Meine Gedanken zur heutigen Etappe:
Man erlebt heute das genaue Gegenteil zur Schlusssteigung gestern. Kurz und knackig, besonders die ersten 2km mit 9,2% heftig. Danach pendelt es sich bei ca. 7% ein, bevor kurz vor Schluss nochmal ein Kilometer mit fast 9% kommt. War das gestern also eher ein Berg für Rolleure, dürfte heute ein anderer Typ an Bergfahrer gefragt sein.
Doch vor der Schlusssteigung erwarten uns drei klassifizierte Anstiege. Nach 85km der härteste Brocken mit dem Valico di Valcava (11,6km bei 8,1%). Und dabei ist besonders der zweite Abschnitt sehr heftig mit über 10% und Rampen von 17%. Stellt man das Ding ans Ende einer Etappe explodiert alles. Heute dürfte er der erste Scharfrichter sein und eine ideale Position zum Ausreißen. Zwar nicht für die Klassementfahrer, aber bergfeste Fahrer (z.B. Sella, Serpa), die inzwischen schon weit zurückliegenkönnen, können hier was probieren. Danach geht es sowieso nur noch hoch und runter. Vor dem Schlussanstieg wartet mit dem San Pietro noch ein Berg der zweiten Kategorie. Die ersten vier Kilometer anspruchsvoll mit gut 9%, danach eine kurze Abfahrt, kurzes Steilstück mit über 8% und die letzten 4km mit 4%. Da passiert nix. Am Ende eben der Anstieg nach Piani dei Resinelli. Erinnert mich ein wenig an Ax-les-Thermes, ähnliche Höhenlage und vom Anstieg her fast identisch. Da ist ja auch immer was passiert, von daher erwarte ich heute natürlich Abstände. Außerdem ist morgen Ruhetag, d.h. die Fahrer können heute nochmal alles rausholen.
Was erwarte ich von den Favoriten?
Hesjedal nun wieder verdientermaßen in Rosa, wobei der Anstieg gestern ihm entgegengekommen ist. Er scheint wieder die Form der Tour 2010 zu haben, wo er auch im Hochgebirge sehr stark gefahren ist. Das Ding heute dürfte ihm nicht so liegen. Zum Vergleich mal ein Blick ins Jahr 2010 - hier ging es nämlich bei der Tour hinauf nach Ax und da kassierte er gut eine Minute auf Rodriguez. Den habe ich heute wieder ausgeguckt, denn neben der Etappe nach Pampeago sollte diese ihm am besten liegen. Daher auch mein Favorit auf den Sieg. Gestern bereits mit einem kurzen Ausrufezeichen, als er Hesjedal nachsetzte und alle anderen kurz abhing, dann aber merkte, dass er dem Tempo des Garmin-Mannes nicht gewachsen ist. In den steilen Abschnitten aber für mich aktuell der stärkste.
Scarponi wirkt weiterhin sehr souverän ohne Schwächephase, dazu hat sich gestern endgültig geklärt, dass er der Kapitän ist und Cunego sein Helfer. Auch heute ein Favorit auf den Sieg. Dagegen sehe ich Basso heute nicht ganz vorne ankommen. Drei Gründe hierzu: 1. Bassos Form ist weiterhin rätselhaft. Gestern fuhr er recht souverän mit den anderen Favoriten ins Ziel und sah dabei besser aus als z.B. Schleck oder Kreuziger. Aber vom Gesichtsausdruck hat man ihn auch schon entspannter gesehen. 2. Der Anstieg gestern war ein Basso-Berg. Gleichmäßig und nix richtig steiles. Da konnte er eine Mühle hochtreten und auch mal eine Tempoverschärfung mitgehen. War ja bei Ullrich früher dasselbe. Der Anstieg heute hat da ganz andere Parameter. 3. Sein Team wirkt nicht so stark wie gedacht. Man hat gestern lange Tempo gemacht, aber als es schnell wurde, sind die gefallen wie Moorhühner. Besonders Szmyd war überraschend. Der hat zwar kurz ein richtig hohes Tempo angeschlagen, war dann aber 5km vorm Ziel schon weg und Basso stand alleine da. Die Truppe aus Capecchi, Caruso und Szmyd ist gut, aber ich glaube, dass Basso ein stärkeres Team braucht, wenn er den Giro gewinnen will.
Desweiteren dürfte die Etappe heute den Bergziegen Gadret, Pozzovivo, Montoya, Tiralongo und Uran entgegenkommen. Kreuziger und Schleck müssen heute aufpassen, dass sie nicht zuviel verlieren und hoffen, dass sie in der nächsten Woche noch eine Schippe drauflegen können. Ansonsten ist das Podium für sie weit weg.