Es liegt mir zwar fern, hier unbedingt den Schlaumeier ‘raushängen zu lassen, aber wegen der mehrfachen konkreten Nachfrage nach den potentiellen gesundheitlichen Komplikationen eines gebrochenen Unterkiefers im Boxring habe ich mir erlaubt ein paar mögliche Risiken darzustellen.
Ich dachte zwar bislang, dass die Wucht der auf die Bruchstücke eines zertrümmerten Unterkiefers einwirkenden Kräfte bei weiteren Schlägen und deren verheerende Wirkung auf die noch intakte Knochenstruktur und das umgebende Weichteilgewebe doch eigentlich nicht ernsthaft erläutert zu werden braucht ! ?:wall:
Aber bitte, meinetwegen, nochmals extra für diejenigen, die ohne gesonderte Erklärung nicht glauben, dass der Papst katholisch ist:
Dabei bin ich mir völlig klar darüber, dass diejenigen user, die die Gesundheitsrisiken einer solch schweren Verletzung nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dies auch weiterhin nicht tun werden.
Darüber hinaus möchte ich bereits im Vorfeld unmissverständlich erklären, dass ich an einer gehässigen und respektlosen Diskussion keinerlei Interesse habe.
Vielmehr ist es mein Anliegen, auf einer ganz sachlichen und informativen Ebene ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Fakten aufzuzählen:
Zuallererst muss man zwischen einem „einfachen“ Kieferbruch ohne großartige Verschiebung der Fragmente und einer Mehrfragmentfraktur, also einem sog. „Stückbruch“ mit deutlich vorhandener Dislokation der zerborstenen Knochenanteile unterscheiden. Bei AA handelte es sich, sehr deutlich an der Deformierung der Gesichtskonturen erkennbar, um Letzteres.
Bei einer akuten Blutung im Mund/Rachenraum besteht grundsätzlich immer die Gefahr der Aspiration (wurde bereits erwähnt) insbesondere dann, wenn durch körperliche Anstrengung heftig geatmet wird.
Im weiteren Verlauf kommt es nicht selten zu einer sogenannten Aspirations-Pneumonie, also zu einer durch diese Verunreinigung der Atemwege ( Blut und/oder Fremdkörper ) ausgelöste Lungenentzündung.
Bei Frakturen ist die Ruhigstellung generell deshalb wichtig, weil durch die Scherbewegungen und Verkantungen der Bruchstücke gegeneinander im Bereich des Frakturspaltes weitere Knochenfragmente abgesprengt bzw. abgesplittert werden und sich dadurch Komplikationen bei der Knochenheilung (z.B. Pseudarthrosen) ergeben.
Die Reposition, also die Wiederherstellung der zerbrochenen Knochenstücke in der der ursprünglichen Stellung zueinander wird um so schwieriger, je kleiner diese Bruchstücke sind und je mehr von diesen Bruchstücken vorhanden sind.
Unglücklicherweise hängt die Frakturheilung außerdem ganz erheblich davon ab, dass noch genügend intaktes Knochenmaterial vorhanden ist, um mit genügender Festigkeit mit Hilfe von Platten und Schrauben, Drähten etc. eine übungsstabile Situation wiederherstellen zu können.
Wenn die umgebenden Weichteilstrukturen durch massive Quetschverletzungen, oder beispielsweise wie im vorliegenden Fall auch durchaus möglich, durch eine Durchspießungsverletzung, derart traumatisiert sind, kann das die Knochenheilung empfindlich stören. Es können sich Teile des Knochens unter Ausbildung sogenannter Sequester regelrecht abstoßen und, vor allen Dingen gefürchtet, durch mangelnde Stabilität des knöchernen Durchbaues sogenannte Pseudarthrosen, also instabile Zonen, die wie ein zusätzliches „falsches Gelenk“ eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigung mit sich bringen ausbilden.
Damit nicht genug, wäre es zu einer Durchspießungsverletzung der Weichteile gekommen, die bei Arthur Abraham jederzeit durch einen weiteren Treffer im Bereich des Unterkiefers hätte eintreten können, wäre das erhöhte Risiko zur Ausbildung einer sog. „offenen Fraktur“ mit entsprechend wesentlich höherem Infektionsrisiko, bis hin zur Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung) des Unterkiefers greifbar nahe gewesen. Trotz moderner Antibiotika-Therapie schreitet diese schwerwiegende Form der Knochenmark-Entzündung oftmals weiter fort, so dass der Unterkiefer regelrecht „wegfault“.
Deshalb müssen solche Osteomyelitiden häufig radikal operiert werden, das heißt das betroffene Knochenstück wird entfernt und durch eine Prothese (Metall-Implantat)ersetzt.
Dann hätte der Boxer sozusagen ein regelrechtes „Eisenkinn“ obwohl das Implantat eigentlich aus einer Edelstahl-Legierung besteht.
Toll, was ?!