Es ist mehr als offensichtlich das für Verstappen andere Regeln gelten und ihm dieses Jahr eigentlich alles durchgelassen wird. Sich über eine dermaßen extreme unterschiedliche Auslegung der Regeln aufzuregen ist vollkommen verständlich.
Beim aktuellen Rennen sehe ich da eigentlich keine Probleme.
Über die gesamte Saison gesehen ... ja da hatte Verstappen vermutlich Glück, wenn hier und da vielleicht Fahrerkommisare vor Ort waren, die mehr durchgehen ließen. Ich hätte vermutlich auch mehr Strafen gegen ihn ausgesprechen.
Man sollte aber bedenken, dass jedes Rennwochenende getrennt betrachtet werden sollte oder betrachtet wird. Es gibt da kein "Der hätte mal eine Strafe verdient, nachdem was er sich dieses Jahr schon alles geleistet hat" oder ähnliches auf RLT-Niveau) ... oder eine Verteilung von Strafen nach Symphathie-Werten. Solche Bewertungen wären nämlich sonst wirklich eine Behandlung nach zweierlei Maß.
Im konkreten Fall kann man also in erster Linie nur dieses Rennen für sich allein betrachten ... je nach dem ob sich Regeln geändert haben (siehe Verstappen-Regel), kann man frühere Rennen als Referenz nehmen.
Punkt 1: Der Start
Hier sollte man beachten, dass die Stewards bei Berührungen bei Rennstarts häufig sehr nachsichtig waren in dieser Saison. Kleinere Berührungen oder ein Abdrängen wurde hier im Verlauf der Saison deutlich weniger geahndet als im weiteren Rennverlauf.
Grobe Fehler wegen viel (!) zu ambitionierter Manöver oder Verbremser (Vettel in Malaysia, Kwjat in Sotschi) werden bestraft ... aber im Allgemeinen halten sich die Stewards hier zurück, was - glaube ich - von den Fahrern auch gut geheißen wird.
Man darf auch bedenken, dass Rosberg durch den Rempler von Verstappen kein Nachteil entstanden ist.
Wäre hier eine Strafe für Verstappen möchte, der hätte Gutierrez umso eher bestrafen müssen ... schließlich hat dieser gleich 2 Rennen beendet (Wehrlein und Ericsson) ... wenngleich nicht absichtlich.
Punkt 2: Leaving The Track
Zwei Strafen gab es dieses Mal ... beide zurecht ... einmal davon Verstappen. Ich sehe hier also nicht das große Problem.
Hier der Querverweis auf den Start, wo Hamilton ebenfalls seinen Vorsprung massiv vergrößert, indem er über den Rasen brettert. Der Schaden für die Konkurrenz hielt sich gewiss in Grenzen, da ja das SafetyCar kam.
Dennoch ... beim Start wird ohnehin selten bestraft, zumal ja Reifen und Bremsen hier nie die ideale Temperatur haben und sich manch Pilot dann schonmal vertut ... diesmal Hamilton.
Punkt 3: Verstappen-Regel
Die Regel gilt seit dem letzten Rennen. Wie oft hat Verstappen sie in dieser Zeit verletzt? Wo er die Kurve anfährt ist ja eher seine Sache, sofern er nicht wild die Fahrbahn kreuzt. Ich kann mich nicht erinnern, dass er in den letzten beiden Rennen auffällig beim Anbremsen die Linie wechselt.
Die Piloten schimpfen auf Verstappen und dass er sich sehr großzügig auslegen lässt, was ein Spurwechsel ist und was ein frühes Einlenken in eine Kurve ist. Sie lassen sich eine neue Regel kreieren und einführen. Ein Fahrer verstößt in Mexiko erkennbar dagegen. Dass Vettel frustriert war, weil Verstappen vorher eine Aktion gebracht hat für die er bestraft wurde, weil Verstappen ihn aufhielt (nicht verboten), weil Verstappen einem dritten Piloten in Schlagdistan brachte (nicht verboten), weil er Verstappen generell nicht mag ... das spielt alles keine Rolle.
Für das Mexiko-Rennen galten für Verstappen und Vettel die gleichen Regeln ... aber ich hab nur einen der beiden dabei zugesehen, wie er deutlich beim Anbremsen in die Linie des angreifenden Piloten zieht.
Vettel und Verstappen sind beides Fahrer die polarisieren. Beide sind talentiert und schnell. Beide können im Zweikampf hart austeilen und haben sich schon manch Kollision geleistet. Vettel redet in Interviews gerne mal frei aus dem Bauch raus und hat eine unterhaltsam zu beobachtende Wahrnehmung was eigenes Verhalten und jenes seiner Konkurrenz bestrifft. Verstappen fährt alles andere als zimperlich, wohl auch in dem Wissen, dass mehrere der erfolgreichsten F1-Piloten hart zu ihren Gegnern waren oder sind. Sein Ehrgeiz ist enorm, eher ruiniert er sich sein Rennen, als dass er mit einem vierten Platz zufrieden wäre (siehe Boxenfunk in Austin).
Man stelle sich vor, Vettel und Verstappen wären da gestern um den Sieg gefahren. Man stelle sich vor, sie hätten um Platz 1 und nicht um Platz 4 der Fahrerwertung gekämpft.
Oh, das wäre eine Stimmung im F1-Zirkus. Da würden die Roten wieder mehr Kappen kaufen. Da wäre er wieder, der Kampf der Tifosi gegen die Brausehersteller-Fans mit Tag-Heuer-Uhr.
RTL würde sich da über hübsch gestiegene Quoten freuen. Die kriegt man nicht mit Schwiegermutter-gesucht-Rosberg ... egal, wie erfolgreich der fahren würde.