Ich versuche mal auf die Frage einzugehen ... da karma dies (edit: ursprünglich) nicht wirklich gelungen ist.
Vielleicht lohnt es sich ja und du liest dieses Posting
Zunächst muss man einfach mal festhalten, dass jeder Fahrer seine Stärken und Schwächen hat. Die einen nimmt man stärker war die anderen weniger ... und so entstehen auch unterschiedliche Ansichten, welcher Fahrer der beste/schnellste/stärkste ist.
Ich würde mich nicht als Experten benennen ... das ist ein Begriff der Eigenlob mitbringt ... aber ich kann zumindest versuchen meinen Eindruck von einzelnen Fahrern zu schildern.
Vettel
Vettel ist sehr stark im Qualifying. Nicht nur, dass dies ihm viele Pole Positionen beschert, es ermöglicht ihm auf häufig eine freiere Fahrt ... oder eine in der Nähe von Boliden die ein flottes Tempo gehen. Festhängen im Feld oder hinter langsamen Fahrzeugen? Das Problem hat Vettel selten.
Vettel versteht es sich sein Rennen einzuteilen. Kommandos vom Team, wann er wie schnell fahren muss um seine Reifen zu schonen oder um Zeit gut zu machen kann er sehr gut umsetzen. Nungut ... Kommandos vom Team umsetzen geht auch mal schief ... z.B. bei "Multi 21" in Kombination mit Reifen- und Benzin-Sparen.
Einhergehend mit dem Können das Rennen bei relativ unbedrängter Fahrt sich gut einzuteilen ist auch der starke Wille bei Vettel vorhanden, diese Position unbedingt einzunehmen. Entsprechend Angriffslustig ist Vettel in den ersten 2-3 Runden eines Rennens, wenn er mal nicht in Führung liegt und einen Boliden vor sich hat, der ihn zu sehr aufhalten könnte.
Allerdings wird das zuweilen auch mal knapp. Vettel ist einer, der bei Zweikämpfen etwas stärker "auf seine Linie besteht". Nicht so stark wie z.B. Sergio Perez, der gerne Mal einen Gegner von der Strecke drängt ... aber einen Zweikampf, bei dem er seinem Gegner Platz lässt ... das sieht man bei Vettel weniger als z.B. bei Button oder Raikkönen.
So wird's manchmal haarig bei Vettel-Zweikämpfen ... sofern sie denn vorhanden sind. Manchmal muss dann halt auch etwas Glück mitspielen ... wie z.B. letzte Saison in Abu Dabhi bei der Kollision mit Senna ... das hätte schlechter für Vettel ausgehen können.
Auf Kommando schneller oder schonender fahren. Das kann Vettel exzellent. Das macht ihn in der heutigen Zeit von Taktik geprägten Rennen stark. In einer Zeit da diverse Rechenstrategen in den Teams analysieren wer wann wie schnell fahren muss oder könnte.
Andererseits, hängt Vettel hinter einem Gegner und kommt an diesem nicht zügig vorbei, dann gehört es nicht zu seinen Stärken den Gegner unter Druck zu setzen und/oder früher oder später in Fehler zu treiben. Andererseits, sein Teamkollege ist da auch nicht besser
Hamilton
Dass Hamilton im Qualifying und im Rennen flott ist, sieht man häufig genug. Ein signifikanter Plus-Punkt bei Hamilton ist seine Zweikampf-Stärke ... wenn er angreift. Eine andere Linie wählen als der Gegner, diesen auf Kampflinie zwingen, so dass der schlechter aus Kurven kommt, Möglichkeiten zum Überholen an Stellen finden, an die ein Gros der Fahrer nicht denken würde ... das sieht man bei Hamilton schonmal.
Schwächen hat Hamilton aber gewiss auch. Ich halte ihn z.B. nicht für allzu geduldig. Kommt er an einem Gegner nicht vorbei, dann tut er sich schwer ruhig zu bleiben und oder zurück zu stecken. Stattdessen Abstand halten und Reifen schonen? Vom Charakter her scheint mir Hamilton einer zu sein, der dies nicht gerne macht. Das können Vettel und Alonso beispielsweise eher.
Hamilton ist vielleicht schon zu sehr Racer. Er liebt den Zweikampf, er will den Fahrer vor sich angreifen.
Das bringt ihm aber auch schonmal Probleme ein. So gibt es Rennen, bei denen Hamilton seine Reifen zu stark beansprucht ... und dementsprechend dann Probleme bekommt.
Problematisch kann es für Hamilton auch mal sein, wenn er der angegriffene ist. Lieber sicher ins Ziel kommen und Punkte sichern als überholt zu werden? Nachgeben? Nicht Hamiltons Ding.
Beispielhaft ist da der Crash mit Maldonado in Valencia letzten Jahres.
Hamiltons Reifen waren hinüber, Maldonado war eklatant schneller.
Man kann argumentieren, dass Maldonado alle Zeit der Welt hatte, um Hamilton zu kassieren. Andererseits hat Hamilton seinen Kontrahenten von der Strecke gedrängt ... und in der zweiten Kurve nicht gerade viel Platz gelassen.
Alonso
Alonsos Stärke ist eine gewisse Übersicht. Auch wenn er mal nicht der flotteste im Feld ist, vermag er trotzdem viel aus dem Rennen heraus zu holen ... und die Punkte die er und sein Bolide hergeben.
Alonso hält sich aus dem gröbsten raus, hat beim Start einen guten Blick für eine gute Linie, geht keine unnötigen Risiken ein und kann ähnlich wie Vettel sich ein Rennen gut einteilen. Gleichsam kann er wie Hamilton aber auch durchdachte Attacken fahren.
Andererseits, wenn seine Angriffe nicht fruchten, dann wirkt er manchmal ratlos. Nämlich dann, wenn er doch im Pulk hängt, nicht sein Rennen fahren kann ... und wenn der Fahrer vor ihm sich nicht beirren lässt. So wie z.B. Hülkenberg zuletzt oder (legendär) Petrov im Renault damals beim Saisonfinale (als die Ferrari-Taktiker ein Rennen gegen Webber fuhren ... und Vettel außer acht ließen).
Häufig vermag Alonso möglichst viele Punkte rauszuholen und liegt vor Boliden, die ähnlich schnell zu sein scheinen.
Aber das ist auch nicht immer der Fall. Alonso ist auch mal zu stürmisch (Malaysia) oder vielleicht vorsichtiger als nötig (Monaco).
Raikkönen
Raikkönens Stärke? Seine Coolness.
Das klingt nun klischeehaft, aber Raikkönens Mentalität kommt ihm häufig entgegen. Überhektisch, frustriert, überhastet, ungeduldig ... nein Raikkönen bleibt cool.
Seine "Fehlerquote" im Rennen ist damit recht gering. Ausrutscher wie in Brasilien letztes Jahr sieht man eher selten (damit meine ich jetzt nicht konkret den Besuch der alten Boxengasse) im Rennen.
Andererseits ist er auch manchmal zu cool und wirkt fast schon desinteressiert und unmotiviert. Da sei mal die 2008-Saison genannt, als er nach und nach hinter Massa zurück fiel.
Das sind mal so meine Eindrücke zu diesen vier Fahrern (als Beispiel).
Schnell? Sind sie alle.
Wer der beste ist? Das ist Geschmackssache.
Der eine schätzt die Qualitäten des Fahrers A, der andere die von Fahrer B. Der eine ledert über die Schwächen von Fahrer A ab, der andere moniert die von Fahrer B.
Welcher Fahrer wirklich am besten ist lässt sich fast nur im direkten Vergleich klären ... scheint es. Allerdings sei hier auch Vorsicht geboten. Man bedenke, dass unterschiedliche Fahrstile zu unterschiedlichen Boliden mehr oder weniger gut passen.
Das sieht man z.B. bei Vettel und Webber. Vettel holt Zeit am Kurveneingang, Webber am Kurvenausgang. Aber Vettel braucht dafür auch ein stabiles Heck.
So war Webber Anfang 2012 oftmals schneller, als dem RedBull der angeblasene Diffusor quasi "fehlte".
Im Laufe der Saison brachte man jedoch viele Updates und konnte den Auspuffstrahl doch wieder nutzen. Der RedBull produzierte mehr Abtrieb und Vettel konnte seine Stärken wieder besser ausspielen ... und ließ Webber in der zweiten Saisonhälfte deutlich hinter sich.
Achja ... nochmal zum Thema Geschmackssache. Die Sympathien, die manch F1-Fan für diesen und jenen Fahrer hegt beeinflussen gewiss auch seine Meinung zu diesem oder jenen Piloten.
Ich mag Vettel nicht besonders ... vielleicht sehe ich ihn deswegen zu sehr als Glückspilz (bei seinen WM-Titeln 2010 und 2012) und schätze seine Erfolge zu gering.
Mir gefällt z.B. Hamiltons Art zu fahren. Ich find toll was er auf der Strecke zeigt ... selbst seine Schwächen. Wäre ich ein F1-Fahrer würde ich gerne fahren können wie Hamilton. Selbst sein teilweise harte Verhalten in Zweikämpfen (hat, glaube ich, mal einen Fahrer in Monza ordentlich aufs Gras gedrängt ... war nicht fair ... wär ich wahrscheinlich auch nicht).
Ich denke, es ist schwer eine verlässliche Aussage zu treffen, inwiefern ein Fahrer ein guter "Entwickler" ist oder nicht.
Gewiss, das Team kriegt Rückmeldungen von ihren Fahrern ... sie sprechen mit ihnen, sagen was ihnen mehr oder weniger gefällt ... man ändert dies und jenes und dem Fahrer gefällt es mehr oder weniger. Das ist vielleicht ein bisserl wie "besser/schlechter" beim Augenoptiker.
Ich glaube kaum, dass es einen Fahrer gibt der konkret äußern kann, was man am Auto explizit ändern muss, um es signifikant schneller zu machen.
Natürlich hört man von manchen Fahrern mehr oder weniger, dass sie gute Rückmeldung an die Mechaniker geben.
Aber von außen kann man als Beobachter sich kaum ein konkretes Bild über jene Qualitäten machen bzw. die Fahrer vergleichen.
Wer kann schon konkret einschätzen, wie groß der Einfluss von Sebastian Buemi ist, der in Milton Keyes diverse Runden im RedBull-Simulator dreht, um Neuentwicklungen dort zu testen, bevor sie gefertigt werden?
Liegt es nun an Alonso, dass es bei Ferrari "nur" (!!) zu Vize-Konstrukteurs-Titeln reicht? Oder ist Alonso ein starker Entwickler, der aus einer totalen Gurke (Anfang 2010) ein siegfähiges Auto (Ende 2010) gemacht hat?
Wer weiß das schon genau?
Hätten es andere Fahrer besser oder schlechter gemacht?
War es der Faktor Schumacher, der Ferrari Anfang des Jahrtausends zum dominierenden Team machte? Oder war es der massive Personaleinkauf mit Leuten wie Brawn und Byrne? Wer weiß das schon genau? Wer kann hier eine verlässliche Antwort geben?
Kaum einer, denke ich.
Hamilton kam Anfang dieser Saison zu Mercedes. Jenes Team hat jetzt schon doppelt so viele Punkte wie 2012. Aber wird einer sagen, dass Hamilton den Mercedes in diese Richtung
entwickelt hat? Nein, gewiss nicht.
Eher wird man Vermutungen anstreben, dass dies der Budget-Aufstockung um 25% zu verdanken ist, oder dem Bau eines neuen Windkanals, oder der Verpflichtung von Personal wie Aldo Costa, Bob Bell, Paddy Lowe deren Einfluss beim 2012-Boliden noch nicht gegriffen hat.
Hamilton hat seinen Anteil am Mercedes-Erfolg. Aber er ist kein besserer "Entwickler" als Schumacher, weil Mercedes jetzt mehr Punkte holt als in den Jahren vorher.
So denke ich, für meinen Teil, dass es wenig Sinn macht darüber zu spekulieren, wie groß der Einfluss des Fahrers auf das Potential des Boliden ist. Ich glaube nicht, dass die Fahrer sich da viel schenken.
Es ist zwar nett anzuschauen, wie bei Hollywood und "Rush" ein Niki Lauda zum BRM-Team geht, hier und da was am Boliden ändern lässt und plötzlich fährt Teamkollege Clay Regazzoni 2 Sekunden schneller.
In der Realität ist das aber wohl anders.
Ist damit Alonso gemeint? Naja .. "seit Jahren nichts mehr gewonnen" ist da doch etwas provokant geäußert. Man darf ihm schon anrechnen, dass er bei vier Saisons den WM-Kampf erst im letzten Rennen verloren hat ... da geht einem in der Statistik-Abteilung keiner bei ab ... aber so oft muss man auch erstmal vorne mit fahren.
So betrachtet lässt dies vielleicht auch die Karriere von Alain Prost beeindruckender erscheinen, wenn man bedenkt mit wievielen Weltmeistern er als Teamkollege gefahren ist, wieviele er davon hinter sich gelassen hat, dass er Vizetitel mit Renault und Ferrari geholt hat, die damals nicht dominierten oder so.
Die Zahl der Erfolge macht einen nicht zum besten Fahrer. Aber schnell muss man dennoch sein, um erfolgreich sein.
So ist auch eine Mär, dass jeder halbwegs gute Fahrer so erfolgreich sein könnte wie Vettel, wohl unsinnig.
Frühere Fahrer wie Deletraz und Ide bringen einen RedBull nicht mal in die Punkteränge