Froch's Übersicht und Reflexe schienen nachgelassen zu haben. Er sah viele Schläge nicht kommen und wirkte undynamisch. Das muss man schon sagen. Der Niederschlag schien allerdings einen nicht unwesentlichen Anteil daran zu haben, denn in der ersten Runde schien er noch geistig wacher zu sein und auch boxerisch gut mithalten zu können, was sich aber dann mit dem Niederschlag änderte.
Groves hat den Nachteil dass er ganz im Gegensatz zu Froch, nicht sehr flexibel und Ringintelligent ist. Er braucht die Ruhe im Kampfaufbau und muss den Ton angeben. Dann kann er die Aktionen seiner Gegner gut lesen und ist schwer zu treffen wenn er nicht zu leichtsinnig wird. Probleme bekommt er aber wenn man ihn konsequent unter Druck setzt. Froch tat dies im ersten Kampf allerdings viel zu selten, und wenn dann war er zu zögerlich, bewegte sich nicht gut und blieb zu lange in der Linie, da er viele Schläge nicht im Ansatz erkennen konnte. Erst als er den Druck stärker erhöhte und konsequent aufrecht erhielt, wendete sich der Kampfverlauf, auch wenn der Kampf in der aufregendsten Phase gestoppt wurde und das Ende natürlich sehr unbefriedigend war.
Jetzt weiß Froch allerdings genau wie er mit Groves umgehen muss und ihn nicht zur Entfaltung kommen lassen darf. Dafür muss er allerdings konsequent nach vorne gehen und dabei auch wachsam sein. Genau dies wird er tun oder zumindest versuchen es umzusetzen. Er wird mehr Druck ausüben und deutlich aggressiver boxen als im ersten Kampf. Solange er dabei nicht zu statisch ist und nicht zu lange in der Linie stehen bleibt wie im ersten Kampf, wird Groves in die Rückwärtsbewegung gezwungen werden und dort alles andere als souverän aussehen, da er unter permanentem Druck keine gute Defensive besitzt. Das klammern könnte Groves wie im ersten Kampf helfen, einige kritische Phasen zu überstehen und dürfte einer der wichtigsten taktischen Maßnahmen für ihn sein. Von diesen klammereien könnte allerdings auch Froch profitieren, da es ihm mit den Unterbrechungen leichter fallen dürfte, diese Druckvolle Kampfweise die er an den Tag legen muss, langfristig und konsequent durchzuziehen.
Ist Froch also körperlich und mental in einer annähernd ähnlichen Verfassung wie vor etwa 1-2 Jahren, werden wir einen Kampf erleben, bei dem Froch konsequent nach vorne geht und Druck ausübt, während Groves in erster Linie eher flüchtend zurückweicht und zu klammern versucht. Gelegentlich wird er versuchen Froch in dessen Vorwärtsbewegung abzufangen bzw. abzukontern, bei einem Froch in guter Verfassung wird ihm dies aber wahrscheinlich nicht so gut gelingen, als dass er ihn aufhalten könnte. Dies könnte dazu führen, dass Groves mit dem Druck schon recht früh überfordert sein könnte, immer mehr riskiert, sich umso mehr verausgabt und dazu nach diesen Aktionen Gefahr läuft regelmäßig abgekontert zu werden. In diesem Fall dürfte Froch den Kampf schon relativ früh für sich entscheiden. Möglich wäre natürlich auch, dass Froch wieder zu oft abgefangen wird während er den Weg nach vorne sucht und dann könnte es wieder einen Kampf auf Messers Schneide geben. Auch ein KO-Sieg von Groves ist nicht auszuschließen, aber dazu müsste bei Froch schon einiges stärker nachgelassen haben.
Die Frage ist, ob der Hauptgrund für Frochs weniger starke Vorstellung, das nachlassen seiner körperlichen Leistungsfähigkeit gewesen ist, ob er sich für den ersten Kampf nicht gut vorbereitet hat weil er nicht wirklich motiviert war, oder ob der harte Niederschlag in der ersten Runde größere Auswirkungen auf ihn hatte als viele dies glauben mögen. Wahrscheinlich trifft all dies gewissermaßen zu, solange aber nicht hauptsächlich ersteres der Fall war und er körperlich nicht zu stark an Leistungsfähigkeit eingebüßt hat, wird er den Kampf mit höchster Wahrscheinlichkeit gewinnen. Alles hängt in erster Linie von der körperlichen Leistungsfähigkeit von Froch ab, da Groves zwar ein guter Boxer ist, aber in einigen Bereichen zu große Defizite hat von denen ein boxerisch sehr guter, flexibler, mutiger und harter Ringfuchs wie Froch profitieren kann.