Und außerdem ist der BVB Kader ja auch so sehr jung, das nimmt den U19 Talenten natürlich auch Kaderplätze weg, die sie ansonsten vielleicht besetzen könnten.
Das ist auch ein bisschen Fluch und Segen zugleich. Der BVB scoutet bei Talenten ja gerade international sehr intensiv, da muss man schon ein bisschen aufpassen, dass da mit der eigenen, sehr sehr guten Jugendarbeit die Waage gehalten wird. Dortmund verpflichtet jedes 4-6 sehr junge Spieler aus dem Ausland, die momentan auch immer nur ein Jahr Zeit bekommen: Top oder weg damit. Das schafft natürlich einen enormen Verdrängungswettbewerb und Talente, die wirklich aus dem eigenen Stall kommen und über Jahre von den U-Trainern aufgebaut werden, sind nicht unbedingt die Profiteure. Denn die "zugekauften Ausländer" suchen naturgemäß viel intensiver den direkten Weg zu den Profis oder bei den Profis, weil sie es auch müssen. Diese Art von Konkurrenz sind echte "Homegrowns" in ihrem Werdegang nicht immer gewohnt und da kann es schon mal passieren, dass ein Eigengewächs mangels Ellenbogen früher hinten runterfällt, als es - für mich - nötig wäre.
Beispiele:
Im OM/ZM habt ihr mit Kopacz und Aydinel zwei sehr gute Talente im OM, gerade Aydinel rockt die U19 in dieser Saison richtig gut. Trotzdem wird ein noch jüngerer Holländer von Alkmaar als Toptransfer für die U17 geholt und für die Profis ein ebenfalls noch junger Dahoud, für die U21 noch ein Holländer. Oder nehmen wir Larsen: vor 2 Jahren selbst aus Dänemark gekommen, seitdem absolut überzeugend mit einer tollen Scorerquote (quer durch alle Jugendwettbewerbe 1 Scorerpunkt pro Spiel) - für mich ein Riesentalent. Letztes Jahr kamen trotzdem Mor und Dembele - ok, da war Larsen vielleicht auch noch nicht so weit. Jetzt sind beide weg, Larsen hatte eine absolute A-Jugend Premiumsaison... und trotzdem bezahlt der Verein 7 Mio für einen Sancho auf genau seiner Position und hievt den mehr oder weniger direkt in den Profikader. Larsen spielt derweil UEFA-Youth League (4 Spiele, 4 Tore btw) und hat ja kaum eine reelle Chance auf Profieinsätze, weil Sancho jetzt "in" ist und künftigen Profit verspricht und man mit Pulisic ja noch einen weiteren Jungstar auf dem Flügel hat.
Oder ein Janni Serra durchläuft praktisch alle U-Nationalteams, ist jetzt als Regionalligaspieler (!) U21-Nationalspieler. Man lobt ihn von Vereinsseite, wie toll es doch sei, solche Spieler zu entwickeln - in der Realität aber werden für einen jüngeren Schweden 10 Mio hingelegt (Isak). Für diese Saison verpflichtet man den MS der griechischen U21-NM für die eigene U21.
Da muss man mMn schon etwas aufpassen, damit sich die eigenen Talente nicht irgendwann ein bisschen veräppelt vorkommen. Natürlich ist es auf dem Niveau (CL-Quali-Pflicht) schwer, Talente behutsam aufzubauen und dann einzubauen. Aber beim BVB ist der Jugend-Konkurrenzkampf mMn schon extrem hart. Härter als bei den anderen aktuell erfolgreichen U-Vereinen wie Schalke und Bayern und nur vergleichbar mit Leipzig, die aber fast nur auf den deutschen Markt schielen (da aber ähnlich agieren).
Das klingt jetzt böse, aber ich habe auch ein bisschen den Eindruck, dass besonders Watzke das starke Engagement auf dem internationalen "Talentmarkt" nicht so sehr unter dem Gesichtspunkt "eine junge, tolle Mannschaft aufbauen" sieht, sondern als reines Investment, spätestens seit Dembele. Entweder ein Talent schlägt sofort ein, dann bedeutet es automatisch viele, viele, ganz ganz viele €. Oder eben nicht, dann muss er auch sofort wieder weg, wenn es gelingt, trotzdem noch ein kleines Geschäft daraus zu machen (Merino, Mor, Mangala, etc). Das dazwischen, also der eigentliche "Aufbau" eines Teams, das auch mal ein bisschen gemeinsam wachsen kann, findet so eigentlich gar nicht statt und das ist schon irgendwo schade - weil es nach meinem Gefühl eigentlich das ist, was viele BVB-Fans eigentlich am liebsten hätten (und was auch möglich wäre). Stattdessen wird so eine Art "Grundkader" aus relativ pflegeleichten, ordentlichen BL-Spielern geschaffen, die gut genug sind, um Europa zu garantieren und günstig genug, um Verträge immer wieder automatisch zu verlängern, ohne dass es weh tut - und die Talente sind dann die Verschiebemasse fürs echte Geld. Dazu ein-zwei Galionsfiguren fürs Renommé...fertig. Klingt böse, aber so ein bisschen wirkt es auf mich so. Das ist ökonomisch ja auch absolut intelligent, es reicht im System Bundesliga auch locker, um immer unter den ersten Vier zu sein...aber mit Entwicklung und Weiterkommen hat das nicht so ganz viel zu tun.
Das war bis ungefähr 2014 auch anders, weil sportlich viel ambitionierter. Und ja, das hat auch mit den Transfers des FC Bayern in Richtung Dortmund zu tun, aber ja nicht nur. Die Götzes, Lewas und Hummels würden ja auch ohne München heute nicht mehr in Dortmund spielen. Man hat mMn durchaus auch von selbst einen Paradigmenwechsel vollzogen, der auf sportliche Bestandswahrung und ökonomisches Wachstum abziehlt und weniger auf sportliche Entwicklung. Ich persönlich finde das weder in der Spitze (Profiteam), noch in der Perspektive (U-Teams) gut und glaube auch nicht, dass das auf ewig gut geht, man verliert da auf Dauer sportlich, aber auch strukturell und in Sachen Identifikation mehr, als man bilanztechnisch gewinnt. Das ist so ein bisschen Gladbach in den 70ern unter Grashoff reloaded (an den mich Watzke im Geschäftsgebahren immer ein bisschen erinnert, nur das Watzke dass mit Willi-Lemke-Populismus garniert) - und beide Modelle, Gladbach wie Bremen, gingen auf Dauer dann doch nicht so richtig gut.