Champions League beschert Schalke Rekordumsatz
ERSTELLT 19.02.08, 14:18h
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Gelsenkirchen - Rudi Assauer schimpfte einst über die "Geldbeschaffungsmaßnahme", doch sein ehemaliger Klub Schalke 04 hat längst die Liebe zur Champions League entdeckt. Denn dank der Millionen aus der Königsklasse sieht sich der Vizemeister nach wirtschaftlich schwierigen Jahren auf dem Weg in eine rosige Zukunft. "Bisher haben wir insgesamt rund 28 Millionen Euro eingenommen", rechnete Präsident Josef Schnusenberg im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (sid) vor: "Das bringt uns ein Riesenstück Sicherheit."
Rund 16 Millionen Euro Einnahme verbuchten die Königsblauen aus der Vorrunde, zwölf weitere Millionen spült das Achtelfinale gegen den FC Porto in die Vereinskasse. Der Rubel rollt, auch weil der russische Sponsor Gasprom internationale Erfolge besonders honoriert. So kann Schnusenberg, seit 1994 im Vorstand für die Finanzen zuständig, in Kürze seine bislang beste Bilanz vorlegen. "Der Gesamtumsatz 2007 liegt bei 155 Millionen Euro", vermeldete der 67-Jährige vorab, "aber für mich ist nicht der Umsatz entscheidend, sondern was überbleibt, und das ist ganz ordentlich."
Angesichts der aktuellen Zahlen ist es kaum nachvollziehbar, dass Ex-Manager Assauer vor der ersten Champions-League-Teilnahme 2001 freiwillig im UEFA-Cup antreten wollte. Denn, so gibt Schnusenberg zu, als zwischendurch die Millionen aus der Königsklasse fehlten, hatte Schalke einige schwierige Jahre zu überstehen. "Wir haben sicher einiges zu schnell gemacht, Stadionbau, Mannschaftsumbau. Es hat alles geklappt, aber es hätte auch anders ausgehen können. Es war sehr eng", sagte der Steuerberater.
Noch vor knapp zwei Jahren mussten Privatkredite von Aufsichtsratsmitgliedern über acht Millionen Euro den Klub über Wasser halten, auch Assauer streckte 500.000 Euro aus seiner Privatschatulle vor, und Schnusenberg musste zugeben: "Wir leben von der Hand in den Mund." Jetzt sieht er die Zukunft rosig, sprach sogar davon, im Geld zu schwimmen, wenn 2015 der Kredit für die Arena zurückgezahlt ist.
"Fakt ist, wenn das Stadion bezahlt ist, haben wir zusätzliche Liquidität in der Größenordnung von 12, 13 Millionen jährlich. Das versetzt uns schon in die Lage, noch selbstbewusster aufzutreten", erklärte der Vereinschef. Die derzeit rund 130 Millionen Euro Verbindlichkeiten, vor allem für die Arena und die sogenannte Schechter-Anleihe (85 Millionen, bis 2025), bereiten ihm keine Sorgen. "Vor einigen Jahren ist der Wert von Schalke 04 auf 600 Millionen Euro taxiert worden. Im Verhältnis dazu sind die Schulden überschaubar."
Allerdings ist der Traditionsklub finanziell mittlerweile in eine Größenordnung vorgestoßen, die auf Dauer ohne Champions-League-Millionen nicht mehr zu bewältigen ist. Ein Jahr ohne die von Assauer verteufelte "Geldbeschaffungsmaßnahme" wäre zu überbrücken, aber zwei Jahre nacheinander würden kritisch. "Da muss man sich Gedanken machen, wie man das auffängt", meinte Schnusenberg. Die mittlerweile auf rund 50 Millionen Euro angestiegenen Personalkosten wären dann wahrscheinlich der erste Ansatzpunkt.
Sollte Schalke die Qualifikation für die nächste Champions-League-Saison verpassen, schriebe der Klub, so der Präsident, "auch bei unserem gestiegenen Gehaltsniveau am Ende eine schwarze Null. Bei etwa 115 Millionen Euro liegt der Break-Even-Punkt." Man habe wie jedes Jahr nur mit der UEFA-Cup-Teilnahme kalkuliert.
Der aktuelle finanzielle Erfolg soll sich in naher Zukunft auch sportlich niederschlagen. Noch in seiner Amtszeit, also bis 2010, will Schnusenberg deutscher Meister werden, denn "natürlich lechzen wir alle nach der Schale". Die Voraussetzungen seien gut, die Mannschaft habe "ein Riesenpotenzial". Auf Dauer, so das ehrgeizige Ziel des Diplom-Finanzwirtes, will man zum Branchenführer Bayern München aufschließen.
Weil Rudi Assauer vor 15 Jahren sagte, Bayern sei Schalke 20 Jahre voraus, wähnt Schnusenberg die Königsblauen bald am Ziel. Das sei eine "rein mathematische Rechnung", meinte er schmunzelnd. In Sachen Stadion und Sponsoring habe man, fügte er an, bereits zum Rekordmeister aufgeschlossen. "Man sollte sich ehrgeizige Ziele stecken. Wir müssen uns mit dem, was wir haben, ja nicht verstecken, wir können selbstbewusst auftreten."
In den nächsten Jahren sei Schalke auch so weit, um bei internationalen Superstars wie Franck Ribery mitzubieten. "Wenn wir alles so umsetzen, wie wir es vorhaben, dann werden wir irgendwann gar nicht umhinkommen, so einen Knaller zu holen." Allerdings mahnte Schnusenberg aus den Erfahrungen der Vergangenheit weiter "Augenmaß" an. (sid)