Talentförderung wie im Katasteramt“
BBL-Ehrenpräsident Wolfgang Kram kontert Bundestrainer aus
Mit deutlichen Worten hat Wolfgang Kram, Wirtschaftsprüfer, Mitbegründer und Ehrenpräsident der Basketball Bundesliga GmbH (BBL) Bundestrainer Dirk Bauermann und damit auch den Deutschen Basketball Bund (DBB) kritisiert. „Warum sollen die Bundesliga-Klubs Spieler einsetzen, die den Anforderungen der Liga nicht genügen?“ konterte Kram in der Sonntag-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) heute die Äußerungen von Bauermann aus, der die Liga wegen der geringen Einsatzzeiten für deutsche Spieler als „entfremdetes Produkt“ bezeichnet hatte.
Kram sieht die deutschen Spieler als „drittklassig“, wenn Bauermann behaupte, die Amerikaner in der BBL seien zweitklassige Profis, zitiert der Sportinformationsdienst (sid) aus der FAZ-Ausgabe. Zur Behauptung des DBB-Coaches, es gebe ausreichend viele deutsche Spieler, indes fehle den Vereinen nur der Mut, deutsche Akteure einzusetzen, meinte Kram: „Solche Äußerungen haben den Charme, dass sie von keiner Kenntnis getrübt sind. Welcher deutsche Verein würde nicht liebend gern einen bezahlbaren deutschen Spieler einsetzen? Die BBL ist ein Wirtschaftsunternehmen, wir sind für den Profisport verantwortlich, und die Vereine tragen dafür das Risiko.“
Kram: „Das jetzige DBB-System beginnt mit der Talentsuche bei 14-Jährigen, und dies faktisch nur im gymnasialen Bereich. Wird ein Spieler Kadermitglied, dann wird er im System »Einmal Kader - immer Kader» weitergereicht von Kreis-, Bezirks-, Regional-, Landes- auf Bundesebene. Auf diesem Weg wird er begleitet von im Schnitt sieben Trainern mit verschiedenen Methoden. So bildet man vielleicht Oberinspektoren vom Katasteramt aus, aber so wird ein talentierter Spieler doch kein Spitzensportler. Es ist bezeichnend, dass das große Vorbild Dirk Nowitzki den Weg über die Zweite Bundesliga zur NBA geschafft hat, ohne die Kaderschulung durchlaufen zu haben.“
Die von Bauermann geforderte Änderung der Quotierung - derzeit müssen drei von zwölf Spielern auf dem Spielbericht Deutsche sein - hält Kram für kontraproduktiv. „Uns liefen die Zuschauer weg“, glaubt er und betont, die BBL sei als Organisation nicht für die Förderung deutscher Spieler zuständig. Kram: „Nur ein Beispiel: Von 1990 bis 2003 hatten wir die Regelung, dass nur zwei Ausländer im Kader stehen durften. In dieser Zeit hat der jeweils finanzstärkste Verein die deutschen Nationalspieler verpflichtet und dazu meistens zwei gute Amerikaner. So gewannen Leverkusen und Berlin von 1990 bis 2003 die Meistertitel. Wir haben diese Regelung in der BBL gekippt und in den vergangenen fünf Jahren vier verschiedene Meister gehabt. Wer Pfründe will, sorgt für eine Quotierung, die BBL jedoch hat die Aufgabe, guten Basketball zu organisieren.“
Die Nationalmannschaft stehe, so Kram, womöglich bald vor der Situation, dass Nowitzki bei der EM vielleicht nicht spielt. Kram: „Dann wird auch der eingebürgerte Christopher Kaman nicht dabei sein. Nun werden wieder Spieler in den USA gesucht, denen man einen deutschen Pass in die Hand drücken kann, weil die Großmutter aus Deutschland stammt. Kommt es so weit, dann werden zwei junge Deutsche, die sich den Allerwertesten aufgerissen haben, bei der EM die Bank drücken. Und nun soll sich die BBL vorwerfen lassen, deutschen Spielern keine Chance zu geben?“
Er, Kram, stelle fest, dass sich während Bauermanns Zeit als Bundestrainer nichts im DBB-Nachwuchsfördersystem geändert habe. Kram: „Treibende Kraft auf dem Gebiet ist die BBL gewesen. Sie hat durchgesetzt, dass es einen hauptamtlichen Bundestrainer gibt, und sie hat die Gründung der Nachwuchs-Bundesliga (NBBL) betrieben. Diese Liga wird weitesgehend von der BBL finanziert. Das sind Fakten, die das Bild, was Bauermann zeichnet, auf den Kopf stellen.“