Midtjylland oder Thun wären logistisch ähnlich gewesen (erstere hätte ich wegen des interessanten Vereinsmodells mal ganz gerne über zwei komplette Spiele gesehen), Helsinki, Astra oder die Unaussprechlichen aus Aserbaidschan wären in Sachen Anreise etwas komplizierter und welcher Fan will schon nach Aserbaidschan oder Rumänien? Da ist Südnorwegen im Spätsommer doch völlig ok.
Sportlich ist das eh alles gleich, Astra wäre vielleicht einen Tick unangenehmer geworden, aber auch kein echtes Problem. Vermutlich werden die Spiele ähnlich wie die letzte Runde laufen: ein engagierter Gegner im Hinspiel, das man einfach mit gutem Ergebnis runterspielen muss (etwas souveräner als gegen Wolfsberg darf's dann aber schon sein) und im Rückspiel ist man spätestensmit dem Führungsstreffer durch.
Noch kurz zu Wolfsberg: die erste HZ fand ich gar nicht gut. Überlegn, klar, auch deutlich überlegen. Aber in einer K.O. Runde muss man da vor dem Tor viel konsequenter und klarer agieren, egal was der SR macht. Das war mir zu schöampig und auch etwas überheblich, was der Mannschaft nach der letzten Saison und den bevorstehnden, neuen Aufgaben einfach noch nicht zusteht. Wenn man in der neuen Konstellation schon was erreicht hat, kann man das mal machen, dann ist es menschlich. Dieses Team (Tuchel plus Mannschaft) hat aber noch rein gar nichts erreicht, da sollte man mMn nicht zu nachsichtig sein.
Mit dem Tor war man durch, danach hat man schnieken Fußball gespielt, das war gut anzusehen. Aber es war dann halt auch nicht mehr schwierig, die Österreicher haben sich mit dem 0:1 ergeben.
Natürlich darf und soll man sich dann trotzdem über gelungene Spielzüge und schöne Tore freuen. Schwacher Gegner hin oder her, die Tore müssen ja trotzdem erst mal rausgespielt und gemacht werden. Da war dann auch Spielfreude zu sehen und Mikhitaryan wird der Dreierpack natürlich gut tun, nach den schweren Zeiten ist ihm das auch zu gönnen. Es gilt aber auch: so viel Platz und schwere Beine beim Gegner wird er in keinem Bundesligaspiel antreffen, insofern kann das nur ein Anfang sein. Er selbst soll das Selbstvertrauen natürlich mitnehmen und genau da weitermachen, er kann ja kicken. Aber als Zuschauer sehe ich Gründe zu guter Hoffnung, nicht aber zu Euphorie.
Es ist ja nicht so, dass Mikitaryan im letzten Jahr so wahnsinnig übel mitgespielt wurde, er hat schlichtweg zu wenig Leistung gebracht, wie die ganze Mannschaft. Es ist gut, die Mannschaft im neuen Jahr sofort wieder voll zu unterstützen. Ich lese recht viel in HSV-Foren, da können sich die Hamburger Fans meterdicke Scheiben abschneiden (unfassbar, was für unerträgliche Allesschlechtredner da in Massen unterwegs sind). Aber wie so manche schon in der Vorbereitung jeden 2-Meter-Pass und jeden Schuss, der tatsächlich Richtung Tor geht, abfeiern, das ist schon....bemerkenswert und mMn auch ein gutes Stück drüber (nicht hier, aber in anderen Fußballforen steht man gefühlt schon kurz vor dem EL-Sieg und der Meisterschaft, alles ist super, alle zeigen jetzt endlich ihr Potential und am Ende war Klopp an allem Schuld). Dabei geht gerade mal die Vorbereitung zu Ende und da ist eine Mannschaft, die eigentlich eine gewaltige Bringschuld gegenüber den Fans und noch gar nichts eingelöst hat (geht natürlich so früh auch nicht) - nicht umgekehrt.
Da liest man sehr häufig ein "ach so, lag wohl am Trainer, der neue ist viel besser, neu ist immer geil - jetzt ist alles wieder gut und es wird genau so wie früher" Gefühl, das es so real gar nicht geben kann. Da liegt viel, viel Arbeit vor dem Team und natürlich wird nicht sofort alles gut sein, wie denn auch? Dann hätte die letzte Hindrunde nie so desaströs laufen können, wie sie lief. Da waren ja keine minderbemittelten Spacken am Werk und jetzt ist der neue Messias da und alles ist wieder tutti bene.
Die Mannschaft hat mit Tuchel zusammen einen neuen Weg eingeschlagen und ich glaube schon, dass man den auch erfolgreich gehen kann. Wenn man Geduld hat - und das ist die Gefahr, die in der Euphorie liegt. Auf diesem Weg hat man vielleicht ein paar Meter geschafft, der Startschuss klingt eigentlich sogar noch im Ohr. Man befindet sich aber mindestens auf einem Mittelstreckenlauf, nicht auf einem 60m Hallensprint. Die Fans, die jetzt bei einer Flanke Schmelzers in einem Testspiel , die tatsächlich im Strafraum landet, kommentieren: "da sieht man mal, wie Schmelle flanken kann, wie war das nochmal mit wir brauchen einen neuen LV?" und bei einem schönen Tor Mickys, das aber eben gegen einen vom Niveau her Gegner wie Heidenheim erzielt wurde, sofort mit Weltklassepotential ankommen, sind mMn die größte Gefahr für die Mannschaft (und auch wenn das hier auch so geäußert wurde, meine ich explizit nicht die Sportforen-BVBler, sondern die von den "großen" Foren, die daraus schon wieder einen geradezu brachialen Hype machen). Weil das genau die Fans sind, die bei Rückschlägen, die es natürlich geben wird, rumplärren werden, dass sich ja gar nichts verändert hat und jetzt endlich mal Köpfe rollen müssen und XY endlich gehen muss ("weg mit dem") etc etc.
Ich will den neuen Weg gar nicht madig machen, wenn man sie machen lässt, werden Tuchel und die Mannschaft schon was Vernünftiges hinbekommen. Die Protagonisten sind nicht das Problem, aber das Beispiel BVB zeigt mMn ganz gut, wie schnell sich das Meinungskarussell im Fußball mittlerweile dreht und was da für ein Irrsinn fabriziert wird. Gibt es natürlich auch genau so bei anderen Vereinen (man sieht ja, wie jedes Jahr bei uns Spieler/Trainer gehypt udn dann wieder weggeschrieben werden), aber der BVB ist da im Moment ein bemerkenswertes Beispiel, finde ich. Vielleicht sind Fußballfans auch einfach irgendwie manisch veranlagt.