Martin Kind, der in Hannover die 50+1 Regelung de facto umgeht, mit einem Mix aus Besetzungen von Gremien, Zuständigkeiten von Firmen, an denen er die Mehrheit der Anteile hält, und Verträgen, die seine Absetzung als Geschäftsführer auf Lebenszeit verhindern, spielt eine besondere Rolle, wie hier schon erwähnt wurde. (
50+1 ausgehebelt? Martin Kind, Hannover 96 und die Rolle der DFL - von 2022)
Seine Stimme könnte entscheidend gewesen sein, da genau die 24 nötigen Stimmen zusammenkamen.
Die DFL, die rund um die Abstimmung immer wieder für den Deal warb, indem sie Transparenz in alle Richtungen versprach, hat die Abstimmung diesmal geheim abgehalten. Viele Vereinsvertreter wussten, dass die meisten Mitglieder dagegen sind. Dort wo es Abstimmungen in den Vereinen gab, fielen sie durchweg gegen den Investoreneinstieg aus.
Die Abstimmung fand per Urne statt, sodass auch die Anwesenden nicht wussten, wie die jeweils anderen gestimmt hatten.
Kind, der mit der aktuellen Führung des e.V. in Hannover schon lange in erbitterten Streit liegt, der auch vor Gericht ausgetragen wurde (der e.V. wollte ihn als Geschäftsführer entmachten), hat wahrscheinlich momentan die beste Zeit seines Lebens, gerade weil seine Stimme, sollte sie den "Ja" gelautet haben, entscheidend war. So kann er den verhassten Mitgliedervertretern so richtig eins auswischen.
Investoren-Deal: Kind verweigert Hannover 96 weiter konkrete Auskunft
Wie ein Vorstandsmitglied der Niedersachsen am Donnerstag bestätigte, habe sich Kind wie gefordert beim Club gemeldet, sei dabei aber nicht konkret auf die Fragen der Führung des e.V. eingegangen.
"Die Frage war ja konkret, wie er abgestimmt hat und ob er sich an die Weisung gehalten hat", sagte das Vorstandsmitglied. Kind aber habe, wie schon zuvor, lediglich darauf verwiesen, dass es sich um eine geheime Abstimmung gehandelt habe.
Die Clubführung des Muttervereins hatte Kind angewiesen, den DFL-Deal abzulehnen. Der 79-Jährige allerdings gilt als Befürworter. Da der Einstieg eines Investors bei einer weiteren Nein-Stimme oder Enthaltung geplatzt wäre, liegt der Fokus auf Kind.
Natürlich wird man ihm, dank der geheimen Abstimmung, niemals was können. Die Liste derjenigen, die mit Nein bzw. Enthaltung gestimmt haben, muss ja nicht der Wahrheit entsprechen. Darauf kann er sich immer berufen.
Der DFL kam das ganze recht. Um sicher zu gehen, gab es aber auch schon Andeutungen seitens der DFL, dass sich die stimmberechtigten Vertreter bei der DFL ja nicht zwingend an die Vereinsvorgaben halten müssten, rechtlich gesehen wahrscheinlich diskutabel.
Ich teile die im Rasenfunk geschilderten Eindrücke.
Zusammengefasst:
- der Deal war für die Investitionen nötig, weil die Vereine im sportlichen Rattenrennen am Limit wirtschaften
- Geld anderweitig zu beschaffen wurde gar nicht groß diskutiert, man hatte Zeitdruck wegen der anstehenden nationalen Rechtevergabe
- ob die geplanten Investitionen tatsächlich langfristig mehr Geld in die Kassen spülen, bleibt fraglich
- es ist eine weitere Verteilung von unten nach oben, festigt also den Status quo, der aber vor allem weiterhin an den Einnahmen aus der CL hängt
- die großen Vereine und diejenigen, die schon Investoren haben, drohten offen mit einer Abspaltung der 1. Liga, wenn die Zweitligisten nicht mitziehen würden
- man behauptet, vertraglich abzusichern, dass der Investor nicht bei Anstosszeiten und -orten sowie den Formaten mitreden darf, aber das wäre naiv anzunehmen
- das Geld wird mit hoher Sicherheit (auch) aus Quellen kommen, die man bei Fans ungerne sieht, weil Private Equity meist intransparent ist
- zudem könnten ein Investor Interessenskonflikte haben, weil sie auf mehreren Hochzeiten tanzen, wie z.B. CVC, die auch als Interessent gelten
- auch wenn der Deal nicht der Weltuntergang ist, öffnet er einen Weg, von dem es wahrscheinlich kein zurück gibt
- der Investor soll erst mal nur 8% bekommen, aber was ist, wenn die DFL wieder kurzfristig Geld braucht? Was ist, wenn die DFL Spitze in ein paar Jahren anders besetzt ist und sich nicht an die großen Versprechungen der aktuellen Führung halten will?
- in 8 Jahren kann der Investor seine Anteile übrigens wieder abtreten. Die DFL hat dann ein Rückkaufrecht, von dem sie wohl kaum Gebrauch machen wird, außer um die Anteile direkt wieder abzutreten. Ansonsten bestimmt der Investor selbst an wen sie gehen