Gladiator
Banned
Interview mit Don KIng
"Ich bin der Anwalt für eine bessere Welt"
Was wäre das Boxgeschäft ohne Don King?
FAZ: Die internationale Schwergewichtsszene war noch nie so unübersichtlich, weil die dominierende Figur fehlt. Somit gibt es auch niemanden, der die Massen fasziniert; liegt die Königsklasse des Preisboxens am Boden?
King: Unsinn, Mann; es ist die beste Zeit, die das Schwergewicht je hatte. Wenn die dominierende Figur fehlt, steht die Tür im Umkehrschluß für jeden offen. Das ist doch phantastisch für den Sport. Schon bald wird es wieder einen neuen Hero geben, ihr wißt es nur noch nicht. Ihr habt lange gebraucht, um Lennox Lewis als solchen zu erkennen. Viele haben es erst begriffen, als Lennox sich für immer aus dem Ring verabschiedete. Und hab' ich euch nicht gesagt, Lamon Brewster ist ein schlafender Riese? Er hat den Koloß aus Kiew gestürzt. Wladimir soll Schluß machen mit dem Boxen.
FAZ: Aber wer kommt denn noch nach in diesen Zeiten? Leute mit Gardemaß zieht es zum Basketball, dem Boxgeschäft gehen die Athleten aus.
King: Es gibt Menschen, die anders als die Jungs vom Basketball keinen Hochschulabschluß und keine Lobby haben. Kein anderer Sport als das Boxen gibt jedem eine Chance. Du kannst direkt von der Straße kommen, aus dem Ghetto oder aus dem Gefängnis, und wirst mit offenen Armen empfangen, bekommst deine Chance.
FAZ: Nun haben Sie es aber gelegentlich mit einer neuen Generation von Berufsboxern zu tun, die selbstbewußt genug ist, sich von Promotern zu emanzipieren. Sie wollen über das Geld verfügen, es sich nicht anteilig vom Promoter portionieren lassen. Nehmen Sie das Beispiel Witali Klitschko. Der ist kommenden Samstag in Los Angeles Hauptkämpfer und Veranstalter in einem.
King: Glauben Sie im Ernst, nur weil einer Akademiker, also gebildet ist, hat er das Zeug, die Legitimation zum Promoter? Seine Firma K2 kenne ich nur vom Hörensagen. Aber was hat K2 denn schon auf die Beine gestellt? Ich habe vor dreißig Jahren als die Nummer eins in diesem Geschäft begonnen und bin es immer noch. Ich, der Profi, der Professor der Promotion, bin seit drei Jahrzehnten vorn.
FAZ: Aber es gibt eine Reihe von Leuten, die mit Ihrer Art von Nehmen und Geben nicht einverstanden waren. Verraten Sie doch mal, wie oft sich die Justiz mit der Klage Boxer gegen Promoter King befassen mußte.
King: Es waren nicht die Boxer, es waren die Leute hinter den Boxern, die ihnen einen Floh ins Ohr gesetzt haben, um an Geld zu kommen. Sehen Sie, es gibt nicht wenige Leute unter den Boxern, die Analphabeten sind. Du nimmst sie an die Hand, du kriegst ihren Körper fit, du jagst den Teufel in ihrem Kopf davon, du besorgst ihnen die passenden Gegner, baust sie zu Giganten auf - und dann kommen die sogenannten Freunde. Für mich gibt es in diesem Geschäft ein Schlüsselwort. Es lautet Loyalität. Wenn man ein Problem miteinander hat, muß man das regeln wie Mann und Frau in der Ehe - miteinander reden. Nehmen wir mal den abschreckenden Fall Mike Tyson. Der hat trotz des angeblichen Blutsaugers King nachweislich mehr Geld verdient als jeder andere. Und trotzdem ist er bankrott gegangen. Nachdem er sich von mir getrennt hat. Ist der Bankrott etwa meine Schuld? Der Mann kannte kein Maß. Larry Holmes war auch so ein Kapitel für sich. Ich sage Ihnen, was dem fehlte: Realismus. Ich öffne Türen für gute Geschäfte, ich bringe Leute zusammen, ich bin der Anwalt für eine bessere Welt.
FAZ: Wenn dem so ist, sollten Sie auf der Stelle in den Irak fliegen.
King: Das habe ich doch schon längst gemacht. Wie viele Promoter außer mir waren denn schon da? Keiner. Ich aber war an der Front bei unseren Soldaten. Die Luft war, ich muß es zugeben, bleihaltig. Aber Don King kennt keine Furcht.
FAZ: Auch nicht vor dem deutschen Promoter Klaus-Peter Kohl? :laugh2: Er trägt bereits den schmückenden Beinamen "Don" Kohl, weil er der Marktführer in Europa ist. Der kommende Erdteil für die Preisboxerei?
King: Peter ist Peter. Er ist schwierig, aber ich akzeptiere ihn wie jeden Profi in diesem Geschäft. Bisweilen applaudiere ich ihm sogar. Europa ist wirklich im Kommen, die alte Welt hat gut ausgebildete Boxer. Ich muß zugeben, daß die Regeln fürs Berufsboxen ja in England geschaffen worden sind. Ich habe ein gutes Gedächtnis für historische Zusammenhänge. Da gab es eine Zeit, als im Ring alles dafür getan wurde, damit Weiß und Schwarz gewinnt. Ich erinnere daran, daß der Ringrichter einem auf dem Ringboden liegenden Briten ins Ohr flüsterte: "Du darst nicht gegen einen ****** verlieren." Er unterbrach den Kampf, gewährte seinem Landsmann eine Verschnaufpause so lange er braucht, bis dieser sich wieder berappelte. Das ist für mich Rassismus.
FAZ: So alt können Sie gar nicht sein, um Zeitzeuge dieser Szene gewesen zu sein.
King: Richtig, fein gerechnet, aber ich kann lesen. Zum Beispiel die "Times". Da stand es, und es ist ja wohl ein seriöses Blatt. Boxen ist heute die beste und ehrlichste Realityshow, die das Fernsehen zu bieten hat.
FAZ: Im August werden Sie 73 Jahre alt. Wie lange wollen Sie noch den guten Geist als Lautsprecher des Berufsboxens geben?
King: Solange ich atmen kann. Gott hat mir diese Berufung gegeben. Ich halte es mit Rudyard Kipling. Der hat einmal gesagt, daß für ihn die Menschen zählen, denen er begegnet ist. Und nicht das Geld.
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub9CD731D06F1...AABD7B0B80AFE70FAF~ATpl~Ecommon~Scontent.html