Ich weiss nicht, wann ich das letzte Mal nach dem Tod eines Promis so sehr das Gefühl hatte, dass man mir ins Müsli geschissen hat.
David Lynch war einer der Gründe, wieso ich damals angefangen habe Filmwissenschaft zu studieren. Und er war einer der Gründe, wieso mir das Studium bis zuletzt Spass gemacht hat.
Seine Filme waren für mich liebevolle kleine Rätsel. Rätsel, bei denen man nicht zwingend eine Lösung benötigt hat, um sie zu geniessen. Bei einigen der Filme hatte ich sogar den Eindruck, je weniger ich beim erstem Sehen verstanden habe, desto mehr habe ich gefühlt.
Lynch hat oft hohe Kunst gemacht, die nicht gewirkt hat als wäre sie hochgestochen und arrogant, sondern für jede Person zugänglich.
Und dann Twin Peaks. Eine Serie, die lange bei mir nicht mehr war, als eine Kindheitserinnerung, von der nicht mehr viel übrig war, ausser das Zusammenspiel der wunderschönen Titelmusik von Angelo Badalamenti im Zusammenspiel mit den nicht minder wunderschönen Aufnahmen im Intro. Eine Serie, die ich mittlerweile mehrmals komplett durchgesehen habe und es jederzeit wieder könnte. Twin Peaks, ein Städtchen, das gar nicht wirklich existiert und in dem sich trotzdem so viele Menschen zu Hause fühlen, weil sie es beim Sichten der Serie so ins Herz geschlossen haben, mit seinen kuriosen aber sympathischen Charakteren und all seinen Geheimnissen.
Lynchs Handschrift hat mich in Berührung gebracht mit so vielen anderen grossartigen Künstlern verschiedener Formen. Ob Filme, wie Carnival of Souls oder die Musik von Roy Orbison…und sie hat zahlreiche weitere Filmemacher inspiriert.
Für mich hat Lynch immer in einer Liga mit den Giganten der Filmgeschichte gespielt, wie Hitchcock oder Kubrick. Und er hatte nie ein Problem damit, dass er in dieser „Familie“ der etwas schräge aber sympathische Cousin wir. Während die anderen Konventionen des Mediums Film geschaffen haben, hat er damit gespielt, ihre Grenzen ausgetestet und erweitert.
Begriffe wie „Genie“ und „Legende“ werden oft inflationär verwendet. Bei Lynch waren sie IMO zutreffend. Und dass er nie mehr ein neues Meisterwerk schaffen wird, dass mich frisch begeistern kann, macht mich traurig. Möge er in Frieden ruhen