mal ein sehr differenzierter Bericht aus der Welt...
Im Fußball wird das Bolzen immer mehr zu Nebensache. Geld war früher nur ein Mittel, das zum sportlichen Erfolg beigetragen hat. Heute hingegen ist es der Zweck vieler großer Vereine. Sie sollen eine gute Rendite für ihre Investoren oder Aktionäre abwerfen.
Die oft so kuriose Fußball-Welt kann auch ganz einfach und klar sein. Geld entscheide Meisterschaften, sagt der Geschäftsführer von Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke. "Eine Studie hat bewiesen, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen finanziellem Aufwand und sportlichem Ertrag gibt." So einfach sei das.
Weiterführende links
Bayern hat mehr Geld für Stürmer als Stuttgart. Bayern wird wahrscheinlich Meister. Barcelona hat mehr Geld als die Bayern. Barcelona wird in der Champions League wohl besser abschneiden als die Münchener. "Das können Dir Unternehmensberater alles an Tabellen erklären", sagt Watzke, Chef des einzigen börsennotierten Fußballvereins in Deutschland.
Beim Fußball dominieren die Finanzen
Im Fußball wird das Bolzen immer mehr zur Nebensache. Es dominieren Finanzen, Wahrscheinlichkeiten und Optionen. Ständig werden neue Geschäfte aufgemacht, Lizenzen vergeben und Deals eingefahren. Die Liga agiert wie im Rausch. Über 170 Millionen Euro gaben die Klubs in diesem Jahr für neue Kicker aus. Eigentlich hat das Geld den Sinn, sportliche Triumphe möglich zu machen. Doch das millionenschwere Umfeld lockt immer mehr Investoren an - keine wilden Geschäftemacher, sondern renommierte Geldhäuser, die langfristig planen. Die Banker kriegen ihren Kick nicht aus einem Tor in der Neunzigsten Minute. Sie wollen Cash und keinen Cup.
Oliver Kehren von der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley erklärt die Vorteile der Branche, wo doch scheinbar alles von einem glücklichen Tor abhängt. "Ein Fußballklub ist ein normales mittelständisches Unternehmen, wenn man die Emotionen herauslässt." Mit einem großen Vorteil: "Die Einnahmen sind nahezu alle über ein Jahr planungssicher." Welches Unternehmen hat das schon? Die Erträge aus dem Fernsehgeschäft stehen genauso fest wie die Sponsorengelder, die Catering-Gewinne und die Ticketerlöse. "Fast der gesamte Umsatz ist durch Verträge festgelegt", sagt Banker Kehren. Dem gegenüber stehen genauso stabile Ausgaben. Der Klub weiß, was die Kicker kosten, die Trikots und die Turnschuhe. "Wenn man mit Augenmaß herangeht, ist das ein gutes Geschäft." Selbst ein Abstieg ist in dieser Managerlogik keine Katastrophe: "Die Einnahmen bleiben planbar. Jedes andere Unternehmen steht vor größeren Risiken."
Morgen Stanley ist bei Borussia Dortmund eingestiegen
Kehren hat für Morgan Stanley bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Seine Firma ist gemeinsam mit dem Hedgefonds Blue Bay Asset Management und dem Fonds des Finanzinvestors Florian Homm, Absolute Management Holding, mit bis zu 46 Prozent bei Borussia Dortmund eingestiegen. Der klassische Fußballverein mit seinen zehntausenden Mitgliedern hält nur noch 7,24 Prozent am Spielbetrieb. Nur über das Hilfskonstrukt der GmbH & Co. KG auf Aktien behält der Klub noch die Mehrheit an der börsennotierten Gesellschaft, wie es die 50 plus 1-Regel der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vorschreibt.
Watzke und die Finanzinvestoren haben den BVB wieder auf Vordermann gebracht. Das Unternehmen weist sogar wieder kleine Gewinne aus. Und es gibt Klarsicht im Geschäft. Als Aktiengesellschaft muss Dortmund detaillierte Rechenschaft in seinen Finanzberichten ablegen. Für Kehren ist das entscheidend. "Jeder Investor liebt Transparenz.".
Transparenz der Entscheidungen wird wichtiger
Die Lehre ist einfach: Ein Manager muss verlässlich planen, und nicht den Erfolg um jeden Preis kaufen. Undurchsichtige Deals können Vereine hingegen an den Rand des Abgrunds führen. Dortmund stürzte in eine schwere Krise, nachdem es einige Millionentransfers auf Pump finanzierte.
Und der Erzrivale Schalke 04 muss diese Erfahrung momentan machen. In einem undurchsichtigen Geflecht von dutzenden Firmen versickert das Geld Säckeweise. Für das Geschäftsjahr 2005 musste der jetzige Schalke-Präsident und damalige Finanzchef Josef Schnusenberg eine bilanzielle Überschuldung von 66 Millionen Euro ausweisen. Für das Geschäftsjahr 2006 präsentierte der Verein bei einem Umsatz von 117 Millionen Euro einen Verlust von 3,4 Millionen Euro. Auch die Gazprom-Millionen scheinen nur bedingt zu helfen, wie Gerüchte rund um die Arena besagen.
Geschäfte müssen aus eigener Kraft gestemmt werden
Die Experten der Bankenwelt sind sich sicher: Das ganze Verpfänden und Verkaufen von zukünftigen Zuschauereinnahmen oder Vermarktungsrechten schafft zwar Raum für ein tolles Team, das eine oder zwei Spielzeiten zusammen bleibt. Aber dann kommt der Absturz. Auf Dauer oben mitspielen kann nur, wer seine Geschäfte aus eigener Kraft bewältigt.
Auch für Martin Kind, den Präsidenten von Hannover 96, hat der heutige Fußball nicht mehr viel mit Vereinsromantik gemein. "Ein Bundesligist ist nichts anderes als ein Wirtschaftsunternehmen. Also müssen auch entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden", sagt der Hörgeräte-Unternehmer. Hannover 96 wurde daher schon vor einigen Jahren in eine GmbH & Co. KGaA umgewandelt. Dahinter stehen insgesamt sieben Gesellschafter, darunter auch Kind selbst.
Hannover 96 ist vorbildlich aufgestellt
Der Präsident wähnt seinen Klub nun langfristig besser aufgestellt als Konkurrenten wie Bochum, Hamburg oder Stuttgart, die noch als Verein organisiert sind. "Wir können uns ganz anders auf dem Kapitalmarkt bewegen. Vereine sind gemeinnützig und gut für den Breitensport. Wir können dagegen wie ein ertragsorientiertes Unternehmen denken und handeln." Die Früchte seien nach und nach sichtbar. So hat Hannover zum Beispiel mit der AWD-Arena seine Spielstätte übernommen und auf dem Transfermarkt Achtungserfolge gefeiert.
Kind will mit seinem Klub unternehmerische Freiheit leben. Die DFL fordert er daher auf, über die Abschaffung der 50 plus 1-Regelung zu diskutieren. Die Satzung sieht vor, dass als Kapitalgesellschaft ausgegliederte Fußballabteilungen mindestens zur Hälfte von den Vereinen kontrolliert werden müssen. Investoren dürfen nicht bestimmen, was läuft. "Die Vereine sollten nicht reglementiert werden. Als Wirtschaftsunternehmen muss man sich dem Kapitalmarkt öffnen", so Kind. Jeder Klub brauche Eigenkapital, und "man muss natürlich auch in der Lage sein, sich welches zu beschaffen." Bei seinem Vorstoß hat Kind einige mächtige Vorbilder. Bayer04-Chef Wolfgang Holzhäuser hat beispielsweise die 50 plus 1-Regel umgangen, als er es gemeinsam mit Rainer Calmund schaffte, seinen Klub zu 100 Prozent an die Bayer AG zu übertragen.
Wie wichtig der Zugang zu frischem Kapital mittlerweile ist, zeigt ein Blick über die Grenzen. In den Ligen in Spanien, Italien, Frankreich und England schwimmen die Spitzenvereine im Geld. Gönner-Präsidenten und Clubeigner wie Roman Abramowitsch von Chelsea oder die Familie Moratti von Inter Mailand pumpen Unsummen in ihre Mannschaften. Die Teams kassieren dafür Milliarden von TV-Sendern und Sponsoren. In Deutschland ist allein der FC Bayern noch in der Lage mit zu halten. Auch dank ihres 10-prozentigen Gesellschafters Adidas konnten die Münchener in diesem Jahr 70 Millionen in den eigenen Kader stecken. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert sagte in der Wirtschaftswoche: "Das ist kein sportlicher Wettbewerb mehr, sondern ein Wettbewerb der Marktbedingungen."
Die Vereine in Deutschland haben das erkannt. Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young denken gegenwärtig mindestens drei Klubs über einen Börsengang nach. Vor allem die gestiegenen Fernseheinnahmen machen die Branche nach den Krisenjahren optimistisch. Trotz der jüngsten Umwälzungen bei der Live-Berichterstattung im Bezahlfernsehen - Arena hat seine erst vor einem Jahr gekaufte Lizenz kürzlich an Premiere weitergeleitet - bekommt die Liga in den nächsten zwei Spielzeiten zusammen 840 Millionen Euro.
Geld aus TV-Verträgen sind eine wichtige Stütze deutscher Vereine
Für die Vereine ist das deutlich erhöhte Fernsehgeld ein warmer Geldregen nach der kalten Dusche durch die Kirch-Pleite in den vergangenen Jahren. "Den Klubs geht es durch den neuen Fernseh-Vertrag und die zusätzlichen Ausschüttungen infolge der Weltmeisterschaft im eigenen Land so gut, wie noch nie", sagt Arnd Hovemann, Autor der Ernst&Young-Studie. Anders als noch vor wenigen Jahren benötigen die Bundesligisten Finanzierungen nicht mehr zum Überleben, sondern um sich breiter aufzustellen. "Die Zeiten, in denen der Gürtel enger geschnallt werden musste, sind vorbei", meint der Analyst.
Auch bei den Kapitalgesellschaften ist die Botschaft angekommen. Sie scharren mit den Füßen, wie Morgan-Stanley-Banker Kehren verrät. "Uns haben schon Investoren angesprochen." Das alte System der Vereine habe ausgedient. Sobald die Mehrheitsregel 50 plus 1 falle, werde es zu Übernahmen kommen, ist sich Kehren sicher. Auch im Interesse der Liga. Es gehe schließlich darum neue Zugänge zum großen Geld zu schaffen, um den Anschluss an England und Italien nicht zu verlieren.
http://www.welt.de/wirtschaft/article109...ntscheidet.html