Es ist natürlich irgendwo eine Kacksituation. Sportlich ist ein Transfer Dembeles für den BVB (und die ganze Liga) ein Jammer, aber so, wie sich die Dinge in den letzten Tagen entwickelt haben, ist er ja wohl unumgänglich. Für mein Empfinden ist es auch in allen Bereichen eine einerseits-andererseits Geschichte. Einerseits darf so ein Verhalten von einem Verein weder toleriert, schon gar nicht aber belohnt werden. Wird es momentan ja auch nicht. Andererseits kann man sich einen solch potentiell faulen Kaderapfel nicht leisten; die Unruhe zöge sich wahrscheinlich durch die ganze Saison. Auch wenn Dembele sicher nach Schließung des Transferfensters wieder zum Dienst erschiene, fehlten da doch sicher auch die letzten Prozent Motivation und Fokus - und im absoluten Spitzensport, von dem wir hier ja sprechen, machen die letzten paar Prozent ja den Unterschied aus. Das Risiko geht man doch nur ein, wenn man noch ein paar weitere Dembeles (was die Qualität angeht) in der Hinterhand hat. Die "drei Monate Gehalt streichen, auf Schadenersatz verklagen und dann ab auf die Tribüne für mindestens die gesamte Hinrunde" Szenarien einiger Pubertätsonlinefans (nicht unbedingt auf sportforen bezogen, vor allem auf idie "großen" Foren) sind eh fernab jeder Realität. Das wird in keinem Fall passieren.
Einerseits ist der BVB auf das Geld nicht zwingend angewiesen. Andererseits muss der Club trotzdem wirtschaftlich denken, auch im Sinne der Aktionäre. Ob man jemals wieder eine solche Summe geboten bekommt, ist mehr als unsicher. Egal wie gut Dembeles Saison wird/würde: die aktuellen Summen sind natürlich extrem über seinem tatsächlichen Marktwert. Das "dann kriegen wir eben nächstes Jahr 100 Mio für ihn" Argument zieht für mich nicht wirklich. Der Schneeballeffekt findet in diesem Sommer statt, nicht im nächsten. Der Transfermarkt erhitzt sich zwar generell seit ein paar Jahren mehr und mehr, aber ich glaube kaum, dass die aktuelle, durch Neymar ausgelöste Ausnahmesituation jetzt die neue Basis für die nächsten Jahre ist. Soll heißen: im nächsten Jahr werden die Summen allgemein wieder niedriger sein, zumal da kein Transfer dieser Größenordnung zu erwarten ist (Messi und CR7 sind dann einfach zu alt). So gesehen muss der BVB eines der kommenden Angebote der nächsten Tage als Chance auf irrsinnig viel Geld einfach wahrnehmen, alles andere wäre doch betriebswirtschaftlich fahrlässig. Andererseits wird man dadurch eben zum Bestandteil der Neymarschen Transferlawine. D.h. man braucht selbst Ersatz und selbstredend werden alle Clubs, von denen man Ersatz verpflichten möchte, ebenfalls Forderungen weit oberhalb des tatsächlichen Werts ihrer Spieler stellen. Zudem hätte man zwar durch die Einnahme die finanzielle Potenz, etablierte Weltklasse zu verpflichten - nur kommen diese Spieler eben nicht nach Dortmund, das ist ja nunmal zur Zeit noch so. Und für neue Talente im, sagen wir mal, 20 Mio Wertbereich müsste man in diesem Sommer eben dann auch selbst sicher 40-50 Mio zahlen. 120 für Dembele kassieren und dann den nächsten Ous für wieder 10 oder 15 verpflichten - das wird wohl kaum möglich sein. Egal, wie gut man scoutet, die anderen Vereine sind ja auch nicht blöd.
Der Deal mit Barca wird stattfinden, da ist wohl kaum noch ein anderes Szenario denkbar. Es geht nur noch darum, so viel wie möglich dabei rauszuschlagen. Das war/ist von Watzke und co auch nicht zu verhindern. Gewinner bei dem ganzen Wahnsinn sind mMn am Ende trotzdem allein die Spieler (und ihre Berater): Neymar, Dembele, evtl Coutinho und ihre ganzen Nachfolger. Verlierer sind alle beteiligten Vereine, weil die Ohnmacht im Härtefall deutlich wird, inkl. PSG als Auslöser. Verlierer ist aber auch der Fußball insgesamt, weil selten zuvor der komplette Irrsinn des Systems Profifußball samt seiner schon ziemlich widerlichen Dekadenz und der kompletten Entfremdung von der Realität derjenigen, die ihn lieben, so offensichtlich wurde (gegeben hat es ihn natürlich auch schon vorher).