Klinsmann wollte halt den Club komplett auf links drehen und ist bei Preetz und Gegenbauer auf Granit gestoßen. Er dachte, dass er mit Windhorst im Rücken selbst als schillernde Figur auftreten könne und seine Vorstellungen auf allen Ebenen durchsetzen könne. Ich gehe stark davon aus, dass Windhorst ihm dafür auch Rückendeckung gegeben hat, allerdings ging es Klinsmann nicht schnell und weitreichend genug. Die Grenzen waren dann für ihn inakzeptabel. Mittlerweile hat man da ein recht deutliches Bild der Abläufe und der Punkte an denen es letztendlich scheiterte.
Klinsmann ist in Berlin Geschichte. Er war naiv, egozentrisch und völlig überambitioniert.
Davon abgesehen muss man jetzt sehen, wie es mit der Hertha weiter geht. Gegenbauer wird wohl wiedergewählt werden und damit sitzt auch Preetz mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter fest im Sattel. Die Frage ist, wie das Windhorst in den Kram passt. Zu Windhorst selbst ist eigentlich alles gesagt. Es ist schon bezeichnend, wie sehr er im Vordergrund auftritt, direkten Kontakt zur Mannschaft hat, auf der PK auftritt und sich ganz offen über seine Finanzierung und Gewinnerwartungen auslässt.
Ja, auch bei Hertha gilt noch 50+1, allerdings hat Windhorst nun 49,9% der Anteile Hertha BSC GmbH & Co. KGaA. Faktisch ist sein Einfluss sehr hoch, was sich in seinem Auftreten und seinem Einfluss im Aufsichtsrat der KGaA zeigt.
Überlegt man, was von den 225 Millionen, die Windhorst für seine Anteile zahlte, in Schuldentilgung fließt, was schon für Spieler ausgegeben wurde und, dass der Verein vorher schon regelmäßig höhere Ausgaben als Einnahmen hatte, dann zeigt sich, dass ohne weitere Investitionen keine besonders großen Sprünge mehr gemacht werden können. Sollte weiterhin immer mehr Geld in den Fussball kommen, dann werden auch die Anteile mehr wert sein. Das abzusehen ist schwierig. Als KKR Anteile kaufte, wurde der Wert des Clubs auf 220 Millionen taxiert, beim Anteilskauf von Windhorst bereits auf 330 Millionen.
Wo aber soll weiteres Geld herkommen, wenn man keine weiteren Anteile verkaufen kann? Es kann nur die regelmäßige Teilnahme am europäischen Geschäft sein, um genauer zu sein, die Champions League. Die Europa League wirft zu wenig ab, die EL2 zukünftig umso weniger.
Aber kann die Hertha in den nächsten Jahren ein Kandidat für einen regelmäßigen CL-Platz sein? Ich denke nicht.
Bayern, Dortmund und Leipzig sind eh außer Reichweite. Man schlägt sich also um den letzten verbliebenen Platz mit Mannschaften wie Leverkusen, Gladbach, aber auch mit Schalke, Wolfsburg und allen, die da mal reinrutschen können (Frankfurt, Hoffenheim aktuell).
Ich sehe Hertha da nicht in der besten Ausgangsposition.
Als weitere Einnahmequellen verbleiben dann nur Optionen über Fremdkapital.
Natürlich kann die Hertha auch ohne CL weiter existieren, aber man hat nun einen Investor im Boot, der viel mitbestimmt. Die Anteile zurückzukaufen ist utopisch, es würde den Club auf Jahre massiv finanziell einschränken. Man hat also keine Kontrolle darüber, wer mal in den Besitz der Anteile kommt.
Zudem ist der Stadionbau weiterhin völlig unklar. Falls man da, hoffentlich zeitnah eine Lösung findet, muss dieser auch erst mal finanziert werden. Das ist sicher zu stemmen mit den zu erwartenden Einnahmen, ein sportlicher Abstieg wäre dann aber umso gefährlicher.
Um den Kreis zu schließen: Klinsmann hätte sehr viel umgekrempelt und einiges modernisiert. Ob das nachhaltige Fortschritte bedeutet hätte, ist unklar. Er war aber Windhorsts erster Versuch, weitere werden folgen. Wie es mit der Hertha weitergeht ist unklar, wer die Anteile halten und Einfluss nehmen wird, liegt nicht mehr wirklich in der Hand des Vereins. Auf Dauer kann man es sich nicht leisten mehr auszugeben, als einzunehmen. Ein sportlicher Abstieg bedeutet auch große Gefahr auf der finanziellen Seite. Die Möglichkeiten auf einen solchen zu reagieren sind begrenzt.
Für die Hertha-Fans tut mir die Entwicklung seit dem Abgang Dardais leid, sowohl die sportliche, als auch die strukturelle.