Nach einem überragenden elften Platz im letzten Jahr richtet Stani alles zu grunde. Genau.
Die wesentlichen Probleme liegen ziemlich offensichtlich in der Vereinsführung. Hopp palavert öffentlich, macht Alleingänge, weshalb auch Rangnick die Flucht ergriffen hat. der Karren ist schon viel länger im Dreck. Stani konnte ihn bloß nicht rausziehen.
Stani wird übrigens hochgejubelt, weil er auf St.Pauli sehr gute Arbeit geleistet hat. Ganz einfach.
So sieht es aus. Stanislawski hat Pauli damals in der 3.Liga zur Rückrunde auf Platz 13 übernommen, ein weiteres Jahr Drittklassigkeit hätte den Verein in akute Nöte gebracht (Lizenz) und ist im selben Jahr noch als Meister aufgestiegen. Danach kamen zwei Jahre im oberen Zweitligamittelfeld bei gleichzeitigem Absolvieren sämtlicher Trainerscheine (von B-Lizenz bis Fußballehrer) ohne dabei entlassen zu werden und dann der Aufstieg mit dem spielstärkstem Fußball, trotz mäßig begabter Kicker. Der Abstieg danach war nicht zu verhindern, zumal in der RR fast die gesamte Abwehr ausfiel.
Bei Pauli hat Stanislawski schon sehr sehr gute Arbeit abgeliefert und mindestens 80% selbst der HSV-Fans in Hamburg hätten ihn sofort gegen die eigenen jeweiligen Übungsleiter wie Labbadia oder Veh getauscht.
Die Arbeit in Hoffenheim kann man letztlich gar nicht bewerten. In dieser Gemengelage aus überhöhtem Anspruch, ständig neu definierten Zielen, dabei beständig nachlassender Kaderqualität und einem Eigentümer, der von Jahr zu Jahr sonnenkönigsmäßiger agiert und das Tagesgeschäft inszeniert bis torpediert, kann man eben nicht arbeiten.
Den Vorwurf, den Karren in den Dreck gefahren zu haben, müssen sich weder Stanislawski, noch Pezzaiouli gefallen lassen, das haben ganz andere Protagonisten in der Metropolregion zu verantworten. Die Ergebnisse dieser Saison, also Mittelfeld und Pokal-VF sind schlicht das, was unter diesen Umständen drin ist. Ich halte im Übrigen auch Pezzaiouli (oder wie der heißt) nach wie vor für einen guten Mann. Ob Stanis Ansprachen, Matchpläne etc in dieser Saison gut waren, kann ich (wie jeder hier) nicht beurteilen. Vorwerfen lassen muss er sich, dass er aus seinen öffentlichen Äußerungen nicht konsequentere Handlungen abgeleitet hat: in Bezug auf die Mannschaft, aber auch auf seine Selbstachtung. Er hätte in dieser unseligen Melange im Umfeld schon vorher selbst zurücktreten müssen, ein echtes Durchgreifen gegenüber der Mannschaft bzw einzelnen Spielern war wahrscheinlich eh nicht möglich.
Wenn man Stanislawskis Arbeit jetzt aus persönlicher Abneigung gegen St Pauli oder persönlicher Abneigung bzw Mißtrauen gegenüber allem, was medial mit dem Sympathieetikett behaftet wird, beurteilt, ist das legitim - hat aber mit der Wahrheit mMn weniger zu tun.
Kurz zur Shakey-Liberal-Debatte:
Der Kurtl hat da insofern schon Recht, als dass wir ein Problem bei der Besetzung des dritten reinen Stürmerpostens in der NM haben. Sicher haben wir mit Poldi, Schürrle oder Müller Spieler auf hohem NIveau, die da auch mal einspringen können - eben weil sie ein grundsätzlich hohes Niveau haben. Aber keiner von denen ist so zentral offensiv ausgerichtet und gleichzeitig abschlussfixiert, wie das eben ein echter MS ist - und Entwicklungen hin oder her, die NM und fast alle Clubs spielen eben immer noch mit einem echten Stürmer und eigentlich alle europäischen Konkurrenten auf unserem Level sind da besser besetzt (im Gegensatz zur offensiven Dreierreihe dahinter, wo niemand in der Breite unser Niveau hat, nicht mal das Mutterland des modernen Flügelstürmers, die Niederlande).
Das hat für mich zwei Ursachen:
1. der Übergang zum Erwachsenenfußball ist offenbar für Stürmer am schwersten. Es gab schon immer Stürmer mit tollen Torquoten in U-Teams, denen eine große Karriere vorausgesagt wurde, die dann nicht kam. Vielmehr als auf anderen Positionen. Beispiele: Auer, Manuel Fischer, Thy, Witeczek, Hennings (ok, der traf nur in der U21), Kilicaslan etc. Von daher wäre ich da auch bei einer Prognose für Yesil vorsichtig.
2. Ich glaube, dass sich Talente auch stark am aktuellen Bedarf bei den Großen orientieren. Es ist nicht so lange her, da hatten wir akute Kreativprobleme im deutschen Fußball, außerdem völlig ungewöhnlich plötzlich keine guten IV mehr. Ich erinnere mich gut an einen Satz von Bela Rethy bei der WM 2006: "früher wuchs auf jedem Baum ein deutscher Innenverteidiger".
Heute, 5-10 Jahre später, haben wir im Kreativbereich einen Riesenfundus und eine ganze Generation von gut veranlagten IV.
Das lässt hoffen, das schon bald gute Stürmer und AV nachkommen, weil sich die Talente auf diese Positionen konzentrieren werden, anstatt perspektivisch die Nr. 10-15 auf den Flügeln oder in der IV zu werden (weil die Nationalspieler auf diesen Positionen ja auch noch sehr jung sind).
Erste Auswirkungen gibt es ja schon. Lasogga, Mlapa und Volland haben den Sprung in den Profibereich schon auf gutem Niveau geschafft, der letzte Schritt steht natürlich noch aus. Um ihnen den zu ermöglichen und den nachwachsenden Talenten ein positives Zeichen zu geben, fände ich es daher auch nicht ausgeschlossen, z.B. Lasogga anstelle von Cacau mit zur EM zu nehmen.