Ballbesitz-Werte sind explodiert
Bereits die ersten Ligaspiele haben klargestellt: Fiél hat eine überaus ambitionierte Spielphilosophie, die ein Höchstmaß an Konzentration, Mut und Lauffreude von ihren Spielern abverlangt. Immer die spielerische Lösungen finden, immer aktiv sein, immer mutig in den Druck hineinspielen, viele Positionsrochaden und ein aggressives Gegenpressing – der Deutsch-Spanier stellt nahezu alles auf den Kopf, was die Spieler zuvor von Vorgänger Dardai gelernt hatten.
Dass die Mannschaft jedoch erste Erfolge erzielt und die Handschrift des Trainer umsetzt, zeigt sich vor allem darin, dass die Ballbesitzwerte der Blau-Weißen regelrecht explodiert sind. In der zurückliegenden Saison gehörte Hertha statistisch in nahezu allen Werten mit Ball zum schlechtesten Drittel der 2. Bundesliga, in einzelnen Aspekten belegten die Berliner sogar Rang 16 oder 17. Unter Fiél hat sich das Bild komplett gedreht. Mit vier Prozent Abstand hat Hertha nach vier Spielen den meisten Ballbesitz in der Liga – 59 Prozent. Ganz nach Fiéls Geschmack.
Ballbesitz als Selbstzweck ist selbstredend nicht zielführend. So könnten sich die beiden Innenverteidiger ja auch stundenlang die Kugel zuschieben, ohne dass etwas dabei entsteht. So stellte es sich oft in der letzten Saison, in der Hertha viel "tiefen" Ballbesitz hatte, dar. Doch unter Fiél verbucht Hertha den zweithöchsten Ballbesitz im mittleren und vordersten Bereich des Felds, zudem die zweitmeisten Ballkontakte im gegnerischen Strafraum. Herthas Spiel ist also klar nach vorne ausgerichtet.
Hinzu kommt die bislang beste Passquote aller Zweitligisten (87,5 Prozent), die ein Nachweis für kontrollierten Ballbesitz ist. Allerdings passieren Hertha noch zu viele Leichtsinnsfehler im Spielaufbau. So kassierten die Berliner in Kaiserslautern zwei absolut vermeidbare Gegentore - auch im Pokal gegen Hansa Rostock lud man den Gegner durch einen individuellen Patzer zum Toreschießen ein.
Spielaufbau im Vergleich zur Vorbereitung angepasst
Jene Werte sind auch deshalb beeindruckend, weil Fiél im Spielbetrieb Anpassungen vornehmen musste. In der Vorbereitung baute Hertha noch dogmatisch in einem 3-2-System auf. Bedeutet: Im Spielaufbau rückt ein Außenverteidiger neben die beiden Innenverteidiger, während der andere Außenverteidiger neben den defensiven Mittelfeldspieler nach innen zieht. So sollen sich variable Spieleröffnungen durch das nummerisch überlegene Zentrum ergeben, von wo aus schnell auf den offensiven Außenbahnen gespielt werden soll.
Doch Fiél musste nach den ersten Pflichtspieleindrücken erkennen, dass jeder Spielaufbau noch zu anspruchsvoll für seine Mannschaft ist. Deshalb wich er davon ab und stellte um. Mittlerweile baut Hertha öfter mit der Unterstützung mehrerer zentraler Mittelfeldspieler auf, damit die Außenverteidiger ihre gewohnteren Rollen in der Spielbereite ausfüllen können. Es ist nicht der ursprüngliche Plan Fiéls, passt derzeit aber besser zum vorhandenen Personal und zeigt, dass sich der Trainer anpassen kann.