FC läuft zu alter Form auf
Die Jahreshauptversammlung entwickelt sich traditionell turbulent: Hochemotionale Vorwürfe, dramatische Gegenreden und donnernder Beifall.
Köln - Schlag 19 Uhr ertönte am Montagabend aus den Lautsprechern in der Halle 8 der Coelnmesse ein Lied: „Ihrefeld, Raderthal, Nippes, Poll, Esch, Pesch und Kalk, üvverall jitt es Fans vum FC Kölle . . .“ Es war das Signal für 2152 zur Hauptversammlung erschienene Vereinsmitglieder, sich in Emotionen zu stürzen. Sie sangen, klatschten, schunkelten, und nach der Schlusszeile des Klubliedes, die glaubhaft versichert, dass alle, wenn es sein muss, für ihren FC durchs Feuer gehen, hob ohrenbetäubender Applaus an. Viel später bestätigten sie Präsident Wolfgang Overath und seine Stellvertreter Jürgen Glowacz und Friedrich Neukirch mit nur 15 Gegenstimmen und rund einem Dutzend Enthaltungen in ihren Ämtern. Was sich dazwischen abspielte, entsprach exakt der turbulenten Tradition dieser Veranstaltung.
Es begann mit Overaths aktueller sportlicher Bilanz, die wie bekannt drei Schwerpunkte hat. Erstens: „Nach dem Aufstieg zählt für uns diese Saison nur, die Klasse zu halten.“ Zweitens: „Wir glauben, dass uns das mit Trainer Uwe Rapolder und diesem Kader gelingen wird.“ Drittens: „Lukas Podolski ist das größte Talent der letzten Jahre im deutschen Fußball. Er ist 20 und noch weit davon entfernt, ein Weltklassespieler zu sein. Sein Vertrag läuft bis 2007. Wir werden alles daran setzen, dass er ihn verlängert.“
2152 Mitglieder, so viel noch nie bei dieser Veranstaltung, fanden das gut. Aber es gab auch viele Wortmeldungen von Menschen, die mit der sportlichen Situation des 1. FC Köln in der Ersten Bundesliga sehr unzufrieden sind. Als Andreas Rettig dazu etwas sagen wollte, wurde er ausgebuht. Das traf den für das Sportliche zuständigen Gesellschafter der 1. FC Köln KGaA derart, dass er sehr heftig wurde. „Ich mache bestimmt nicht alles richtig und bin auch bereit, Verantwortung zu übernehmen“, rief er in den Raum, „aber ich bin nicht bereit, hier für jeden ****** als Buhmann hingestellt zu werden.“
Auf dem Podium saß neben Vorstand und Verwaltungsrat der von den Mitgliedern sehr freundlich begrüßte Trainer Uwe Rapolder und machte ein Gesicht, als sei das alles sehr neu für ihn. Die Mischung aus hochemotionalen Vorwürfen, dramatischen Gegenreden und donnerndem Beifall ging an keinem im Saal spurlos vorbei. Andreas Rettig war bei der Frage nach Konsequenzen sehr offen: „Ich habe bewusst einen Einjahres-Vertrag unterschrieben, und es ist völlig klar, dass der Manager hier nicht mehr Rettig heißt, wenn es schief geht.“
Irgendwann ergriff der hauptamtliche Trainer das Wort und legte ein flammendes Bekenntnis zu Stadt und Verein ab. „Für mich bedeutet die Arbeit in Köln mit jedem Tag eine größere Herausforderung. Ich bin bewegt von dieser Veranstaltung hier, so etwas ist mir bisher versagt geblieben“, sagte Rapolder, „ich bin nicht hierher gekommen, um nach vier Jahren zu scheitern, glauben Sie mir das. Wir arbeiten sehr hart und brauchen jetzt Geduld und Geschlossenheit. Dann bin ich überzeugt davon, dass wir den Klassenerhalt schaffen.“
Als der Diskussionshunger der Menge gestillt war, entstand bei allen Entlastungen und Wahlen hochgradige Übereinstimmung. Um zehn vor neun stand fest, dass der Verein auch in den nächsten vier Jahren von Wolfgang Overath und seinem Team geführt wird. Die Frage »Wohin?« muss allerdings erst noch beantwortet werden.