Frauen, die sich hauen
Statt ihrer Fäuste ließ die "Killer-Queen" freundliche Worte fliegen. Susiana Kentikian - die Hamburgerin zählt zur Weltelite im Frauenboxen. Dass sich Kentikian vor ihrem ersten Kampf um den Weltmeisterschaftstitel am 16. Februar in Köln (gegen die Venezolanerin Carolina Alvarez) so offen, vorurteilslos und kooperativ zeigt, überrascht und freut Ratzel zugleich. Die bisher ungeschlagene Fliegengewichtlerin war trotz harten täglichen Trainings bereit zu den Tonaufnahmen. "Kannst du gewinnen?" "Was sagt dein Instinkt? "Willst du sterben?" "Zweifelst du?" Ihre Fragen und Provokationen prasseln auf den Boxer ein, und er schlägt zurück gegen die unsichtbare Gegnerin. Sie verkörpert seinen "inneren Schweinehund", den Kentikian natürlich kennt und immer aufs Neue überwinden muss. "Es geht um Verlieren oder Gewinnen zwischen ihm und der Stimme. Fäuste und Worte ergeben den Rhythmus des Kampfes. "Ein Tanz auf Leben und Tod. Denn verlieren bedeutet eine Art von Sterben." Sieht die Boxerin ähnlich, doch weniger verbissen. Die 19 Jahre alte Armenierin, aufgewachsen in Rahlstedt, versucht, mit technischem Know-how und mentalem Training Ängste und Selbstzweifel auszuschalten. "Ich bin die Beste. Ich bin die Stärkste. Ich bin die Gewinnerin. Ich bin die Killlerqueen", programmiert sich die neue Frontfrau nach dem Ring-Abschied von Regina Halmich auf Sieg. Seit ihrem 12 Lebensjahr boxt sie: "Ich bin mit meinem älteren Bruder mal mitgegangen und geblieben. Er boxt nicht mehr, aber ich mache jetzt weiter." Also: Daumen drücken für ihren Sieg!
Gegen Vorurteile hat jede zu kämpfen: Denn Tanzen ist Frauensache und Boxen ein Männerjob. Kentikian wie Ratzel überschreiten in ihrer Arbeit Gender-Grenzen und Rollenmuster, setzen sich darüber hinweg. Bei aller Weiblichkeit sind ihnen männliche Verhaltensweisen und Züge nicht fremd. "Als Frau muss ich beim Boxen noch mehr geben und zeigen, dass ich genauso hart bin wie ein Mann."
Wie jede Tänzerin spricht Kentikian von Körperrhythmus, von guter Beinarbeit und innerer Musikalität. "Aber es nützt nichts, ausgezeichnet zu boxen, wenn ich nicht die Kunst beherrsche, solange nachzusetzen, bis es zum K.o. kommt." Was nichts anderes bedeutet: Trotz Erschöpfung und Schmerz weiterzukämpfen, bis die Gegnerin am Boden liegt.
Quelle: Hamburger Abendblatt 10/11.02.2007
P.S. Am Donnerstag den 15.02.07 wird Susi in der Show TV-Total (Pro7), als Gast zu sehen sein.