaille.
In so ziemlich allen Aussagen, die danach mit einem gewissen Abstand zum Springen getroffen wurden, wurde eigentlich stets betont, dass Horngacher ein hervorragender Trainer ist und nur diese eine kleine Entscheidung falsch war. In gewisser Weise argumentierst du daher seit zweieinhalb Tagen gegen Strohmänner.
Zum Thema Trainerentscheidungen: Natürlich kann man nie sicher sein, wozu eine Trainerentscheidung führt. Im Falle Stöckl und Granerud stellte sich die Situation aber wie folgt dar: Von Luke 12 aus hätte Granerud bei gleichen Bedingungen und Noten 12 m weiter springen müssen als Karl Geiger. Die Gefahr, dass er hier in einem hohen Weitenbereich keinen Telemark mehr würde setzen können, war groß. Mit der Entscheidung zu verkürzen, hat Stöckl daher die eher geringe Wahrscheinlichkeit, dass Norwegen Deutschland noch würde abfangen können, zumindest etwas vergrößert. Umgekehrt war die Wahrscheinlichkeit, dass das "tierisch in die Hose" geht gering. Dazu hätte Granerud ja so kurz springen müssen, dass Norwegen noch hinter Polen fällt. Und das war auch mit der Verkürzung unwahrscheinlich.
Ich will mal noch einen anderen Punkt ansprechen: Betrachtet man nur nach dem Springen das Ergebnis, dann könnte man eventuell zu dem Schluss kommen, dass es egal war ob Pius Paschke oder Severin Freund aufgestellt wurden. Denn zu Silber hätte es immer noch gereicht, wenn Severin Freund zweimal 15 m kürzer gesprungen wäre als Pius Paschke. Aber selbstverständlich ist es nicht egal gewesen; denn da Pius im Training besser war, war mit ihm die Wahrscheinlichkeit auf eine vordere Platzierung größer.
Viel eher könnte man noch über Martin Hamann reden. Zur Erinnerung: Er war im Training besser als Constantin Schmid und als Pius Paschke. Aufgestellt wurde er aber nicht. Große Diskussionen hat das bislang aber nicht hervorgerufen. Hier wurde offenbar akzeptiert, dass Stefan Horngacher da wohl nach einem Gesamtbild gegangen ist, das er von den Athleten hatte, in das vermutlich auch die Erfahrung und die erwartete Stabilität der Athleten eingeflossen ist. Dass das dann gerade bei Constantin Schmid im zweiten Durchgang nicht so gut geklappt hat, ist dann Pech gewesen.
Es zeigt aber auch deutlich, dass hier eben nicht Horngacher pauschal verrissen wird.
Und schließlich noch ein Wort zur Öffentlichkeitsarbeit: Es ist doch naheliegend, dass man sich bei einer Entscheidung, die für so viele Diskussionen gesorgt hat, wünscht, dass die direkten Beteiligten sich dazu äußern. Gerade weil wir unvollständige Informationen haben, könnte so etwa Licht ins Dunkel bringen. Hat möglicherweise der Wind direkt nach Granerud sogar auf Aufwind gedreht? Oder hat Horngacher bei Graneruds Sprung noch kleine Fehler gesehen, die uns verborgen geblieben sind und somit berechtigten Grund zur Annahme gehabt, dass Geiger Graneruds Weite noch deutlich toppen kann? Schon wäre die Entscheidung besser nachvollziehbar gewesen. Ein Wunsch nach einer Erklärung bedeutet aber nicht, dass man eine Entschuldigung verlangt, so wie du es dargestellt hast. Das wäre selbstverständlich überzogen.