Dürfen Schalker Fans ihre Mannschaft auspfeifen? Immer doch!
Die Anhänger dürfen ihren Unmut kund tun, wenn die Mannschaft das vermissen lässt, was im Fußball entscheiden ist: Leidenschaft! Meint jedenfalls
Philipp Köster.
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Tausende verließen schon vor dem Schlusspfiff beinahe fluchtartig die Arena, die anderen pfiffen ohrenbetäubend, als sich die Mannschaft nach dem Spiel vor die Nordkurve begab.
Das jedoch wollte Schalkes Kapitän
Benedikt Höwedes nicht so einfach stehen lassen, kritisierte zunächst brav sich selbst ("Natürlich spielen wir einen ****** zusammen"), nahm sich dann aber auch die Anhänger zur Brust: "Dass man sich so auspfeifen lassen muss, ist schon schade!" Höwedes konnte sich dabei des allgemeinen Bedauerns sicher sein. Weil ja, so der Konsens, sogenannte echte Fans ihre Mannschaft auch in schweren Stunden unterstützen und anfeuern und sich nicht die Seele aus dem Leib pfeifen.
Klarer Fall, es gehört sich für Anhänger in der Kurve tatsächlich nicht, beim ersten Fehlpass, beim ersten Gegentor oder bei der ersten Heimniederlage gleich herumzumeckern. Das sollte das Privileg jener Gelegenheitszuschauer bleiben, die mit fabrikneuem Schal auf ihrem Schalensitz hocken und tatsächlich glauben, sie hätten mit der Eintrittskarte auch das Recht auf attraktiven
Fußball erworben. Nein, eine gewisse Leidensfähigkeit muss der Fan mitbringen - gerade auf Schalke.
Wer jedoch den Anhängern das Recht auf Pfiffe abspricht, wird den Fans nicht gerecht.
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Die Fans erwarten eine Gegenleistung. Die besteht nicht in Toren und Siegen und großer Show, sondern in der Identifikation mit dem Klub und damit verbundenen Einsatzbereitschaft auf dem Rasen.
Das gilt insbesondere für das Gelsenkirchener Publikum, wo eine gepflegte Grätsche immer noch erfreuter zur Kenntnis genommen wird als jedes technische Kabinettstückchen. Es ist noch nie eine königsblaue Mannschaft ausgepfiffen worden, die auf dem Rasen glaubwürdig den Eindruck erweckte, bis zum Schlusspfiff alles gegeben zu haben. Am Freitag jedoch stand eine Mannschaft auf dem Platz, die offenbar nicht begriffen hatte, welche Tugenden in diesem Spiel gefragt waren.
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