SC Freiburg II
Bayern München, VfB Stuttgart, Werder Bremen, Borussia Dortmund und der 1. FSV Mainz 05 - das waren bisher die fünf Profiklubs, deren zweite Mannschaft zumindest phasenweise in der 3. Liga spielte. Mit dem SC Freiburg gesellt sich nun der sechste Bundesligist dazu. Ein Erfolg, den vor der vergangenen Saison wohl nur die wenigsten erwartet hätten. Anders als beispielsweise die Bayern, der BVB oder auch über viele Jahre hinweg erfolglos der VfL Wolfsburg, versuchten es die Breisgauer in der Vergangenheit nicht, zwanghaft mit ihrem Nachwuchs in die 3. Liga aufzusteigen. 2013/2014 verzichteten die Freiburger sogar an der Teilnahme an den Aufstiegsspielen, für die sie als damals Zweitplatzierter qualifiziert gewesen wäre - es profitierte der Mainzer Nachwuchs. Für eine Saison ging es zwei Jahre später schließlich sogar zurück in die Oberliga.
Doch im Vorjahr lief vieles anders als gewohnt. Mit einer blutjungen und hoch talentierten Mannschaft, ergänzt durch vereinzelte Ex-Profis als Führungsspieler sowie einem starken Trainer Christian Preußer, der sich nun in die zweite Liga zu Fortuna Düsseldorf verabschiedete, dominierte der Sportclub die anspruchsvolle Regionalliga Südwest. Mit 93 Punkten aus 42 Spielen stand am Ende Platz eins, im Jahr 2021 gingen lediglich zwei Spiele verloren. Dass mit Marvin Pieringer der beste Torschütze zur Winterpause auf Leihbasis in die 2. Liga zu den Würzburger Kickers wechselte, konnte die Freiburger auch nicht aufhalten.
Der bekannteste Name im Team der Freiburger ist Kapitän Johannes Flum. Der ehemalige Bundesligaprofi, der für Freiburg und Eintracht Frankfurt 131 Partien im Oberhaus bestritt und auch insgesamt 108 Mal in der 2. Liga spielte, kehrte im Vorjahr vom FC St. Pauli in den Schwarzwald zurück. Der 33-Jährige ist der Leitwolf der jungen, hungrigen Truppe - gemeinsam mit seinem (zumeist) Nebenmann Sandrino Braun-Schumacher, der aus der Freiburger Jugend stammt und für die Stuttgarter Kickers und Preußen Münster immerhin 197 Mal in der 3. Liga auflief. Sie sollen in der 3. Liga auch von Vincent Vermeij unterstützt werden, der vom MSV Duisburg kam. Der Transfer ist durchaus eine Ansage, denn der Niederländer war in den vergangenen zwei Jahren der beste Stürmer der Meidericher und verzeichnete in 56 Drittligaspielen bis dato 34 Torbeteiligungen. Womöglich spekuliert Vermeij auch darauf, vielleicht mal mit Glück zu den Profis zu rutschen.
Die Bundesliga-Mannschaft ist ein gutes Stichwort, denn gleich sechs Talente der Freiburger Aufstiegsmannschaft gehören aufgrund ihrer starken Leistungen in diesem Sommer fest zum Kader der ersten Mannschaft: Noah Atubolu, der als eines der größten deutschen Torwarttalente gilt, die Innenverteidiger Kiliann Sildillia und Kimberly Ezekwem sowie die offensiven Akteure Noah Weißhaupt, Kevin Schade und Nishan Burkart. Die vereinsinterne Kommunikation ist klar: Die Youngster sollen sich im Training unter Christian Streich präsentieren, sollte es jedoch mit Bundesliga-Einsätzen noch nicht klappen, sollen und dürften sie auch regelmäßig in der 3. Liga auflaufen.
Weitere Stammspieler der vergangenen Saison haben den Verein indes verlassen - vorerst. Der bereits angesprochene Marvin Pieringer spielt nun auf Leihbasis beim FC Schalke 04, Carlo Boukhalfa beim Schalker Liga-Konkurrenten Jahn Regensburg. Dorthin hat es auch Konrad Faber hingezogen, allerdings auf fester Ebene, ebenso wie Luca Herrmann, der für Zweitliga-Aufsteiger Dynamo Dresden auflaufen wird.
Die Zugänge sind indes abgesehen von Vermeij und Patrick Kammerbauer, der nach einer Leihe zu Eintracht Braunschweig nach Freiburg zurückkehrte, aber wohl vorrangig in der zweiten Mannschaften spielen soll, sehr jung. Daniels Ontuzans sammelte in der Vorsaison schon in der Bayern-Reserve Drittliga-Erfahrung, vom VfL Wolfsburg II kam Torhüter Sebastian Mellack. Yannik Engelhardt wurde von Werder Bremen ausgeliehen, Raphael Assibey-Mensah kam aus der Regionalliga vom TSV Schott Mainz. Hinzu kommen zahlreiche Akteure aus der eigenen U19 - bei denen abzuwarten bleibt, wer gleich den Sprung in die 3. Liga schafft. In jedem Fall kennt der neue Trainer diese Spieler bereits bestens: Die Freiburger besetzten das Amt von Preußer vereinsintern, so dass der bisherige U19-Trainer Thomas Stamm aufrücken konnte.
Auch die Freiburger haben im nächsten Jahr eine "neue" Heimspielstätte. Trug der Verein seine Spiele in der Regionalliga noch im nicht drittligatauglichen Möslestadion aus, soll nach dem Aufstieg nun im Schwarzwald-Stadion spielen - die Profis ziehen ja bekanntermaßen ins neue SC-Stadion.
Fazit: Die Freiburger sind ehrlich gesagt eine ziemliche Wundertüte. Es dürfte viel davon abhängen, wie sehr die auf dem Papier aufgerückten Leistungsträger der Vorsaison schon fest bei den Profis eingeplant werden. Bei Braun-Schumacher habe ich meine Zweifel, dass er in der 3. Liga noch die dauerhaft nötige Qualität mitbringt. Nicht zu unterschätzen ist auch die kurze Pause, die die Freiburger im Sommer hatten. Die Regionalliga Südwest spielte bis Mitte Juni, die Vorbereitung des SCF betrug nur drei Wochen. Dass Freiburg ein Verein ist, der Rückschläge immer und ganz natürlich einkalkuliert, spricht für mich auch dafür, dass der Verein nicht auf Teufel komm raus alles versuchen wird, um sich in der 3. Liga zu etablieren. Die Möglichkeit wurde jetzt (anders als 2014) mal gerne mitgenommen, doch wenn es dann wieder runter geht, ist es eben auch kein Drama. Die Freiburger Talentschmiede wird einige Achtungserfolge landen und sicherlich guten Fußball spielen. Am Ende reicht es aber nur zu Platz 18.