Bielefeld (nw). Die Mutter des von Bielefelder Hooligans schwer verletzten Anhängers von Werder Bremen, ein 26-jähriger Mann aus dem Kreis Lüneburg, hat inzwischen einen Brief veröffentlicht. Nachstehend das Schreiben im Wortlaut:
"Mein Sohn würde der Bielefelder Fan-Szene keine Schuld für dieses Verbrechen geben, wenn er sich selbstbestimmt äußern könnte. Daher bin ich überzeugt, dass dieses Schreiben in seinem Sinne ist. Er weiß, dass diese Gewaltverbrecher weder an der Arminia noch an Fußball allgemein besonderes Interesse haben. Wenn es diese Plattform für ihre Gewalt nicht gäbe, wären es Behinderte oder Menschen anderer Hautfarbe, gegen die sich ihre Aggressionen richteten.
Diese Art 'Fans' sind von allen Vereinen, auch in Bremen, nur schwer in den Griff zu bekommen. Ein bundesweites Stadionverbot kann leicht unterlaufen werden. Und wenn wider Erwarten doch einmal ein gewaltorientierter Anhänger vor Gericht erscheinen muss, weiß er, was er zu tun hat.
Die Beschuldigten treten gut gekämmt in ihren Konfirmationsanzügen vor den Richter und sagen mit schuldbewusster Miene ihr vom Anwalt vorformuliertes Sprüchlein auf: Sie seien doch erst zwanzig und hätten gar nicht wissen können, dass Tritte gegen den Kopf zum Tode führen und wie leid ihnen alles täte. Außerdem hätten sie vorher Alkohol getrunken und letztendlich seien ihre Mütter an allem Schuld, weil die sie als Kinder nicht oft genug auf den Arm genommen haben. Heraus kommt dann dabei eine zweijährige Jugendstrafe auf Bewährung. Auf zur nächsten Schlacht - zum nächsten Toten!
Eine Gesellschaft bekommt die Jugendlichen, die sie verdient. Wir müssen jungen Menschen Gelegenheit geben, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Wir tun ihnen und uns keinen Gefallen damit, sie wie geistige Pflegefälle zu behandeln. Die Bielefelder Hooligans wussten sehr genau, was sie taten. Unter ihren Anhängern knallen jetzt die Sektkorken. Vielleicht gibt es einige unter ihnen, die ihre radikale Haltung überdenken, wenn sie sich vor Augen halten, dass hinter dem Opfer, das nun schon seit fünf Tagen um sein Leben kämpft, Freunde und Kollegen stehen, für die er unersetzbar ist und eine Familie, die sich in ihrer schwersten Lebenskrise befindet.
Was uns aufrecht hält, ist die Hoffnung, dass unser Sohn überlebt. Wollen wir dafür beten."