Patrick Mouratoglou – Rafael Nadal ist langsamer geworden, und er weiß es
Nadal habe schon immer viele Matches gewinnen müssen, um sich seines Spiels sicher zu sein, so Mouratoglou, und habe aktuell nicht das Selbstvertrauen, dass seine Schläge „den gewohnten Schaden anrichten können“. Speziell die Vorhand von Nadal, die immer häufiger im T-Feld landet, ist ein Thema. „Diese Vorhand-Sache? Das haben wir schon 50 Mal erlebt. Aber wir waren nicht besorgt. Ich rede schon seit zehn Jahren darüber, wie kurz er spielt, wenn er angespannt ist. Und dennoch hat er die Top-Spieler geschlagen, weil sie so verängstigt waren und nicht in den Platz reingegangen sind. Und auch wegen seiner unfassbaren Beinarbeit.“ Genau hier sieht Mouratoglou, unabhängig von der Frage des Selbstvertrauens, das große Problem bei Nadal. „Als er vor ein paar Jahren nicht sein bestes Tennis spielte, hat er den Ball einfach im Spiel gehalten, irgendwo in der Mitte, und ist gerannt. Das war so intensiv, es war unmöglich, an ihm vorbeizukommen. Heute kann er das nicht mehr, weil seine Beinarbeit weit von dem entfernt ist, was sie mal war. Er ist viel langsamer. Und er weiß es.“
Dass die Top-Spieler die Angst vor Nadal etwas abgelegt haben, war zuletzt vor allem bei den Grand Slams zu sehen: siehe Nick Kyrgios in Wimbledon 2014, Dustin Brown in Wimbledon 2015, Fabio Fognini bei den US Open 2015 – und aktuell Fernando Verdasco in diesem Jahr in Melbourne. Das ist auch Nadal bewusst. „Jeder spielt den Ball hart und versucht, aus jeder Position auf einen Winner zu gehen. Das Spiel ist in dieser Beziehung ein bisschen verrückter geworden.“ Dass Nadal und Coach Toni sich bewusst sind, den eigenen Stil womöglich ändern zu müssen, gab Toni nach „Rafas“ Niederlage gegen Fernando Verdasco zu. „Die Strategie, mit der er sein ganzes Leben gespielt hat, ist nun weniger wert. Es ist aber nicht einfach, einen Spielstil nach 15 Jahren zu verändern.“ Das sieht auch Mouratoglou so. „In der Vergangenheit war er nur dann aggressiv, wenn er voller Selbstvertrauen war. Einen Verdasco in dieser Verfassung zu spielen, hat ihn gestresst, also ist er zurückgewichen. Und das haben wir oft gesehen, wenn das Selbstvertrauen gefehlt hat.“ Mouratoglou folgert weiter: „Je gestresster er ist, umso langsamer wird er.“
Selbst wenn Nadal wieder Selbstvertrauen tanken sollte, ist sich der Starcoach nicht sicher, dass es reichen würde, um Novak Djokovic zu besiegen, „und zurück in diesen mentalen Status zu gelangen, wenn man ständig gegen Djokovic verliert, ist nicht einfach.“ Mouratoglou sieht zwar nach wie vor einen Grand-Slam-Titel an Nadals Horizont (bei den French Open); er ist jedoch sicher, dass Nadal seine Karriere beenden wird, sollte er anfangen, daran zu zweifeln, dass er wieder an die Spitze kommen könne. „Er gehört nicht zu denjenigen, die irgendwo zwischen Platz fünf oder zehn in der Rangliste stehen wollen.“
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