Ein erster glorreicher Meilenstein in Jung Zverevs Karriere, er ist wahrlich der Auserwählte um Djokovic zu beerben. Vielleicht dominiert er die kommende Dekade gar so, wie Novak es in diesem Jahrzehnt getan hat.
Eine ernsthafte Standortbestimmung und Übergabe des Staffelstabs war das aber freilich noch nicht, denn man muss den Matchausgang bei allem momentanen Enthusiasmus selbstverständlich vor dem Hintergrund einordnen, dass Djokovic hier körperlich mehr als nur ein wenig unpässlich war. Die tückische Grippe, die ihn bereits das Turnier in Paris gekostet hat, steckte ihm auch hier in den Gliedern und machte es ihm leider unmöglich sein alles überragendes Level der letzten Monate für einen längeren Zeitraum abzurufen.
Die schnellen, überfallartigen Siege der Vorrunden haben es zwar etwas überblendet, aber es war ja schon im 1. Zverev Match offensichtlich, dass es Djokovic an Substanz fehlte für längere, intensive Matches was ihm auch selber vollends bewusst war und in seinem anschließenden Skeptizismus zum Ausdruck kam. Dieser Trend hat sich naturgemäß noch einmal dramatisch zugespitzt mit der Notwendigkeit nun in der letzten Turnierphase wieder einmal an 3 Tagen hintereinander ohne nennenswerte Regeneration spielen zu müssen. Dass es ihm überhaupt gelang unter diesen Bedingungen ins Finale vorzudringen, bis dahin nahezu unantastbar zu bleiben und sich heute dem jungen Achill entgegenzustellen, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Solche heroischen Husarenritte bis zur absoluten Selbsterschöpfung findet man in den Tennisannalen nur ganz selten.
Wie großmütig Djokovic den famosen Matchpoint von Zverev dann passieren ließ, war in der Tat eine Geste von enormer Größe und der vielleicht würdevollste Moment der gesamten Saison. Nachdem der Tennissport an sich mit Federers Ausscheiden bereits gestern Abend gerettet war, hat Djokovic sich erneut als Förderer und 1. Mentor der neuen Generation profiliert. Zwar hätte ich Jung Zverev die Möglichkeit gewünscht, den Tennisdominator bei vollen Kräften herausfordern zu dürfen, aber so ist es nun Alles in Allem trotz dessen ein angemessener Saisonabschluss, der nach dem unsäglich trüben Beginn des Tennisjahres wieder in eine hoffnungsvolle Richtung weist.
Ich blicke der Tour 2019 mit freudiger Gelassenheit entgegen in dem Wissen, dass Novak Djokovic seine Grippe bis dahin allemal auskuriert haben und neben der Mehrung des eigenen sportlichen Erbes als eiserner Schutzherr erneut über die Gegenwart und Zukunft des Tennissports wachen wird.
Vivat!