Mein alter Tenniscoach (von 1994-2000) war Tscheche, er hatte nahezu das selbe Alter wie Petr Korda, und nur jener Korda war Mitte-Ende der 80er in der damaligen Tschechoslowakei besser als er (die spielten oft und Korda gewann immer, mein Trainer nur ein mal einen Satz). Aufgrund einer schweren Verletzung musste er die angestrebte Karriere bereits mit 19-20 auf Eis legen und kam dann mit ca. 25 nach Deutschland.
Er nannte Stich immer einen "Schnarcher"
, was ich Anfangs nicht verstand.
Ok bin ehrlich, bei mir lief das mit Tennis so:
Ich hatte aufgrund "familiärer Einflüsse" in den 80ern nur nen Draht zum Fussball, deutlich älterer Cousin spielte Fussball, Vater trainierte teilweise Fussball-Bambinos, Kollegen spielten Fussball, an Tennis hatte keiner was.
Im Frühjahr 1991 kam dann ein neuer Kollege dazu, der in einer Tennis-Familie groß wurde, Bruder, Vater, Mutter, alle mit Tennis zu tun. Der brachte uns andere dann auf den Tennis-Zug...er war erstaunlicherweise Fan vom technisch brillianten Edberg, Paradiesvogel Agassi, und Klopper Courier, nicht vom Grobmotoriker Becker oder dem arroganten Stich.
Aus irgend einem Grund wurden zwei meiner Kollegen und ich über Nacht während der French Open 1991 Stich-Fans, vlt weil der eine Kollege Michael hiess?
Weiss es nicht. Auf jeden Fall konnten wir mit dem blumpen Becker mit seiner Nasenbohrerei und Rumgewackel beim Aufschlag (Kollege:
"Der wippt rum als hätte er ein Ei im Ar... stecken") nichts anfangen, wir lachten ihn nur aus. (PS: Keiner von uns kannte Beckers Leistungen von 1985-1991, nur vom Hören-Sagen, aber nichts davon gesehen)
Wir wollten ein deutsches Finale Becker-Stich in Paris sehen, aber Agassi und Courier funkten dazwischen.
Dann vier Wochen später startete das 91er Turnier in Wimbledon, wo es die ersten Tage nur regnete. Die Erstrundenpartie vom Titelverteidiger Edberg (6-4 6-4 6-4 Sieg gegen Marc Rosset) begann Montags und endete Donnerstags, da hatte man schnell keine Lust mehr.
Stich gewann gegen Dan Goldie (Viertelfinalist von 1989), Diego Nargiso und Omar Camporese, bevor er gegen Alex Volkov kurz vor dem Aus stand, 4-5 mit Break im fünften Satz hinten und 30:30 Aufschlag Volkov, und einen der glücklichsten Bälle schlug, die ich im Tennis je gesehen habe.
Er gewinnt 7-5, und schlägt danach Courier, Edberg und Becker.
Beckers Fluchen in jenem Finale war wohl für jeden Becker-Fan ein Trauma.
Man muss sich das so vorstellen: Man wird im Juni 1991 Fan eines Spielers, und der Spieler schlägt vier WOchen später die Weltelite und gewinnt Wimbledon.
Von da dan hielten wir (ausser der eine, der uns zum Tennis brachte, der nach wie vor Agassi, Courier und Edberg cooler fand) alle stets zu Stich.
Wir dachten allerdings damals, er hätte eine super Karriere vor sich und würde gut und gern 3-5 GS Titel holen, mindestens noch 1-2 mal Wimbledon.
Erst Jahre später checkten wir, das mein alter Tennistrainer meinte, als er Stich schon ab 1994 als "Schnarcher" bezeichnete.
Der Mann war ein super Talent, wohl besser als jeder Becker und erst recht Goellner, Jelen und Co, aber er war einfach ein Lebemann, der Tennis nie als Beruf sondern Spiel ansah. Und damit erreicht man halt nciht viel.
Stich hatte mehr Talent als Becker, aber nur in manchen Phasen (Wimbledon 1991, Saisonfinale 1993, US Open 1994, French Open 1996, Wimbledon 1997) dessen Siegeswillen.
Becker hatte vom Talent her vlt sogar nur 3-4 GS Titel im Tank, aber er holte dank seines Willens am Ende 6.
Ich fand Spielertypen wie Jelen oder Karbacher eher langweilig, Braasch war lustig und hatte die geilste Aufschlagbewegung ever, und Goellner oder Zoecke waren cool.
Haas und Kiefer waren vom Talent her mMn besser als Goellner, Karbacher, Zoecke oder Steeb, aber sie hatten teilweise weniger Kampfgeist.
Ein Langweiler wie Karbacher (der sah immer so aus als würde er schon bei Aufschlag einschlafen) konnte am guten Tagen richtig fetzen, auch wenn man es ihm nicht ansah.