Ich habe es in Diskussionen sicherlich auch schon gemacht, aber es halt die Frage, wie sinnvoll es ist. Die Grenze zwischen 'in Relation setzen' und 'abwerten' ist ziemlich schmal und wohl auch sehr subjektiv. Mglw. rücke ich das Ganze zu stark in den Fokus.
Es ist nunmal meine Reaktion auf immer die gleiche Diskussionsabfolge. Mir erschließt sich einfach nicht, wieso Iverson immer noch so oft einen generellen Persilschein für seine wilde Ballerei bekommt mit "er musste ja die Offense alleine tragen", wenn es für jedes gute Spiel Gegenbeispiele gibt, in denen er seinem Team sogar geschadet hat. Dass es kaum einen besseren (individuellen) Spieler in der Offense gab, der auch mal alleine alles schultern konnte, wenn er einen guten Tag erwischte, leugne ich nicht. Nein, ich betone es sogar - Spiele wie diese hier sind fantastisch:
Spiel 2 EC-Semis,
Spiel 5 EC-Semis,
Spiel 2 EC 1st round und natürlich
Spiel 7 der EC Finals (das erste Spiel der Finals finde ich übrigens gar nicht so beeindruckend - sicher hatte er da eine tolle erste Hälfte, aber 48 Punkte mit 41 Würfen sind gar nicht so herausragend, wie sie jetzt oft dargestellt werden, und der Sieg der Sixers ist auch zu einem nicht unwesentlichen Teil darauf zurückzuführen, dass Kobe die Lakers aus dem Spiel ballerte und Shaq mal wieder von der Freiwurflinie Backsteine warf), aber es gibt eben ebensoviele Spiele, in denen er quasi pro Punkt einen Wurf nehmen musste, wenn nicht gar echte Stinker wie die bereits genannten (und da gibt es noch einige mehr, die dann auch von den Sixers sang- und klanglos verloren wurden) dabei waren, und beim Spiel mit den 16 Assists könnte man ja doch auf die Idee kommen, dass das Argument "er musste doch werfen, auf wen soll er denn passen?", das immer wieder angeführt wurde, auch völlig überzogen sein kann.
Für mich bleibt da nunmal als Fazit nur, dass Iverson sich nunmal mit den größten Gewinnern auch seiner eigenen Zeit eben nicht messen kann und vom durchschnittlichen Impact her eher eine deutliche Stufe darunter angesiedelt werden sollte. Der Unterschied zu diesen ist wohl letztlich dann doch auf seine spektakulärere Art zurückzuführen, und dafür bin ich einfach zu nüchtern.
Um ehrlich zu sein, sind mir diese Spieler meistens sogar suspekt, denn ich bin ein eher mäßig talentierter Sportler (außer bei Sportarten mit einem Schläger in der Hand, aber Teamplay braucht man beim Tennis und Badminton nunmal weniger) und war in meiner ganzen Jugend immer ziemlich angepisst, wenn ich in Teamsportarten auf dem Platz zugucken durfte, wie technisch bessere Mitspieler aufs Teamplay pfiffen und fröhlich in drei Gegenspieler dribbelten, um als Resultat den Ball direkt zu verlieren oder aus nicht aussichtsreicher Position am Tor oder Korb vorbeizuballern. So mies waren ich und andere eher durchschnittliche Kollegen dann nun wirklich auch wieder nicht, als dass das die bessere Alternative zu einem Abspiel auf uns war. Aus dem Grund bin ich nunmal eher Fan von Spielern, die sich an Rollen halten, und natürlich am meisten von denjenigen, die ihr Talent dafür nutzen, dass die Stärken der Mitspieler zum Tragen kommen, denn bei der überwiegenden Mehrheit gerade von Profisportlern findet man welche (und sei es der immer gleiche corner three point shot eines Bruce Bowen, der sich keinen Wurf selbst erarbeiten konnte und sonst reichlich wenig Ballgefühl hatte). Genug Seelenstriptease. Es gibt natürlich absolute Ausnahmetalente, die so überragend gut sind, dass es gerechtfertigt ist, dass man nach der Devise "Ball zu ihm und geht aus dem Weg" handelt, aber selbst bei diesen ist meistens dennoch das Teamplay vorzuziehen. Bei Jordan, LeBron und Wade war/ist das oft so, bei Kobe war es manchmal etwas zweifelhaft, aber dennoch immer noch oft genug angebracht, aber bei Iverson bekam man eben bei 10 Spielen ungefähr 2-3 heraus, bei denen er großartig war und das Spiel quasi im Alleingang gewann, 5 durchschnittliche, bei denen es auf die Defense und die Tagesform der Mitspieler und des Gegners ankam, ob das Spiel gewonnen oder verloren wurde, und eben 2-3, bei denen die Defense sich schon arg strecken musste, um die von AI verballerten Chancen auszugleichen. Genau so sah das tatsächlich auch 2001 aus, und deswegen betone ich den Impact der Mitspieler in der Defense und das Glück so, denn fürs Endresultat (Finals-Einzug) brauchten sie eine Menge davon.
Glück ist natürlich generell wichtig für Erfolg:
- Die Lakers-Beispiele hast du schon selbst genannt.
- Ohne das Glück, dass Ginobili Nowitzki so dumm foulte, hätten auch die Mavs wohl den Finals-Einzug 2006 nicht geschafft, der ja wiederum für viele der Beweis ist, dass ein Meisterschaftsteam mit Nowitzki als erster Option möglich ist.
- Ohne den sehr glücklich erzielten sechsten von sieben Dreiern eines Sean Elliott (
"Memorial Day Miracle") hätte die WC Finals-Serie 1999 vielleicht einen ganz anderen Ausgang genommen, wenn man bei einer Bilanz von 1-1 nach Portland hätte fahren müssen (das qualvoll verzogene Gesicht von Damon Stoudamire habe ich übrigens nie vergessen, vor allem weil er vorher noch so große Töne gespuckt hatte, dass ein Team mit Avery Johnson als PG niemals Meister werden könne
) - Resultat wäre dann ein Meisterschaftstitel für Duncan und Robinson weniger gewesen.
Dennoch sehe ich da einen Unterschied, denn alle diese Spieler haben auch noch bei anderen Gelegenheiten zeigen können, dass sie ihr Team derart verbessern können, dass es eben nicht nur Glück/Zufall war. Bei Iverson steht dem einen Finals-Einzug eben sonst nur mehr oder weniger großes Scheitern gegenüber, und da missfällt es mir einfach, wenn die Verantwortung dafür weniger bei ihm, sondern immer beim sonstigen Team ("Eric Snows Offense kann man vergessen", "der zweitbeste Scorer war Mutombo, der auch nur dieses eine gute Jahr bei den Sixers hatte", etc.) sucht. Nein, Iverson war es selbst, der mit seiner Spielweise sein Team limitierte, so dass der Durchbruch nach oben eben nur mit Glück oder gar nicht möglich war.
Ich kann übrigens noch lange weiternerven, falls gewünscht.