Spieler der Woche: Corentin Tolisso
Bei Olympique Lyonnais tummeln sich seit zwei, drei Jahren bekanntlich so einige junge Talente, die schon recht hoch gehandelt werden im Weltfußball, ohne dass aber einer von ihnen nun die ganz großen Schlagzeilen geschrieben hätte. Das mag auch an der ungewöhnlichen Begebenheit liegen, dass keiner aus diesem Kreise bisher zu einem Top-Klub wechselte – trotz durchaus vorhandener Anfragen. Einer von ihnen ist der mittlerweile schon 22-jährige Corentin Tolisso, der sich – nach anfänglichen Profieinsätzen als Rechtsverteidiger – nun im zentralen Mittelfeld festgesetzt hat.
Drei große Stärken des Franzosen seien gleich eingangs genannt: Zum ersten hat er in seinem Movement im zweiten Drittel vereinzelt herausragende Momente. In einer der CL-Gruppenpartien dieser Saison gab es mal eine fast absurde Szene diesbezüglich. Zum zweiten befindet sich seine Positionsfindung schon auf sehr hohem Niveau. Gerade an den Übergängen zwischen zweitem und vorderem Drittel begibt er sich sehr zuverlässig in die richtigen Bereiche und kann eine stabile Besetzung des Zwischenlinienraums liefern. Damit einher geht eine ganz gute Grundorientierung. Drittens schließlich weiß seine angenehme Passgewichtung häufig zu gefallen.
In manchen technischen Teilbereichen zeigen sich bei Tolisso jedoch kleine Unsauberkeiten. Auch seine teils kraftvollen Raumdribblings wirken etwas komisch. Da er in koordinativer Hinsicht kein besonders beweglicher Spielertyp ist, muss er manchmal aufpassen, im Pressing nicht unkontrolliert unter Druck zu geraten. Dagegen hat er aber ein aufmerksames Spiel am Ball entwickelt, nutzt beispielsweise kleinere Fußwechsel recht kontrolliert. Diese geschmeidige Ballführung erlaubt ihm vor allem sehr gute Mitnahmen des Leders. So nutzt er zuverlässig die Möglichkeiten, sich aus der gegnerischen Zugriffslinie wegzudrehen, und kann einzelne Unterzahlaktionen spektakulär durch Engstellen fädelnd weiterleiten.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, wie Tolisso sich nicht auf anfänglich getroffene Entscheidungen verlässt. Statt den ursprünglichen Plan immer durchziehen zu wollen, lässt er sich die endgültige Wahl häufig bis zum Schluss offen – in einer insgesamt pragmatischen und auch rationalen, teils fast zu gleichförmigen Spielweise. Er legt einen nüchternen und handwerklich balancierten Stil an den Tag, ohne aber ein primär von Kreativität getragener Mittelfeldtyp zu sein – viel eher von seiner Komplettheit. Der junge Franzose ist kein wirklicher Spielmacher, als der er in der U21-Auswahl teilweise schon eingebunden wurde.
Bisweilen wirkt er in gruppentaktischen Abläufen sogar etwas kantig. Gerade zu viel Präsenz Tolissos kann teilweise problematisch werden. Phasenweise neigt er dazu, am Ball zu viel zu versuchen und überengagierte Sachen aus normalen Szenen zu machen. Auch im Pressing blitzen solche überaggressiven Momente, etwa beim Zugriff in Rückwärtsbewegungen, punktuell auf. Sehr effektiv sein kann Tolisso im gruppentaktischen Bereich vor allem mit dynamischen Verbindungsaktionen durch das zweite Drittel hindurch. Auch seine raumschaffenden Ausweichbewegungen in Dreiecksstrukturen weisen auf sein unterstützendes Potential hin.
Am besten dürfte Tolisso diese Anlagen entfalten bzw. einbringen können, wenn er als flexible Durchlaufstation agieren darf und mit seiner Positionsfindung als Verbindungsgeber dient, gelegentlich ergänzt dann durch einzelne starke Vorwärtsläufe. Insgesamt ist der Franzose angenehm und vielseitig einzubinden, da er in viele taktische Konstellationen hineinpasst, ohne sich allzu groß anpassen zu müssen. Beispielsweise könnte man etwa eine sehr spezifische und präsente Ausrichtung durch Tolisso als zusätzlichem Mittelfeldmann – ohne dass dieser aber ein klassischer Balancespieler wäre – vermutlich sehr harmonisch auffüllen.