Ich persönlich will einen solchen Menschen nicht in meiner Mannschaft sehen
Das will ich auch nicht, hatte ich in einem vorherigen Beitrag auch geschrieben. Ich bin explizit gegen eine Rückholaktion.
Mir geht es nur darum, dass eine Suizidentscheidung eigentlich immer eine ganze Menge an vorherigen Komponenten hat, die eben irgendwann zu dieser tragischen Entscheidung führen. Natürlich war Boatengs Verhalten in diesem Fall (auch wenn wir natürlich nicht annähernd alles über die Beziehung wissen) verantwortungslos, toxisch und unmoralisch. Das steht ja außer Frage, das wäre auch schon so, wenn nur die Hälfte der Berichterstattung zutreffen würde.
Aber trotzdem ist "in den Tod getrieben" eine Kategorie, die bei Suiziden nur in den allerseltensten Fällen so direkt zutrifft. Da geht es eben um den Unterschied zwischen Auslöser und Ursache, was sich natürlich nicht immer klar trennen lässt. Aber selten ist es einfach schlicht ein und dasselbe. Das macht Boatengs Verhalten nicht besser, gar nicht.
Aber bis zu einer solchen Entscheidung passieren immer immens viele Verletzungen, Fehlentwicklungen und gefühlte und tatsächliche emotionale Abwertungen. Das passiert nicht ausschließlich durch eine einzige, toxische Beziehung.
Das eigene Leben zu schützen, ist (neben dem Schutz der eigenen Nachkommen)
der Urtrieb überhaupt. Nichts ist für einen Menschen grundsätzlich erst einmal wertvoller. Um sich am Ende so komplett entwertet zu fühlen, dass man wirklich alles auslöscht, was einen ausmacht, also sich selbst, brauch es einen langen Leidensweg. Das ist dann nicht nur eine desaströse Beziehung und gezielte Medienmanipulation.
Es macht Boatengs Rolle nicht besser, es macht sie sogar schlimmer. Wer mit einem Menschen zusammen ist oder war, der offenbar schon einen massiven Rucksack mit sich herumtrug, darf sich noch weniger so verhalten, als jeder andere. Wenn es ihm egal war, ist er ein Schwein. Wenn er es nicht erkannte, ein Idiot.
Aber trotzdem ist "in den Tod getrieben" für mich der falsche Begriff. Nicht wegen Boateng, sondern wegen des Menschen namens Kasia. Die wird nicht nur wegen Boateng gestorben sein, da steht ein kurzes, aber ganzes vermutlich sehr unglückliches Leben dahinter. Ich glaube nicht, dass Kasia Lenhardt darauf reduziert werden sollte, dass sie mal mit Jerome Boateng zusammen war, der sie dann in den Tod getrieben hat. So einfach wird die Lebensgeschichte kaum sein, auch wenn sie die Öffentlichkeit natürlich nichts angeht.
Und eben darum stört mich das "
etc" bei @smoke. Dahinter steht doch etwas, ein ganzes Leben. Das ist nicht etc. Es geht nicht darum, Boatengs Verhalten schönzureden (da ist ja auch nichts, was man schönreden kann), es geht auch um Respekt vor einem viel zu kurzem Leben. Ich erfahre in dieser "Sache" oder in diesem "Fall" (beides grauenhafte Begriffe in einem solchen Zusammenhang, aber mir fallen gerade keine besseren ein) viel über Boatengs toxisches Verhalten.
Und ja, da gebe ich dir
@Super-Grimm Recht, in einem solchen Fall dürfen Medien auch private Nachrichten etc zitieren. Aber ich erfahre rein gar nichts über Kasia Lehnhardt. Ich weiß null, wer dieser Mensch war, wie sie war, was sie umtrieb. Ich finde das aber wichtig. Und nein, immer noch nicht, um irgendetwas an Boatengs Verhalten zu rechtfertigen.
Sondern weil ein Mensch, dessen Freitod in die Öffentlichkeit gezerrt wird, auch posthum einfach das Recht hat, dass seine (hier:ihre) Geschichte, ihr Leben erzählt wird. Wenn der Tod von Kasia Lehnhardt schon öffentlich "diskutiert" wird, dann hat sie auch das Recht, Kasia Lehnhardt zu sein und nicht die Ex des Skandal-Kickers. Ein "etc" vermittelt aber den Eindruck, dass es einfach kein Stück um Kasia geht, sondern dass sie nur ein pro oder contra Argument im Fall Boateng ist (je nach gusto).
Das ist vom sehr geschätzten User @smoke sicher nicht so beabsichtigt, mir ist das aber wichtig.