Teil 22: Bandencheck - Die Hockeyweb-Kolumne von Alexander Brandt
Eishockey-Deutschland, 8. Februar
Die Kölner Haie, die DEG und die DEL haben sich in der vergangenen Woche in einem offenen Brief über die Berichterstattung des Kölner Stadtanzeigers beklagt und manche Formulierungen als Beleidigungen zurückgewiesen. Autorin war die Kollegin Christiane M., die auch für die Eishockey News schreibt (inhaltlich oft identisch, für die paar Kröten schreibt man keinen neuen Artikel). Jetzt fragen mich viele Leute, was ich von der Angelegenheit halte. Okay, keiner hat mich gefragt, ich antworte trotzdem. Machen Politiker schließlich auch so. Also ich halte beides für übertrieben, den Artikel und die Reaktion darauf. Gerade die Haie waren mit Christianes Berichterstattung nicht erst seit letzter Woche unzufrieden, da ist wohl einfach mal das berühmte Fass übergelaufen. Und es gibt nunmal Zeitungen, in deren Berichterstattung immer zwischen den Zeilen steht: „Ihr seid unter unserer Würde, doch wir lassen uns gnädigerweise trotzdem herab, über Euch zu (be-)richten, obwohl Ihr das gar nicht verdient habt. Ätsch.“ So schreibt zum Beispiel der Tagesspiegel in Berlin, und eben auch der Stadt-Anzeiger in Köln. Es gibt aber auch Zeitungen, die kommen mit bunten Bildern, nackten Mädels und Überschriften, die von Dreijährigen verfasst worden sein müssen: „Rumms! Der Eis-Hammer!“ Man kennt das. Ist alles nicht schlimm, wer einfach nur sachlich und fachlich informiert werden möchte, ohne Rumms und Bumms oder Sarkasmus, der liest einfach Hockeyweb, genau! Wir haben mittlerweile mindestens genauso viele Leser wie die meisten Gazetten. Wie, weil wir gratis sind? Pöh! Okay, leider sind wir das, unsere Kühlschränke sind deswegen so leer wie die Hirne mancher NHL-Streithähne. Warum wir den Job dann trotzdem machen? Pssst, nicht verraten: Weil wir Eishockey verdammt nochmal lieben. Trotzdem sind unsere Mitarbeiter/innen bei vielen Clubs lange nicht so angesehen wie die Print-Kollegen, weil das Internet eben nicht so angesehen ist wie die gute alte Zeitung. Uns kann man halt nicht wie die gute, alte Zeitung in der Bahn oder in der Badewanne lesen. Na gut, in letzterer schon, aber wohl nur ein einziges Mal. Da bekommt man dann schonmal eine Stehplatzkarte, während die Kollegen mit VIP-Bändchen flanieren. Egal, Stehplätze liegen uns sowieso mehr als VIP-Räume.
Kommen wir jetzt zu einem positiven Beispiel für Kooperation zwischen Medien und Verein: Die Hamburg Freezers haben ein eigenes TV-Magazin! Super, das bringt unsere Sportart wieder ein Stück weiter, Hamburg ist ja ohnehin eine echte Eishockey-Erfolgsgeschichte, obwohl die Mannschaft oft bieder und emotionslos spielt. Leider kann ich die Sendung nicht empfangen, aber ich biete meine Mitarbeit an und schlage folgende Themen vor: „Boris Capla: Mit einem Lächeln geht alles leichter“. Oder: „Eloquenz in allen Lebenslagen“ von und mit Jochen Molling. Kennen Sie übrigens die Lieblingsband der Freezers? „No Dowt“. Haha.
Die Freezers haben sich nach den jüngsten Gegentor-Festivals keinen geringeren als Jean-Sebastien Giguere geholt, in Wolfsburg spielt ebenfalls ein NHL-Goalie, Ty Conklin. Beide Verpflichtungen sind nachvollziehbar im Kampf um die Play-offs bzw. wie bei Wolfsburg nach der Verletzung Marc Seligers auch gegen den Abstieg (für die Niedersachsen ist ja beides noch möglich). Was ich aber rein gar nicht verstehen kann, ist die Degradierung von Oliver Jonas bei den Eisbären. Er zählt zu den besten Goalies der Liga, ist Nationalspieler, steht in der Statistik nur minimal hinter NHL-Goalie Huet – und dann entzieht man ihm das Vertrauen, indem man Olaf Kölzig verpflichtet. Wie soll man den jetzt noch bringen, wo er doch weiß, dass sein Verein nicht hinter ihm steht? Man braucht immer eine klare Nummer Eins im Tor und muss dem Goalie das Gefühl geben, dass er auch einmal einen Fehler machen kann, ohne gleich um seinen Platz zittern zu müssen. Das habe ich vor vielen Jahren mal von einem Trainer gelernt, der Billy Flynn hieß. Wo arbeitet der jetzt? Ups...
Falls „Olie ze Goalie“ aber voll einschlägt und den Titel des Deutschen Meisters zum ersten Mal seit 1976 wieder nach Berlin holt, haben die Eisbären alles richtig gemacht. So ist eben das Geschäft, und man kann Pierre Pagé ja auch nicht vorwerfen, dass kanadische Trainer im Zweifelsfall immer kanadische Spieler bevorzugen. Kölzig ist schließlich Deutscher. Gut, er spricht fließend Englisch und soll sich auch schon mal in Amerika aufgehalten haben, die Welt wird eben immer kleiner.
Aber vielleicht ist das ja alles bald hinfällig, falls drüben die Streithähne doch noch von ihrer Gemeinsamkeit vereint werden: Der Gier nach Kohle! Gehässig wie ich nun einmal bin, wünschte ich mir in dem Fall, dass dann keine Sau mehr zu den Spielen hingehen möge, weil die meisten Fans die Schnauze bis oben hin voll haben. Wer vermisst denn die NHL? Wir Hardcore-Fans, klar. Die Kanadier, klar. Aber sonst? Die US-Sportkanäle haben die Eishockey-Sendezeiten mit College-Basketball und Hallen-Football gefüllt, und was passierte? Die Einschaltquoten sind doppelt so hoch wie die aus der vergangenen NHL-Saison. Ups... die NHL sitzt seit Jahren auf dem absteigenden Ast und hat an diesem jetzt auch noch kräftig gesägt. Von mir aus kann das Ding ruhig abbrechen und alle Millionarios fallen auf die Schnauze. Der Stanley Cup wird auch ohne die NHL überleben.
Ich bin ja kein Geschäftsmann und habe nie kapiert, was das mit dem Salary Cap, der Gehaltsobergrenze, sollte. Wenn die Eigentümer nur bestimmte Maximal-Summen zahlen wollen, warum tun sie das dann nicht einfach? Sie haben es doch in der Hand! Aber für ein Gentlemen Agreement braucht man erst einmal Gentlemen, gelle? Die Spieler gehen dahin, wo das meiste Geld gezahlt wird (würde ich auch machen, wenn mich irgend jemand irgendwo haben wollte). Wenn keiner eine bestimmte Summe überschreitet, muss er notgedrungen bleiben, oder? Das wäre de facto ein Salary Cap, also was soll die Diskussion? Bei uns normalen Arbeitnehmern existiert der Cap schon lange, wir bekommen seit Jahren immer weniger Geld, wenn man Preissteigerung und Inflation berücksichtigt. Beschweren wir uns etwa? Nein, weil wir wissen, dass wir selbst schuld sind! Schließlich hätten wir in die Politik gehen können....
Gruß vom nebentätigen Alexander Brandt