Es ist ja auch nicht so, als ob Deutschland (abgesehen von den Schweden-Spiel) in irgendeinem spiel eine Schießbude gewesen wäre. Die Spiele gegen Spanien endeten zweimal 0-1, gegen Italien verlor man 1-2. Das ist als Einzelergebnis ja gar nicht so dramatisch. Natürlich kann man gegen beide Mannschaften immer ein Tor kassieren, Dortmund hat auch gegen Real eines kassiert.
Ich sehe auch das 0-1 gegen Italien gar nicht als so dramatisch hinsichtlich des Defensivkonzepts an, weil sich da 2-3 Spieler, die aber berechtigterweise in der NM stehen mal richtig, richtig dämlich angestellt haben, u. a dein vielgepriesener IV-Gott.
Inakzeptabel war das 0-2 wegen fehlender Ordnung und ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, dass Deutschland irgedndwie immer ein Tor kassiert, auch gegen sog. Bums-Mannschaften.
Auch, und da versteh ich die Kritik, ist nicht verständlich, warum Deutschland, wenn sie einen Vorsprung verwalten will, so derartig ins Schwimmen gerät, sei es gegen Holland, Dänemark und sogar eine Zeit gegen Griechenland. Es kann ja nicht sein, dass man spätestens zur Hz. einen Bender (egal welchen) zum Halten eines 1-0 einwechseln muss.
Das empfand ich übrigens bei der WM 2010 noch besser. Nimmt man das Spiel gegen Argentinien, dan hatten die zwar mal eine Drangphase, aber die Abwehr schwamm nicht so stark und man konnte sich dann auf Konter verlegen, die (auch unstrittig) eine Stärke der deutschen Mannschaft sind.
So wird eben ein Schuh draus :thumb: . Sicher kann und muss man auch systemtechnisch an Verzahnungen und defensivem Umschaltspiel arbeiten,
aber das ist für mich nicht das Hauptproblem. Wir lassen zu viele Chancen zu, aber nun auch nicht im Übermaß. Wäre es nur das, dann ginge es wirklich nur um ein paar Stellschrauben. Sowas kann man ändern, sowas kann ein Trainer ändern, das ist sein Job.
Viel, viel schlimmer und das Kernproblem sind für mich die Unkonzentriertheiten, die in beinahe jedem Spiel auftreten. Aussetzer, die nichts mit Taktik zu tun haben, aber eben zu Gegentoren führen. Dazu die offenkundige Unfähigkeit, mit Unwägbarkeiten und Rückschlägen umzugehen, die aber nunmal im Sport vorkommen. Das ist für mich das sehr viel schwerwiegendere Problem.
Und da stellt sich tatsächlich die Frage, ob das am "handling" in der NM liegt (Stichwort Tischtennisplatte), an der Ansprache Löws, an der mannschaftsinternen Atmosphäre, an Hierarchien oder an dem doch sehr geringen Durchschnittsalter. Oder an generell momentan verschütteten Grundtugenden im deutschen Fußball. Immerhin geht es ja nicht nur der NM so, auch die deutschen Vereine sind ja international seit einigen Jahren ganz gut darin, eben genau diese Verhaltensfehler zu begehen und auf saudumme Weise zu verkacken.
Wahrscheinlich an einer Mischung aus allem, das Leben ist nunmal grau. Genau so wie man nicht Jogi als den Heilsbringer hinstellen kann, der alle unsere tollen Talente alleine gefördert hat, kann man ihn nicht alleine für Mentalitätsdefizite einer ganzen Generation verantwortlich machen. Er ist teilverantwortlich für beides, genau wie die Vereine und die U-NM und Stützpunkttrainer.
Ich glaube, dass Sammer mit seiner Einforderung von mehr Siegermentalität und mehr Titelgeilheit schon in der Jugend vor ca 2-3 Jahren nicht so ganz falsch lag. Und ich glaube auch, dass der vielgescholtene Bierhoff Recht hat, der ausgerechnet bei Lanz (!) kürzlich anmerkte, dass die jungen Spieler heute in Mediendingen über- in grundlegenden Dingen aber auch unterfordert werden. Wenn man sich schon in der C-Jugend nicht mehr darum kümmern muss, wie man wann zum Training kommt und wie man das mit Hausaufgaben in Einklang bringt (plus allem was dazu gehört, Equipment etc) - wie soll man dann später auf dem Platz Entscheidungen treffen können, wenn es hart auf hart geht und man plötzlich nach 2:0 mit 2:3 hinten liegt?
In den Vereinen gibt es da andere Mannschaftsstrukturen als in der NM, auch einen anderen Ablauf, naturgemäß. Da ist dann natürlich ein Löw auch gefordert, die jugendliche Spelfreude hochzuhalten, ohne einen Wellnesstempel daraus zu machen. Das ist schwer, bei tausend Kameras, 20 Zeitungen, 100 Internetportalen und 25 Beratern erst Recht. Aber notwendig.
Die Jungs sollen Lust am Spiel haben, sie sollen zeigen, was sie alles können. Ich will das sehen, unbedingt. Aber sie müssen auch um jeden Preis gewinnen wollen, "Sieg oder Blut im Schuh" (KGZ) gehört eben auch dazu, zumindest dann, wenn es nicht mehr läuft.
Und darum ist es doch
gut, dass wir das 4:4 bekommen haben. Hätte Löw "richtig" gehandelt, meinetwegen noch Höwedes oder Westermann eingewechselt und die Mannschaft hätte das 4:3 gehalten - keine Sau würde heute noch über das Spiel sprechen. Der gesamte Einstellungshabitus der NM, aber auch des gesamten deutschen Fußballs seit wir plötzlich Fußball "spielen" können, ist da mal so richtig nach hinten los gegangen. Und das war nötig und das ist gut so.
Denn so gewinnen wir tatsächlich nichts, jdf keinen Titel.
Ja, es gibt auch taktische Defizite, darüber kann man auch gerne sprechen, sit auch notwendig. Aber das Grundproblem ist ein rein mentales und das wird mir viel zu wenig thematisiert.
Die ganze Diskussion ist mir viel zu Reissbrettartig, nach dem Motto: "da muss er nen Defensiven mehr bringen" und "unsere AV stehen generell zu hoch" etc. Das macht Spaß, stimmt ja oft genug auch, trifft aber mMn eben nicht den Kern.