"Da waren zwei Persönlichkeiten in mir. Nicht schizophren, aber da war der Leistungssportler Johannes und der Mensch Johannes", sagte 31-Jährige. Der "Johannes als Mensch" habe ganz klar gesagt, das "ist ein Blödsinn, ein ******, das darf man nicht machen, davor muss man andere warnen", so Dürr. Auf der anderen Seite sei der Leistungssportler Johannes Dürr gewesen, der gesagt habe: "Das gehört dazu. Wenn du Leistungen bringen willst, dann musst du es machen." Diese zweite Welt, die parallel im Dunklen verlaufe, habe an ihm genagt.
Die Festnahme sei für ihn eine Erleichterung gewesen, erklärte Dürr, "als ich den Haftbefehl auf dem Tisch liegen sah, war ich tatsächlich froh." Den inneren Konflikt beschrieb er als "ständiges Reißen und Kämpfen darum, das Richtige zu tun. Leider habe ich den Kampf verloren." Er sei aber "ganz sicher nicht Opfer. Ich bin definitiv einfach Täter, von dem System, das mich nicht losgelassen hat." Dürr versicherte, keine weiteren Doping-Geheimnisse zu haben.
Laut Dürr erhielt S. für die drei Blutrückführungen 2018 keine finanzielle Gegenleistung. Er habe "für alle Behandlungen und die ganze Organisation keinen Cent bezahlt, gar nichts", sagte Dürr, der zwischenzeitlich per Crowdfunding-Aktion rund 39.000 Euro gesammelt hatte.
Den Mediziner Mark S. umschrieb Dürr als "umgänglichen, entspannten Kerl", der "offen und vertrauenserweckend" gewesen sei.
Dürr gibt an, dass er bereits während seiner zweijährigen EPO-Dopingsperre von 2014 bis 2016 an der Fortführung seine Betruges gearbeitet habe. 2015 habe er neue Blutkonserven in Erfurt deponiert. Als der als mutmaßlicher Haupttäter des Dopingnetzwerk geltende deutsche Arzt Mark S. überlegt habe, mit den Blutdopingpraktiken aufzuhören, habe er sogar daran gedacht dessen Geschäfte zu übernehmen. "Ich war davon überzeugt, dass es ohne Doping nicht geht. Und wenn Mark es jetzt nicht an mich, sondern an jemand anderen übergibt, habe ich keinen Zugang mehr. Das ging so weit, dass Mark S. sich zurückziehen wollte und ich mit ihm diskutiert habe, es selbst weiterzumachen, den Kühlschrank zu besorgen, der dann aber in Erfurt gelandet ist."
Durch den Dopingfall seines Freundes Harald Wurm 2016 habe zumindest für einige Zeit ein Umdenken eingesetzt. "Da ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen, dass es so nicht weitergehen kann und weitergehen darf. Ich war ja in einer Phase, in der ich versucht habe, mein Leben neu aufzubauen. Dieser Knall war da einfach zu groß, da habe ich gesagt, so kann es nicht weitergehen", sagte Dürr über sein "Lügenkonstrukt".
Im Sommer 2018 sei schließlich S. an ihn herangetreten, das in Erfurt lagernde Blut wieder zurückzuführen, ohne dafür Geld zu verlangen, behauptet Dürr. "Plötzlich, Mitte Juni, kommt ein Anruf, deutsche Nummer, da war es der Mark. Er sagte, 'Geld kann ich dir keines geben, aber ich unterstütze dich bei deinem Projekt auf meine Art und Weise'", so Dürr. Nach kurzem Zögern habe er zugestimmt. "Ich hatte geglaubt, ich bin schon fast draußen aus dem Sumpf. Aber ich steckte noch bis zu den Knöcheln drin. Bei seinem nächsten Anruf, wo er mich noch mal daran erinnert hat, da bin ich schwach geworden."
Dürr bestreitet weiterhin, als Kontaktvermittler zwischen dem als mutmaßlichen Drahtzieher geltenden deutschen Arzt und dem in Seefeld erwischten Langläufer Max Hauke aufgetreten zu sein. Er habe nie Kontaktdaten von Mark S. weitergegeben, auch nicht an Hauke, so Dürr. Er habe aber gewusst, dass Hauke dope, seit wann, wisse er nicht mehr genau.
Auf die Frage, wie Hauke sonst an S. geraten sein könnte, verwies er auf andere Landsleute. "Es hat ja noch andere gegeben, die im Team waren, die Kontakt zu ihm hatten", sagte Dürr.
Quelle: APA