So meine angekündigte Analyse:
Schaaf wählte in der Aufstellung eine durchaus vorsichtige Variante. Mit Prödl und Pasanen sowie Vranjes statt Boenisch/Fritz und Hunt ist ihm deutlich anzumerken gewesen, dass er vor allem zu 0 spielen wollte.
Panathinaikos agiert mit nur einem Stürmer - Mantzios - der bei Eintracht Frankfurt eine schlichte Katastrophe war, aber gegen Bremen immer seine Tore machen darf.
Der Spielbeginn zeigt gleich ein Riesenproblem auf, dass sich durch das gesamte Spiel zieht: Die Mannschaft ist nicht in der Lage grundlegende defensive Verhaltensweisen umzusetzen. Trotz der defensiven Aufstellung ist keine wirkliche Verbindung zwischen Angriff - Mittelfeld und Abwehr zu erkennen. Dies macht sich eigentlich mit Spielbeginn bemerkbar und ist nur in der kurzen Phase zwischen 45 - 55. Minute abgestellt. Pizzaro und Rosenberg (bisweilen sogar Diego) attackieren die mMn technisch limitierten Innenverteidiger früh und versuchen so Fehler zu provozieren. Das Problem: Der Rest der Mannschaft macht nicht mit. Kein Pressing, sondern nutzloses attackieren, welchem sich die Verteidiger durch einfache Pässe entziehen. Weil jedoch der Angriff schon auf Strafraumhöhe agiert, haben Gilberto Silva und Simao in der Regel sehr viel Platz nach der Ballannahme, so dass Baumann aufrückt, um die Lücke zu schließen. Einen Pass später hat dann Karagounis 5m. in der Bremer Hälfte Zeit den Ball anzunehmen, sich zu drehen und zu passen, da die aufgerückten Spieler kaum nach hinten arbeiten, passieren dann freie Flankenläufe wie von Tziolis (?) oder auch Nilsson (der auf rechts einmal knapp 30 Meter Platz hat).
Dieses ist das Grundproblem, dass sich durch das ganze Spiel zieht, denn da Panathinaikos fast nie in schwierige spielerische Situationen gezwungen wird, fällt es ihnen leicht den Ball zumindest nicht unkontrolliert zu verlieren, so dass auch knapp 60% Ballbesitz für Werder in Hälfte 1 wertlos sind, weil der Ballbesitz immer auf eine organisierte Deckung trifft. Gerade nach dem 0-1 wurde deutlich, dass es Werder einfach nicht gelang Druck auf den Ballführenden Spieler zu erzeugen. Etwas das in der Bundesliga sogar Energie Cottbus aus dem FF beherrscht und was auch nichts mit taktischem Vermögen, sondern nur mit Einsatzwillen und Motivation zu tun hat.
Im Gegenzug bekommt Athen eine Menge Chancen aus dem Nichts präsentiert. Athen hat aus meiner Sicht eine Leistung gezeigt, wie ich sie von einem durchschnittlichen Bundesligisten im Auswärtsspiel erwarten würde. Athen stand abwartend in der eigenen Hälfte. Die eigenen Angriffe wurden stets mit bedacht vorgetragen und in der Absicht, die eigene Deckung nicht zu entblößen. Dabei war Athen darauf aus, Standardsituationen vor Bremens Tor herbeizuführen, um so Torgefahr zu erzeugen. War dann irgendwann mal keine sicher Anspielstation in Sicht (selten genug!), wurde der Ball lang auf Mantzios gespielt. Trotz des Bedachts und der keineswegs stürmischen Mannschaft hatte Bremen damit schon Probleme, einfach weil sie keine Raumaufteilung und keine sichtbare Teamverteidigung hatten. Oft konnten Karagounis oder Silva 10 Meter vor dem Strafraum den Ball annehmen und so schon für Gefahr sorgen. Zusammen mit individuellen Aussetzern der Kreisklasse (Wiese, Prödl, Pasanen) waren in HZ neben dem Lattentreffer noch 2 Abschlüsse im Strafraum durch Athen zu verzeichnen.
In Bremens Offensive war dagegen nicht viel los. Pasanen und Prödl ignorierten den Platz auf den Außen und gingen nie in die Tiefe. Aber bezeichnend war, dass öffnende Pässe in den Lauf der Stürmer NUR von Vranjes gespielt wurden. Baumann versuchte stets den entgegenkommenden Diego zu bedienen, obwohl der zwei im Rücken hatte und somit nur prallen lassen konnte. Baumann war im Spiel ein Totalausfall und das beste Beispiel für die absolut ungenügende Verbindung von Abwehr und Angriff, das schnelle Umschalten war nicht vorhanden. Es gab eine Menge lange Bälle, die vor allem Pizzaro teilweise sehr gut ablegen und behaupten konnte. Er hatte nach Kopfballverlängerung auch die einzige Chance und wirkte als einziger der CL gewachsen.
In HZ 2 spielte Werder dann nach der Pause zehn Minuten ordentliche Teamverteidigung. Zum ersten mal hatte ein Athener Spieler bei der Ballannahme einen Bremer im Rücken und so konnten einige leichte Ballverluste provoziert werden und Werder wurde leicht druckvoll. In diese Phase fiel aber wieder ein klassischer Athener Angriff. Bremen attackiert vorne, ohne das Mittelfeld rechtzeitig zum Pressen aufrückt. Die Attacke verpufft, so konnte ein Athener mit Druck auf das defensive Mittelfeld zugehen, dort wird wieder hektisch auf den Gegner losgerannt, ein zweiter 5m. Pass folgt, schwupps: Karagounis frei vor der 4er Kette, beide IV plus Pasanen orientieren sich wie F - Jugendliche auf den Ballführenden, einen Durchstecker auf Mantzios und eine "Beine gehorchen Kopf nicht- Aktion" von Pasanen später steht es 0-1.
Ab da war das Spiel durch. Werder konnte Athen bis dahin kaum unter Druck setzen und brach vom Mannschaftsspiel komplett zusammen. Das 0-2 war zwar ein halber Sonntagsschuss, aber es ist schon bezeichnend, wenn Karagounis nur 3 Schritte von Naldo weggehen muss, damit er frei zum Schuss kommt (Özil war dem Einwerfer zugeteilt). Die restlichen 20 Minuten sind dann Garbagetime und nicht mehr erwähnenswert.
Fazit:
- Werder zeigt kein erkennbares Mannschaftsspiel. Im besten Fall sind es einzelne Mannschaftsteile, die noch miteinander spielen.
- Werder hat gestern keinen Einsatz gezeigt und wie so oft jegliche Aggressivität im Spiel vermissen lassen.
- Die Mannschaft zeigt darüber hinaus extreme Schwächen im Individualtaktischen Verhalten. Viele Spieler (u.a. Baumann/Özil) scheinen nicht zu wissen wann übernommen und wann übergeben, bzw. wann Raum und wann Mann zu decken ist.
- Die medizinische Abteilung hat sich mal wieder voll auf der Höhe gezeigt, indem Fritz für Fit erklärt hat. Sollte wider erwarten nicht die alte Verletzung aufgebrochen sein, dann gehört Fritz in die Alte Herren versetzt.
- In der Mannschaft scheint es nicht zu stimmen! Mangelnder Einsatz und vor allem mangelndes Mannschaftsspiel laste ich erstmal nicht dem Trainer an. Motivationswunder war Schaaf nie, ich glaube, die Mannschaft ist mit sich nicht im Reinen. Irgendwo klemmt die Hierarchie. Mögliche Erklärungen sind die nachlassende Leistung von einige Führungsspielern (Frings, Baumann), aber auch Missgunst bezüglich der Extrawürste einiger Stars (Diego) oder der Gehaltsentwicklungen.
Lösung?
- mögliche Lösung Trainerwechsel? Für mich nicht vorstellbar, denn Schaafs Arbeit ist seit Jahren erfolgreich gewesen und die Probleme, die es in der Mannschaft zu geben scheint, wirken für mich von Außen, eher mannschaftsintern, als Mannschaft - Trainer bedingt zu sein.
- mögliche Lösung Transfers? Hier MUSS meiner Meinung nach zwingend angesetzt werden. Es bedarf der Verpflichtung eines ABSOLUTEN Führungsspielers, was sowohl Leistung als auch Standing angeht. Vorzugsweise muss der fürs defensive Mittelfeld kommen. Baumann, der lange Jahre durch leading by example überzeugt hat, scheint mit seinem Latein am Ende. Der Name Frings fällt auch aus. Wenn ich sehe das sogar Vander auf Moserei von Frings mit dem "eigene Nase" reagiert, dann ist das wohl deutlich.
- Sollte zur Winterpause der internationale Wettbewerb weit außer Reichweite sein, dann würde ich auch über einen Verkauf von Diego nachdenken, allerdings dürfte sein Marktwert momentan deutlich unter 30 Millionen liegen und eventuell dürfte er nicht mehr als VdV einbringen. Da sein Abgang nach der Saison abgemacht zu sein scheint, könnte die Rückrunde die Möglichkeit bieten (sofern für ihn ein gutes Angebot abgegeben wird), Özil auszuprobieren (dessen Tempodribblings auch gestern noch ein wenig Anlass zum hingucken boten) und langfristig eine Neuaufstellung zum nächsten Saisonbeginn zu planen.
edit: Ich hoffe ich trete Vaselos nicht zu Nahe, wenn ich Athen eine durchschnittliche Leistung attestiere, aber mMn hat nicht Athen das Spiel gewonnen, sondern Bremen es verloren.