Gegen Ortiz 2 triff das zu, ich weiß jedoch nicht ob das Wort "vorsichtiger" gegen Fury 2 passend ist. Ich würde es eher "taktisch klüger" bezeichnen.
Wilder hat IMO nicht die große Angst vor Furys Power. Es sind seine devensiven Fähigkeiten, die Wilder Schwierigkeiten bereitet haben. Der Kampf gegen Wallin könnte wegweisend sein, auch für Wilder. Die vielen Bodypunches haben Fury überhaupt nicht geschmeckt. Nicht umsonst konnte Wallin zig Punches anbringen, wie kein anderer Gegner von Fury.
Gut argumentiert. Die Tatsache, dass Fury nun seinen Trainer ausgetauscht hat, spricht für Deine These, denn das würde bedeuten, dass Fury Performance gegen Wallin kein "Ein gutes Pferd springt nur so hoch..." war, sondern ein echtes Defensive-Fail gegen einen brauchbaren Bodypuncher.
Ich sehe es aber trotzdem anders:
Wilder muss seine Punches eine Etage tiefer ansetzen. Ob er dabei den Körper oder Furys Kopf trifft , weil dieser tief abtaucht, wird in den ersten Runden nicht so entscheidend sein. Hauptsache er kann ihn damit verunsichern und Punkte sammeln.
Wilder boxt seit einigen Kämpfen einen eher vorsichtigen Stil. Er bleibt lang und variiert dabei zum Kopf und Körper - Bodypunches sind daher fest in seinem Repertoire. Gegen Ortiz I hat er so geboxt, gegen Fury waren die im ersten Kampf ebenfalls vorhanden, aber in geringerem Umfang. Die Frage ist warum?
Meines Erachtens, weil Fury vom ersten Gongschlag an die Distanz kontrolliert hat. Fury war erkennbar der schnellere Mann auf den Beinen und der schnellere Mann mit dem Fäusten. Wilders Jab kam meist eher schlecht, die Variation zum Körper fiel oft aus, weil Fury gar nicht in der Reichweite dafür war. Körpertreffer gegen Fury kamen häufig nur Zustande, wenn Fury nach einer Aktion mal stehen blieb. Hintenraus nahmen die Körpertreffer etwas zu, weil Fury konditionell bedingt etwas langsamer auf den Beinen wurde. All zu viele Abtauchaktionen durch Fury gab es im ganzen Kampf nicht.
Der entscheidene Punkt ist m. E. die bereits geschilderte Frage, wer die Kontrolle im Kampf hat. Das war so eindeutig Fury, dass ich nicht sehe, wie Wilder daran etwas ändern will. Beide Seiten werden den ersten Kampf studieren. Wie will Wilder verhindern, dass Fury der in jedem Punkt schnellere Mann ist?
Es ist vielleicht ein klassischer Satz für eine Einzahlung in das Phrasenschwein des Boxens, aber der Kampf wird vor allen Dingen im Kopf entschieden.
Wilder Team hat sich nach den Erfahrungen aus dem ersten Ortiz-Kampf für den zweiten Ortiz-Kampf dafür entschieden, den Kampf um die Punkte aufzugeben. Folgerichtig hat Wilder im zweiten Kampf sattsam bekannt den Jab zum Kopf und Körper variiert, gelegentlich einen Haken, einen Cross oder eine Gerade eingestreut und dabei auf Lücken, nachlassende Kondition und Fußstellungs- und Distanzfehler von Ortiz gelauert. Wichtig war dabei, dass Wilder vermeiden wollte, schwere Hände von Ortiz zu nehmen. Warum?
Weil Wilders Team wusste, dass Ortiz irgendwann die Fehler macht und weil Wilder im ersten Kampf von Ortiz böse durchgerüttelt wurde. Das hat man sich gemerkt. Gegen Fury sah es sehr ähnlich aus. Auch Fury hat zweimal nicht aufgepasst und hat aber auf der anderen Seite Wilder ebenfalls zum Wackeln gebracht. Psychisch ist das umso interessanter, weil dies zu einem Zeitpunkt gelang, nachdem Wilder Fury am Boden und eigentlich schon so gut wie aus dem Kampf hatte. Diese Erfahrung wird sich abseits allen Trash-Talks tief in Wilders Gedächtnis eingegraben haben. Fury wusste immer um Wilders Power. Er war zwar zweimal am Boden, ist aber umso stärker zurückgekommen, das hat eher positive psychische Effekte.
Die psychische Komponente sollte man nicht unterschätzen. Ich gehe davon aus, dass Wilders Team sich erneut dafür entscheiden wird, den Kampf um die Punkte zugunsten der Sicherheit des eigenen Boxers aufzugeben und stattdessen, wie es
@El Demoledor richtig ausgeführt hat, auf Fehler von Fury zu lauern. Die Workrate wird entsprechend runtergehen. Natürlich wird es weiterhin Wilders Stil sein, den Jab zu bringen, den Haken oder die Gerade bzw. den Cross einzustreuen, sobald Fury mal stehen bleibt und jeden Fehler Furys auszunutzen. Die Distanz wird Wilder nicht kontrollieren können und Ring Generalship wird weiterhin klar bei Fury sein.