Doch, es ist Fakt, dass Ferrari und McLaren dieses Jahr das bessere Auto hatten.
Und gesunder Menschenverstand bringt einen auch dazu, Verstappen über die genannten Fahrer zu stellen. Ich verstehe diese Verklemmtheit hier nicht.
Die Verklemmtheit liegt bei deiner Seite. Du kommst mir Schwarz-Weiß-Malerei.
Verstappen würde Sainz in Grund und Boden fahren meinst du und bringst als Argument, dass er diesen als 17-jähriger geschlagen hat.
Das ist zu knapp gedacht. Das verkennt dass Verstappen den Großteil seiner Punkte aus zwei Rennen hatte, bei denen er Vierter war und die beiden die übrige Zeit der 2015 nahe beieinander waren.
Das verkennt, dass Sainz das Quali-Duell gewonnen hatte.
Das verkennt, dass Sainz und Verstappen beide F1-Rookies waren und beide 2005 mit dem Motorsport angefangen haben.
Klar haben sich beide seitdem entwickelt und sind reifer geworden. Aber das gibt einem keine Garantien auf Leistungen 10 Jahre später.
Sonst könnte man auch anführen, dass damals - 2015 - Daniil Kwjat besser war als Daniel Ricciardo, welcher 2014, 2016 und 2017 jeweils mehr Punkte holte als seine Teamkollegen, die zusammen 8 Weltmeistertitel gewonnen haben.
Trotzdem sah Kwjat gegen Sainz und Gasly schlecht aus.
Trotzdem sah Sainz im Renault neben Hülkenberg deutlich schlechter aus als Ricciardo. Trotzdem sah Sainz im McLaren neben Norris deutlich besser aus als Ricciardo.
Natürlich kann Verstappen behaupten, dass er im McLaren oder im Ferrari ebenfalls den Titel gewonnen hätte. Eine Garantie dazu gibt es aber nicht.
Selbst wenn er besser wäre als Norris/Piastri/Leclerc/Sainz, so wäre die Wahrscheinlichkeit doch recht hoch, dass er häufiger mal hinter seinem Teamkollegen landet, als es dieses Jahr mit Perez passiert ist. Denn der - das darf man so ruhig sagen - fährt wirklich keine gute Saison. Er ist weit hinter seinen Leistungen von 2021, 2022 und Anfang 2023. Die einzigen Rennwochenenden - in dem er dieses Jahr Verstappen das Wasser reichen konnte, waren Suzuka und Baku. Abgesehen davon war er auf eine Runde gut eine halbe Sekunde langsamer. Zu Beginn der Saison hat das noch für Podien gereicht, als der Red Bull ähnlich überlegen war wie 2023. Später jedoch nicht mehr.
Zu deiner Schwarz-Weiß-Malerei gehört auch, dass du schreibst, Verstappen sei im dritt-schnellsten Boliden Weltmeister geworden.
Das verkennt, dass McLaren u.A. in Bahrain, Jeddah, Australien, Shanghai, Miami den dritt- oder gar viertschnellsten Boliden hatte.
Das verkennt, dass Ferrari u.A. in Imola, Kanada, Barcelona, Österreich, Silverstone, Ungarn den dritt- oder gar viertschnellsten Boliden hatte (in Montreal nicht mal das).
Nach Miami und vor Monza waren mal McLaren (z.B. Ungarn, Zandvoort) oder Ferrari (z.B. Monaco) schneller als Red Bull. Aber nicht beide. Den Großteil der Saison hatte Verstappen entweder den schnellsten Boliden, oder den zweitschnellsten. Auch in Silverstone und Spa, wo Mercedes gewonnen hat.
Verstappens großer Punktevorsprung kommt mitnichten nur davon, dass Red Bull zu Beginn der Saison dominierte, sondern auch, dass damals McLaren nur dritte oder vierte Kraft war und wenig punktete.
Ähnlich, wie dass Ferrari zur Saisonmitte oft nur dritter oder vierter Stelle lag.
Verstappen hat vor allem über weite Strecken konstant gepunktet und dabei auch wenig Fehler eingebaut. Und er musste sich nie Gedanken machen, dass Perez ihm Punkte "klaut".
Man könnte fast sagen, McLaren und Ferrari nahmen sich gegenseitig Punkte weg, während Verstappen sich erst bei den jüngeren Rennen grämen musste, nur mehr den drittschnellsten Boliden zu haben. Oft hat er aber gegenüber seinen Konkurrenten weniger Punkte eingebüßt, weil für sie in manchen Phasen nur 7te und 8te Plätze drin waren (so wie jüngst für McLaren in Las Vegas), oder weil sie ebenfalls langsamer waren als bei den kurzen Mercedes-Hochs.
Das ist keine Saison wie 1995 oder 1997 oder 2017 oder so, wo es zwei starke Teams gab, die was unter sich ausgemacht haben.
Nein, es ist die erste Saison, bei der 4 Teams über 400 Punkte geholt haben.
Wenn dann ein Team zu Beginn einen dominierenden Boliden hat (mit dem ein Fahrer aufs Podium fährt, obgleich sein Teamkollege eine halbe Sekunde schneller ist), zur Mitte der Saison oftmals den schnellsten oder zweitschnellsten Boliden hat, aber - im Gegensatz zu McLaren oder Ferrari - nie sagen musste "Hey, heuer hatten wir nur den viertbesten Boliden ... wenn überhaupt", dann sehe ich es keineswegs wie du als "Fakt", dass McLaren und Ferrari dieses Jahr über die ganze Saison den besseren Boliden hatten und demzufolge Verstappen - weil er ein besserer Fahrer als deren Piloten sei - genauso faktisch in orange oder rot Weltmeister geworden wäre.
Genauso schlecht ließe sich behaupten, dass Mercedes mit Verstappen deutlich mehr Punkte hätte als mit Hamilton oder Russell. die hatten schließlich einen Boliden der ab und an froh sein durfte, wenn er vor Aston Marting und Haas fuhr.
Aber wenn man das Setup gut hinkriegte und es vielleicht auch noch kalt war, dann war man vorne unterwegs.