Nun folgt das klare Highlight der Woche für die meisten Fans, das saudische DAZN-PPV Event. Ich blicke mal auf sämtliche Kämpfe und gebe meine Einschätzungen dazu ab.
Anthony Joshua (26-3) #2 vs. Otto Wallin (26-1) #5 Schwergewicht: Das ist der Hauptkampf des geschichtsträchtigen Abends. Joshua blickt auf zwei Punktniederlagen gegen Usyk zurück, inklusive mentaler Ausfälle. Daraufhin erfolgten zwei Siege, die Nummer gegen Franklin war jedoch ziemlich glanzlos. Der einstige britische Schwergewichtsstar wirkt auf mich ziemlich angespannt und teilweise verkrampft in den Kämpfen. Man merkt ihm schon an, dass die letzten Jahre mental einiges mit ihm gemacht haben. Wallin hingegen hat lediglich die eine Niederlage gegen Fury im Rekord stehen, wo der Schwede aber einen starken Kampf ablieferte. Daraufhin erfolgten eher unbedeutende Siege, zuletzt konnte er auswärts aber Murat Gassiev über die Punkte bezwingen, was stark war. Wallin ist ziemlich vielseitig. Er kann im Rückwärtsgang gut boxen, bringt den Jab konstant und ist dabei beweglich. Er kann aber auch das Tempo verschärfen und nach vorne gehen, dazu bringt er gute Nehmerqualitäten mit. Er ist ein kompletter Boxer, der Joshua vor große Probleme stellen wird. Allerdings bringt der Brite deutlich mehr Reichweite als Gassiev mit, wodurch das lockere Ausjabben sich nun schwieriger gestalten wird.
Deontay Wilder (43-2-1) vs. Joseph Parker (33-3) #12 Schwergewicht: Wilder blickt auch auf zwei Niederlagen zurück, das waren aber vorzeitige Niederlagen gegen Fury. Seitdem boxte er lediglich eine Runde gegen Helenius. Ringrost wird dort definitiv vorhanden sein, aber am Ende wird Deontay ohnehin nur auf seine Möglichkeit lauern, die Schlaghand wuchtig ins Ziel zu bringen. Parker hingegen war enorm aktiv zuletzt. Er ist so die positive Ausnahme im Schwergewicht, was die Aktivität anbelangt. Er wird in diesem Jahr seinen vierten Profikampf bestreiten. Ich finde den Kampf deshalb interessant, weil man Parkers Taktik nicht kennt. Gegen Joyce versuchte er physisch dagegenzuhalten und auf Angriff zu gehen, was grandios scheiterte. Was wird er gegen Wilder nun machen? Greift er dort vermehrt an, könnte er sich diesen berüchtigten Konter von Wilder fangen. Also dann doch etwas abwartender agieren? Ich kann mir beides bei Parker vorstellen - von daher ist das im Vorfeld für mich auch ein spannender Kampf. Ich sehe den Neuseeländer jetzt auch nicht so als klaren Underdog hier, wenn er richtig eingestellt ist.
Dmitrii Bivol (21-0) vs. Lyndon Arthur (23-1) #13 Halbschwergewicht: Das ist die erste von zwei Weltmeisterschaften des Abends. Bivol gilt als P4P-Kämpfer und ist neben Beterbiev die Nummer 1 im Halbschwergewicht. Leider war er nun auch wieder seit über 12 Monaten inaktiv, den Canelo-Sieg konnte er nicht wirklich nutzen für die ganz großen Kämpfe. Durch das Saudi-Money könnte es aber nun zum Beterbiev-Kampf noch kommen, weil sie eindeutige Signale ausstrahlten, dass sie diesen Kampf dort veranstalten wollen. Zuvor wird nun Wassermanschützling Arthur erfolgen. Er hat zuletzt gegen Braian Nahuel Suarez den IBO-Titel gewonnen. Suarez hat da teilweise Arthur richtig verprügelt, und der Abbruch war nicht weit - doch dann konnte er es mit einem krachenden KO noch drehen. Hübscher Erfolg für Arthur, aber gegen Bivol wird er keine Chance haben. Das dürfte ein ganz lockerer Punktsieg für den Russen werden, Arthur hat die Qualität nicht.
Jai Opetaia (23-0) #3 vs. Ellis Zorro (17-0) #30 Cruisergewicht: Hier geht es um den IBF-Titel von Opetaia. Er ist ein neueres Matchroom-Signing und konnte zuletzt gegen Jordan Thompson überzeugen, der aber auch boxerisch nicht viel mitbrachte. Nun steht Zorro bevor, den ich neulich mal gegen Hosea Burton in der York Hall sah. Das war ein enger Kampf vor ein paar Hundert Zuschauern mit einem guten Finish von Zorro. Zuletzt gab es einen engen Punktsieg über Luca D'Ortenzi, den man auch in Deutschland kennt. Ich habe den Kampf nicht gesehen. Insgesamt hat das also mit WM-Niveau eher weniger zu tun. Ich würde behaupten, dass der Europameister Michal Cieslak Zorro mühelos KO schlagen würde - Opetaia wird das wohl auch noch schaffen.
Daniel Dubois (19-2) #4 vs. Jarrell Miller (26-0-1) #26 Schwergewicht: Zurück zum Schwergewicht. Dubois kommt aus der Niederlage gegen Usyk, die durchaus eindeutig war. Es gab natürlich diese leichte Kontroverse mit dem Niederschlag, aber insgesamt war das schon eine durchaus eindeutige Angelegenheit. Dubois hat gute Anlagen sowie Power, aber gerade auch in Puncto Widerstandsfähigkeit erscheint er nicht gerade weltmeisterlich unterwegs zu sein. Das wird nun gegen Miller gefragt sein, denn diese 150 KG Walze kennt nur den Weg nach vorne. Der Typ ist so massig und aktiv, dass er seine Gegner schon erdrücken kann. Zuletzt stoppte er Lucas "Big Daddy" Browne, was aber auch nicht mehr der internationale Maßstab war. Gegen Dubois wird er es schwerer haben, und der Brite wird sich Miller entziehen müssen. Hier geht es vermutlich viel um die Beinarbeit, damit Millers Offensivbemühungen überwiegend ins Leere laufen. Grundsätzlich ist das schon ein spannender Kampf, wo man Argumente auf beiden Seiten finden kann. Ich persönlich würde mit Dubois gehen.
Arslanbek Makhmudov (18-0) #17 vs. Agit Kabayel (23-0) #27 Schwergewicht: Das ist noch ein deutsches Highlight auf der Card. Kabayel geht als Europameister in den Kampf. Er hat sich diesen zum zweiten Mal sichern können in seiner Karriere. Gegen Smakici war das aber nicht besonders souverän, da stand er kurz vor der KO-Niederlage, bewies dann aber viel Kämpferherz. Grundsätzlich ist Kabayel schon ein smarter Boxer, der einen Gameplan verfolgen kann und diesen auch konsequent zu Ende führt. Man denke an den Chisorasieg, wo er diszipliniert im Rückwärtsgang agierte. In den letzten Jahren hat sich das etwas verändert, er suchte immer häufiger den Schlagabtausch auch. Sein Problem ist, dass er nicht über das beste Kinn verfügt. Er war beispielsweise auch gegen Kevin Johnson etwas angeklingelt, da sehe ich schon eine Schwachstelle. Nun kommt Makhmudov, den ich boxerisch nicht so stark sehe, er bringt aber zweifellos enorm viel Punch mit. Ist das nun ein gutes oder schlechtes Matchup für Kabayel? Zumindest ein sehr gefährliches. Er muss diszipliniert boxen wie gegen Chisora. Hohe Beweglichkeit, dann kann etwas gehen. Wird er aber den Schlagabtausch mit dem Russen suchen wollen, dann ist eine vorzeitige Niederlage mehr als denkbar. Ich finde den Kampf sehr spannend und sehe Kabayel auch nicht als großen Außenseiter.
Frank Sanchez (23-0) #18 vs. Junior Fa (20-2) Schwergewicht: Frank Sanchez hatte seinen großen Sieg über Ajagba, das ist nun schon über 2 Jahre her. Der Nigerianer konnte derweil mit guten Siegen sich wieder in Stellung bringen, Sanchez hingegen boxte nur schwächere Gegner ohne große Aufmerksamkeit. Er ist ein technisch sehr starker und langweiliger Boxer; vermutlich wollen die anderen auch nicht gerne gegen ihn boxen. Fa wird es tun. Er kämpfte mal gegen Parker, den Kampf verlor er. Es war eine recht lahme Nummer damals. Gegen Browne gab es dann eine absolut überraschende vorzeitige Niederlage ebenfalls. Seine Karriere schien dann mehr oder weniger vorbei zu sein. Nun bekommt er also noch diese Möglichkeit gegen Sanchez. Einfach wird es nicht, aber wenn er gewinnen sollte, dann wäre er wieder dick im Geschäft. Ich persönlich glaube, dass das ein echter Langweiler werden könnte.
Filip Hrgovic (16-0) #9 vs. Mark De Mori (41-2-2) #379 Schwergewicht: Ich muss immer wieder schmunzeln beim Gedanken an diese Paarung. Das ist so überflüssig, dass es mich schon wieder anspricht. Mark De Mori, bekannt aus dem Kampf gegen David Haye, wo er direkt in der ersten Runde fast bewusstlos geschlagen wurde, wie ich es neulich hier mal las, bekommt nach fast 7 Jahren wieder die Chance auf der großen Bühne mit fast 42 Jahren. Wieso weshalb warum? Vermutlich deshalb, weil er mit 41-2-2 einen numerisch interessanten Rekord bietet. Es spielt auch keine Rolle mehr, weshalb es so ist - es ist so, und wir müssen es akzeptieren. Hrgovic kommt aus einer enttäuschenden Leistung gegen Demsey McKean, wo er auch konditionell bedenklich erschien. Vielleicht kann er gegen De Mori sportlich mal wieder etwas besser aussehen.
Das war sie, die PPV-Megacard u.a. mit Mark De Mori. Ich finde sie auch interessant und spannend, der Knackpunkt sind für mich aber die beiden Weltmeisterschaftskämpfe. Ich verstehe schon, dass man nun nicht unbedingt Bivol vs. Beterbiev auf einer Undercard stattfinden lassen will, das würde eher wenig Sinn ergeben, aber Arthur und Zorro sind halt wirklich unterstes Regal für solche WM-Kämpfe. Das ist schade, weil die faktisch bedeutendsten Kämpfe halt auf dem Papier sich schrecklich lesen. Dennoch bleibt das eine richtig fette Card natürlich.
Hier haben wir noch eine nigerianische Veranstaltung am heiligen Abend. Vermutlich werden nicht viele Nutzer die Zeit finden, sich das anzuschauen, was sehr positiv ist. Ich habe auf dem Fightposter gelesen, dass Fite der Übertragungspartner sein soll. Grund genug also, die Card mit aufzunehmen.
Insgesamt macht die Card einen sehr soliden Eindruck. Es ist durchaus viel Grün im Kampfrekord verzeichnet. Das ist durchaus eine Sichtung wert, wenn man auf exotische Veranstaltungen steht. Vermutlich wird das Teil des Fite+ Abos sein. Bislang ist jedenfalls noch nichts dort gelistet.
Nun seid ihr gefragt. Mich würde interessieren, ob euch neben dem Dubai-PPV noch ein weiteres Event in dieser Woche anspricht. Ebenfalls interessant wäre zu erfahren, ob ihr euch das PPV auf DAZN holen werdet oder nicht. Ansonsten könnt ihr natürlich auch noch generell etwas zu der Woche schreiben.